Jonas Hofmann hat sich zum Chef im Gladbacher Mittelfeld gemausert - © © gettyimages / Sebastian Widmann
Jonas Hofmann hat sich zum Chef im Gladbacher Mittelfeld gemausert - © © gettyimages / Sebastian Widmann

Jonas Hofmann von Borussia Mönchengladbach: "Wir sind eine coole Truppe"

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Mönchengladbach - Borussia Mönchengladbach ist so überzeugend in die Saison gestartet wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Großen Anteil daran hat gerade auch Jonas Hofmann, der auf neuer Position – nicht mehr auf dem Flügel, sondern zentral im Mittelfeld – seine Bestimmung gefunden zu haben scheint. Im Exklusiv-Interview mit bundesliga.de spricht Hofmann über seine neue Rolle, seinen neuen Teamkollegen, den französischen Ausnahmestürmer Alassane Plea, und über neue Hoffnung auf eine Berufung in die Nationalmannschaft.

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bundesliga.de: Herr Hofmann, nach elf Spieltagen steht die Borussia auf Platz zwei, Sie haben bereits fünf Treffer und damit nur einen weniger als in den sechs Jahren zuvor erzielt. Von einem solchen Szenario haben Sie vor dieser Saison aber wohl nicht einmal geträumt?

Jonas Hofmann: Natürlich nimmt man sich vor jeder neuen Saison etwas vor, hat kleine persönliche Ziele, um sich weiterzuentwickeln. Dass es aber nach elf Spieltagen bereits fünf Treffer sind, das hätte ich in der Tat nicht erwartet. Vielleicht muss man das Glück manchmal auch ein wenig erzwingen, so wie zum Saisonauftakt gegen Leverkusen (2:0; d. Red). Ein wenig Druck war schon da bei meinem Elfmeter, weil wir zuvor bereits einen Strafstoß verschossen hatten. Trotzdem muss man sich dann einfach mal den Ball schnappen und so das Glück in die eigenen Hände nehmen. Und wenn es dann erst einmal gut läuft für die Mannschaft, profitiert auch jeder Einzelne.

bundesliga.de: Immer wieder wird der vor der Saison vollzogene Systemwechsel als Grund für die starken Leistungen genannt. Aber ist es wirklich so einfach?

Hofmann: Ich denke schon, dass dieser Wechsel eine große Rolle spielt. Ein wenig überraschend mag es aber sein, dass alles eigentlich vom ersten Tag an funktioniert hat. Nicht selten benötigen solche Umstellungen eine gewisse Zeit, bis sie fruchten. Aber offensichtlich haben wir exakt die Spieler, die zum neuen 4-3-3-System passen und es perfekt umsetzen können. Abgesehen davon sind wir auch eine wirklich coole Truppe mit einem sehr guten Mannschaftsklima und einer tollen Stimmung. Und nicht zuletzt hilft uns auch, dass wir bisher kaum verletzte Spieler haben.

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bundesliga.de: Im Gegensatz zur Vorsaison, als zeitweilig zwölf Verletzte zu beklagen waren.

Hofmann: Genau. Damals konnte die Wand, an der die Namen der Ausfälle hängen, kaum groß genug sein. Jetzt aber stehen dort nur noch sehr wenige Namen. Und das tut uns nicht nur im Spiel gut, sondern gerade auch im Training, weil das Niveau konstant hoch ist.

Fünf Tore hat Jonas Hofmann in dieser Saison bereits erzielt - © DFL DEUTSCHE FUSSBALL LIGA / Simon Hofmann

"Alassane Plea weiß genau, wo das Tor steht. Einen so eiskalten Stürmer zu haben, das ist Gold wert"

bundesliga.de: Für sehr hohes Niveau steht auch Alassane Plea. Wie sehen Sie den Franzosen?

Hofmann: Alassane ist ein wohltuend ruhiger Typ, der sich sehr demütig zeigt. Auf dem Platz aber ist er einer, der genau weiß, wo das Tor steht. Einen so eiskalten Stürmer zu haben, das ist Gold wert. Wenn ich etwa an seinen Treffer in München denke oder an den gegen Eintracht Frankfurt, als er den Ball aus sehr spitzem Winkel oben ins kurze Eck zimmert – das ist absolute Extraklasse.

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bundesliga.de: Die verkörpern Sie in dieser Saison auch, während Sie in den zweieinhalb Jahren zuvor immer irgendwie dabei, aber nie mittendrin waren – so zumindest die Meinung manches Kritikers. Haben Sie das ähnlich empfunden, oder hat man Ihnen damals Unrecht getan?

Hofmann: Ich denke auch, dass die Stimmung in der Öffentlichkeit in Bezug auf mich so war, wie Sie das beschreiben. Ob zu Recht, darüber könnte man sicher diskutieren. Denn auch während dieser Zeit habe ich ein, zweimal kurz davor gestanden mir einen Stammplatz zu erkämpfen, bin dann aber durch Verletzungen immer wieder zurückgeworfen worden. Dann musst du dich erst wieder mühsam zurückkämpfen, um schließlich dennoch akzeptieren zu müssen, dass andere da sind, die ihre Leistungen bringen. Und warum sollte der Trainer dann etwas ändern?! Diese Zeit war wirklich wie eine Achterbahnfahrt für mich. Umso glücklicher bin ich, wie es jetzt läuft.

bundesliga.de: Sind Sie erst jetzt richtig angekommen bei Borussia?

Hofmann: Ich weiß nicht, ob man das so ausdrücken kann. Ich entsinne mich, dass ich schon nach ein paar Wochen bei Borussia gesagt habe, wie wohl ich mich hier fühle. Natürlich sind der Wohlfühlfaktor und das, was auf dem Platz geschieht, nicht zwingend gleichzusetzen. Aber manchmal brauchen die Dinge eben ihre Zeit. Granit Xhaka, der heute für den FC Arsenal spielt, hat auch einigen Anlauf benötigt, um bei Borussia seine beste Leistung abrufen zu können. Im Endeffekt zählt das Hier und Jetzt, und da bin ich sehr glücklich.

Sechskampf an der Spitze

bundesliga.de: Stichwort "Hier und jetzt": Sie und Ihre Kollegen sprechen gerne davon, nur von Spiel zu Spiel zu denken. Das klingt wie eine Floskel, aber es scheint doch tatsächlich etwas dran zu sein ...

Hofmann: Stimmt schon, das hört sich oft nach Floskel an. Aber was soll man zum Beispiel nach einer 0:5-Niederlage im Pokal gegen Leverkusen sagen?! Dann zählt doch tatsächlich erst einmal nur das nächste Spiel, also das gegen Fortuna Düsseldorf (3:0; d. Red). Denn in diesem Match entscheidet sich, ob du jetzt ganz den Faden verlierst und in einen Negativtrend rutschst, oder ob es dir gelingt, den Hebel sofort wieder umzulegen. Wir fahren jedenfalls ganz gut damit, nicht von irgendwelchen großen Zielen zu erzählen, sondern uns ausschließlich hundertprozentig auf die jeweils nächste Aufgabe zu fokussieren.

"Man sieht, wie ausgeglichen und eng die Bundesliga ist. Vielleicht gibt es diesmal einen Kampf von drei, vier, vielleicht sogar fünf Teams um den Titel"

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bundesliga.de: Was gibt Ihnen die Hoffnung, dass Borussias Entwicklung der vergangenen Monate nachhaltig ist?

Hofmann: Ich glaube, dass man insbesondere an unserer Reaktion auf die Niederlage gegen Leverkusen gesehen hat, dass wir uns als Mannschaft deutlich weiterentwickelt haben im Vergleich zu den Jahren davor. Das Spiel gegen Düsseldorf hat gezeigt, dass wir heute die Klasse und die Qualität haben, nach einem Rückschlag nicht in eine Depression zu verfallen, sondern eine Reaktion zu zeigen und dann abzuliefern, wenn auch abgeliefert werden muss. Lediglich im Spiel gegen Leverkusen und vielleicht in der zweiten Halbzeit gegen den Sport-Club Freiburg ist uns das nicht gelungen.

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bundesliga.de: Ganz ersparen kann ich es Ihnen nicht: Wie kann so etwas wie gegen Leverkusen eigentlich passieren?

Hofmann: Gute Frage. Nächste Frage! (lacht) Natürlich spricht man in der Nachbereitung die Fehler an, die gemacht worden sind. Aber ganz ehrlich, wirklich erklären lässt sich so etwas nicht. Aber von 13 Pflichtspielen, die wir bisher absolviert haben, kann immer auch mal eins dabei sein, in dem einfach gar nichts klappt.

bundesliga.de: Ist Fußball bisweilen wirklich so schwer zu erklären?

Hofmann: Ich glaube schon. Leverkusen gewinnt 6:2 in Bremen und 5:0 bei uns. Und dann verlieren sie zuhause 1:4 gegen Hoffenheim. Wie soll man das logisch erklären?! Aber ich finde das gar nicht schlecht. Im Gegenteil: Daran sieht man wie ausgeglichen und eng die Bundesliga ist und wie spannend sie gerade in dieser Saison hoffentlich bis zum Ende bleiben wird. Vielleicht gibt es diesmal einen Kampf von drei, vier, vielleicht sogar fünf Teams um den Titel. Das wäre doch etwas, das wir uns alle wünschen.

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bundesliga.de: Der FC Bayern scheint angeschlagen. Welchen Eindruck hatten Sie beim 3:0-Sieg in München, haben Sie im Laufe der Partie gespürt, dass der Gegner möglicherweise größere Probleme hat?

Hofmann: Ja. Ich hatte im Verlauf der 90 Minuten das Gefühl, dass die Münchner zu packen sind, wenigstens an diesem Abend und in diesem einen Spiel. Trotzdem wird der FC Bayern auf lange Sicht gesehen immer der FC Bayern bleiben. Und ich bin überzeugt, dass sie auch in dieser Saison noch mitspielen werden um die Meisterschaft, selbst wenn sie aktuell sieben Punkte hinter Dortmund liegen.

"Die Nationalmannschaft? – Ich bin jetzt im besten Fußballer-Alter und vielleicht wird dieser Kindheitstraum irgendwann wahr"

bundesliga.de: Borussias nächste Aufgabe nach der Länderspielpause heißt Hannover 96. Wie geht man die Aufgabe an gegen einen Gegner, der sich bisher noch schwer tut?

Hofmann: Natürlich erwartet jeder von uns, dass die drei Punkte in Gladbach bleiben. Aber ich kann nur noch einmal darauf verweisen, wie eng die Bundesliga ist, und dass kein einziges Spiel ein Selbstläufer ist. Geduld wird gefragt sein, wie schon gegen Düsseldorf. Auch da hat es bis in die zweite Halbzeit gedauert, bis wir den ersten Treffer erzielen konnten. Wir werden also auf gar keinen Fall etwas geschenkt bekommen. Und wenn wir nur fünf Prozent weniger abrufen, dann wird auch Hannover das bestrafen.

Alle Infos zu #BMGH96 gibt es im Matchcenter

bundesliga.de: Reden wir lieber noch über eine mögliche Belohnung: Vor etwa anderthalb Jahren haben Sie nach einer Reihe von guten Leistungen gesagt: "Jetzt auf einen Anruf von Jogi Löw zu hoffen, das wäre zu hoch gegriffen. Da muss ich wohl noch ein wenig mehr leisten". Sie haben Wort gehalten, hoffen Sie nun also auf einen Anruf vom Bundestrainer?

Hofmann: Ich glaube, dass erst einmal eine gewisse Konstanz über Wochen, ja über Monate nötig ist, um sich einen solchen Anruf und damit eine Nominierung zu verdienen. Dass es ein großer Traum ist einmal für die Nationalmannschaft aufzulaufen, das steht außer Frage. Letztlich aber halte ich es auch hier mit der "Ich denke nur von Spiel zu Spiel"-Philosophie und mache mir keinen Druck. Ich bin jetzt im besten Fußballer-Alter und vielleicht wird dieser Kindheitstraum irgendwann wahr.

Das Gespräch führte Andreas Kötter