Matchwinner: Petr Jiracek (l:) schießt Tschechien zum Gruppensieg in der Gruppe A
Matchwinner: Petr Jiracek (l:) schießt Tschechien zum Gruppensieg in der Gruppe A

Jiracek trifft: Polen geschockt, Smuda tritt zurück

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Wroclaw - Polen ist verloren, Tschechien dagegen steht als möglicher Gegner der deutschen Nationalmannschaft im EM-Viertelfinale. In einem direkten Duell um den Einzug in die K.o.-Runde unterlag Co-Gastgeber Polen nach zuvor zwei Unentschieden dem EM-Finalisten von 1996 mit 0:1 (0:0) und ist damit als zweiter Ausrichter einer EM-Endrunde nach Österreich 2008 ohne Sieg bereits in der Vorrunde gescheitert.

Kadlec rettet auf der Linie

Nationaltrainer Franciszek Smuda legte umgehend sein Amt nieder. "Das ist zu einhundert Prozent das Ende meines Weges. Mein Vertrag läuft mit dem Ende der EM aus", sagte der langjährige Nationalspieler dem polnischen Fernsehsender TVP. Smuda (63) hatte den Posten am 29. Oktober 2009 vom Niederländer Leo Beenhakker übernommen.



Entsetzt und ausgelaugt waren die "Bialo-Czerwoni" (Weiß-Roten) nach dem Abpfiff zu Boden gesunken. "Wir hatten einige sehr schöne Momente bei dieser EM", sagte Jakub Blaszczykowski von Borussia Dortmund. "Leider ist es jetzt vorbei. Wir danken all unseren Fans."

Die Tschechen beendeten durch den späten Treffer von Petr Jiracek vom VfL Wolfsburg (72.) die Gruppe A als Tabellenerster vor Griechenland. Sie treffen damit am Donnerstag in Warschau auf den Zweitplatzierten der deutschen Gruppe B - nicht zuletzt, weil Michal Kadlec von Bayer Leverkusen mit einer schier unglaublichen Rettungstat in der vierten Minute der Nachspielzeit die Chance von Blaszczykowski zum Ausgleich verhinderte, der für Polen wertlos, aber für den Gegner verheerend gewesen wäre.

Cech will "den Deutschen aus dem Weg gehen"



"Es ist unglaublich", sagte Tschechiens Weltklasse-Torhüter Petr Cech, "der Druck war riesengroß. Vor allem nach der Pause, da wussten wir, dass wir drei Punkte brauchen. Aber wir wurden besser und besser und haben den Sieg verdient." Dann äußerte er einen Wunsch für das Viertelfinale: "Es ist besser, den Deutschen aus dem Weg zu gehen."

Da Griechenland zur Halbzeit gegen Russland führte, waren nach der Pause vor 41.480 Zuschauern in Breslau Polen und Tschechen zum Toreschießen verdammt - oder mussten auf russische Schützenhilfe hoffen. Der Druck schien jedoch beide Mannschaften zunächst zu lähmen. Die Tschechen fühlten als Erste ihre Chance, suchten sie, bekamen sie - und dann stürzte Jiracek die Gastgeber in ein Tal der Tränen.

BVB-Trio enttäuscht



Hatten die Polen das Tor des Startorhüters Petr Cech in den ersten 45 Minuten noch unter Dauerbeschuss genommen, kam danach nur noch wenig - zu wenig. Auch das Dortmunder Meistertrio Robert Lewandowski, Jakub Blaszczykowski und Lukasz Piszczek, in das der zweimalige WM-Dritte große Hoffnung gesetzt hatte, konnte nichts mehr ausrichten - es war sogar eine einzige Enttäuschung.

Die Frage, die eine Nation bewegt hatte, beantwortete Franciszek Smuda um 19.45 Uhr. Stammtorhüter oder Volksheld? Volksheld, sagte Smuda und beorderte Przemyslaw Tyton zwischen die Pfosten. Der 25-Jährige hatte im Eröffnungsspiel nach der Roten Karte für Wojciech Szczesny einen Elfmeter gehalten. Nun war die etatmäßige Nummer eins wieder spielberechtigt - aber der Stammplatz weg.

Pilar vergibt die erste tschechische Großchance



Nachdem Robert Lewandowski, Jakub Blaszczykowski und Co. mit 35.000 euphorischen Landsleuten "Noch ist Polen nicht verloren" gesungen hatten, begann das Spiel mit einer Kracherchance für Tschechien. Vaclav Pilar, der künftige Wolfsburger, wurde von Theodor Gebre Selassie perfekt freigespielt, säbelte zehn Meter vor dem Tor aber am Ball vorbei. Hätte Pilar ihn vernünftig getroffen, Tyton wäre wohl geschlagen gewesen.

Dann rissen die Polen das Spiel an sich, Tschechien bekam Probleme im Minutentakt. Blaszczykowski - Außennetz, Blaszczykowski - Cech, Lewandowski - Außennetz, Sebastian Boenisch - Cech. Die Tschechen kamen kaum zum Luftholen, doch das poröse Abwehrbollwerk überstand im Wolkenbruch einige weitere Szenen, die äußerst brenzlig waren. Die polnischen Fans schienen zu verzweifeln, nach dem griechischen Tor in Warschau schlugen sie entsetzt die Hände vors Gesicht.

Tschechien ohne Rosicky ideenlos



Im Aufbau waren die Tschechen ohne den angeschlagenen Spielmacher Tomas Rosicky von allen guten Geistern verlassen. Daniel Kolar von Viktoria Pilsen war auf EM-Niveau überfordert, den Mitspielern fehlten Ordnung, Übersicht und vor allem Ruhe. Immerhin: Nach 25 Minuten ließ der Dauerdruck der Polen nach - Tschechien hatte nun ab und an zumindest längere Phasen von Ballbesitz.

Nach der Pause war Tyton das erste Mal richtig gefordert. Er reagierte glänzend, nachdem der tschechische Abwehrspieler Tomas Sivok freistehend aus drei Metern Entfernung auf das Tor geköpft hatte. Smuda war stinksauer, ruderte mit den Armen, doch es schien, als könne nur ein Geschenk des Himmels noch die Wende bringen. Die Wende kam nicht. Stattdessen Jiracek.