Mit dieser artistischen Meisterleistung entschied Thiago die Partie in Stuttgart
Mit dieser artistischen Meisterleistung entschied Thiago die Partie in Stuttgart

"Ein glücklicher Sieg"

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Stuttgart - In Stuttgart kennen sie diese Momente. Als Thiago Alcantara in der Nachspielzeit quer in der Luft lag und den Ball spektakulär per Seitfallzieher in die Maschen drosch, fühlten sich einige Fans im Stadion ins Jahr 1987 zurückversetzt. Vor 27 Jahren gelang einem gewissen Jürgen Klinsmann im Südderby ein ähnliches Kunststück - mit dem Unterschied, dass damals die Schwaben jubelten.

"Es war ein wunderschönes Tor von mir, ich bin stolz darauf sagte der spanische Torschütze gegenüber bundesliga.de. "Als ich noch jünger war, habe ich schon einmal so ähnlich getroffen, aber bis jetzt noch nicht in meiner Laufbahn als Profi. Das ist das schönste Tor meiner Karriere!“ Mit seinem Premierentreffer setzte Thiago den Schlusspunkt unter ein aufregendes Spiel, das der Rekordmeister in letzter Minute mit 2:1 für sich entschied.  

"Das war ein glücklicher Sieg"

Nicht brillant gespielt, dafür bis zur letzten Sekunde gekämpft. Die Bayern haben in Stuttgart vor allem eines bewiesen:  Dass sie weiter Lust aufs Gewinnen haben. Die Moral stimmt - eine gute Basis für die großen Aufgaben, die jetzt folgen. 

"Das war ein glücklicher Sieg, den wir uns aber enorm hart erarbeitet haben“, gab Dante zu und wirkte dabei, als wäre es für die Bayern, die ja eigentlich immer gewinnen, einer der schönsten Erfolge seit langem gewesen. Und irgendwie nimmt man dem Brasilianer diese ganz besonderen Emotionen ab. Denn der hauchdünne, wenn auch verdiente Last-Minute-Erfolg beim VfB ist ein ganz spezieller für das Starensemble von der Isar.

Es war kein Kantersieg, es war kein überlegenes Auftreten, es war keine spielerische Offenbarung - aber es war ganz klar ein Sieg der Moral. "So ein Sieg ist nicht mit einem 4:0-Erfolg zu vergleichen. Die Mannschaft hat bis zum Ende gewollt, das hat man gesehen“, erklärte Thomas Müller nach der Partie. Sogar eine ganz besondere Wirkung auf seine "Hormone“ will er nach dem 2:1-Traumtor des Kollegen Thiago verspürt haben (Interview).

Stuttgart mit der besten Saisonleistung

Die Bayern haben sich von Beginn an schwer getan in München. Das lag in erster Linie am Gastgeber. Die Stuttgarter zeigten nach zuletzt enttäuschenden Vorstellungen die beste Saisonleistung und schafften es sogar, das Stuttgarter Stadion in einen kleinen Hexenkessel zu verwandeln. Aggressiv, bissig, laufstark - so präsentierten sich die Schwaben und die Bayern hatten alle Mühe damit. Natürlich lief der Ball wie gewohnt traumwandlerisch sicher durch die eigenen Reihen, nur: In die Gefahrenzone vor dem Stuttgarter Tor kam man nur selten.

"Trainer-Guru" Pep Guardiola hatte zu Beginn erneut auf Torjäger Mario Mandzukic verzichtet, auch Arjen Robben, Franck Ribery und Bastian Schweinsteiger fehlten verletzungsbedingt. Das merkte man. "Natürlich sind Robben und Ribéry für uns enorm wichtige Spieler", sagte David Alaba am späten Mittwochabend zu bundesliga.de. Zeitweise war zu spüren, dass den Bayern die Geistesblitze der beiden  fehlen, zumal Mario Götze, Xherdan Shaqiri oder auch Thomas Müller nicht ihren allerbesten Tag erwischten.

Thiago der Matchwinner

Viel wichtiger aber scheint die Erkenntnis, dass die Bayern neben ihrem spielerischen Potenzial auch kämpfen können. In Stuttgart schien die Partie beinahe schon verloren, aber die Bayern steckten zu keinem Zeitpunkt auf. "Wenn man gesehen hat, wie wir uns nach dem 2:1 gefreut haben, der weiß alles. Wir stehen einfach mit einer großen Leidenschaft auf dem Platz", gab Müller Einblicke in das Seelenleben der Mannschaft. Es stimmt derzeit einfach in München - und vor allem: Niemand wirkt satt, jeder will den Erfolg, das Triple hat in Sachen Motivaton keine negativen Spuren hinterlassen.

Hinzu kommt, dass sich bei den Bayern einer immer mehr zum Führungsspieler mausert. Thiago wird von Partie zu Partie stärker und hat mittlerweile bewiesen, wieso Guardiola so auf seine Verpflichtung gedrängt hat. In Stuttgart machte der Neuzugang eine überragende Partie: Technisch brillant, passsicher und gefährlich in der Spitze. Thiago war überall und es war beinahe logisch, dass er mit einem traumhaften Seitfallzieher den Siegtreffer markierte.

Sage und schreibe 13 Punkte Vorsprung in der Liga haben die Bayern nun auf Bayer 04 Leverkusen. "Wir sind dennoch bei jedem Spiel top motiviert“, sagt Alaba, aber klar ist auch, dass der Fokus nun auch auf Arsenal London gerichtet ist. Champions League - in drei Wochen ist es soweit. Eine Aufgabe, die den Bayern gerade recht kommt. Insbesondere jetzt: Im Wissen, bis zur letzten Sekunde dank noch alles möglich machen zu können.   

Jens Fischer