Der Vater des Erfolgs: Schalke-Trainer Felix Magath feiert mit den Fans den Derbysieg in Dortmund
Der Vater des Erfolgs: Schalke-Trainer Felix Magath feiert mit den Fans den Derbysieg in Dortmund

Jugendstil à la Gelsenkirchen

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Gelsenkirchener Barock war gestern, Schalker Jugendstil ist heute. Mit Felix Magath hat eine erstaunliche Verjüngung beim FC Schalke 04 Einzug gehalten. Lohn ist der Derbysieg - und Platz 4 in der Tabelle.

Der Trainer hat gut lachen in diesen Tagen. Im DFB-Pokal souverän weiter, das prestigeträchtige Derby beim BVB gewonnen (1:0), schon vier Saisonsiege in der Liga - und immer wieder erntet Felix Magath anerkennendes Schulterklopfen für seine junge Elf.

Jüngstes Team seit 30 Jahren

Dass Manuel Neuer in dieser Mannschaft mit seinen 23 Jahren schon zu den älteren Spielern zählt, spricht für sich. Mit Carlos Zambrano (20 Jahre) und Benedikt Höwedes (21) in der Abwehr, Christoph Moritz (19), Lukas Schmitz (20) und Levan Kenia (18) im MiIttelfeld sowie später auch Vasileios Pliatsikas (21) trugen in Dortmund gleich sechs Profis das "königsblaue" Trikot, die nicht älter als 21 Jahre sind.

Es war das jüngste Schalker Team seit 30 Jahren. Magath selbst nimmt das mit einem zufriedenen Schmunzeln zur Kenntnis und kokettiert mit der von ihm initiierten Verjüngung im Schnelldurchgang: "Jetzt gehen mir die jungen Spieler aber langsam aus."

"Jede Menge Leidenschaft"

Da trifft es sich gut, dass der Coach offenbar langsam so etwas wie eine Stammelf gefunden hat. Am Dienstag im DFB-Pokal in Bochum und am Samstag in Dortmund schickte Magath jeweils die gleiche Startelf aufs Feld - das hatte es zuvor in dieser Saison noch nie gegeben.

Damit liefert Magath einen Beleg, wie zufrieden er inzwischen schon mit seinen Youngstern ist. Vor allem Kampf und Einsatz lobte er nach dem Derbysieg. "Da war jede Menge Leidenschaft zu sehen."

Genau das ist es auch, was die Fans sehen wollen. Und darum kann Magath mit seiner Taktik des Jugendstils auch noch auf anderer Ebene punkten. Die Anhänger identifizieren sich wieder mit der Schalker Mannschaft und stehen fast bedingungslos hinter dem Team - "genau das, was wir brauchen", freut sich der Trainer.

Meisterschaft noch kein Thema

Die bisherigen Saisonerfolge tragen dazu bei, das Selbstvertrauen der jungen Garde im Eiltempo zu steigern. "Natürlich helfen uns die Siege", bekennt Lukas Schmitz, "sie geben uns einfach mehr Sicherheit für unser Spiel und unser Auftreten."

Eine Entwicklung, die auch Felix Magath vorsichtig von der Rückkehr der Schalker in den europäischen Fußball sprechen lässt: "Hier geht's in dieser Saison noch nicht um die Meisterschaft, aber vielleicht um einen Platz in der Europa League."

Dass dabei spielerisch noch nicht alles im grünen Bereich ist, verschweigt Magath zwar nicht, lässt aber zurzeit Milde walten.

"Auf talentierte Spieler setzen"

So wie nach dem Derbysieg beim BVB, als seine Mannschaft aus zunehmenden Konterchancen kein Kapital schlagen konnte. "Hoffentlich machen wir da später mal mehr daraus", stellte er lediglich fest.

Dafür lobte der 56-Jährige diesmal ausdrücklich die Defensivarbeit, die er noch eine Woche zuvor bei der Niederlage gegen Wolfsburg kritisiert hatte.

Geboren wurde die Verjüngung im Schalker Team zwar aus der finanziellen Not heraus, was auch der Trainer und Manager in Personalunion gar nicht in Abrede stellt. "Hier kann ich nicht Spieler für bestimmte Positionen suchen und einen großen Umbruch einleiten. Hier gilt es, den Gürtel etwas enger zu schnallen, auf die talentierten Spieler zu setzen und daraus eine Einheit zu formen."

Die Mischung macht's

Aber neu ist der Jugendstil für den Meistermacher keinesfalls. In seiner Zeit als Chefcoach beim VfB Stuttgart zwischen 2001 und 2004 machte Magath junge Spieler wie Hleb, Hildebrand, Lahm, Hinkel oder auch Kuranyi zu Leistungsträgern. Dem stellte er allerdings auch erfahrene Recken wie Soldo, Balakov und Heldt gegenüber.

Ein Modell, das nun auch auf Schalke seine Anwendung findet. Neben den Youngstern, zu denen auch Ivan Rakitic (21), Lewis Holtby (19) und Jan Moravek (19) zählen, verlässt sich Magath auf gestandene Profis bzw. Nationalspieler wie Marcelo Bordon, Heiko Westermann, Rafinha und Jefferson Farfan. Eigens verpflichtet wurde zu Saisonbeginn der 34-jährige Mineiro als Stabilisator für das defensive Mittelfeld. Zurzeit aber ist Mineiro verletzt, ebenso wie Jermaine Jones. Und Magath setzt jetzt ganz auf die Jugend.

Mit dem VfB Stuttgart übrigens erntete der Trainer vor Jahren schon viel Lob für seinen erfrischend-jungen Fußballstil, konnte aber keinen Titel holen.

Das will er diesmal auf Schalke dann doch anders machen. Aber: Alles zu seiner Zeit.

Dietmar Nolte