Nah dran an der Mannschaft: Domenico Tedesco feiert mit Max Mayer das 1:0 gegen Hertha BSC. - © © gettyimages / Christof Koepsel/Bongarts
Nah dran an der Mannschaft: Domenico Tedesco feiert mit Max Mayer das 1:0 gegen Hertha BSC. - © © gettyimages / Christof Koepsel/Bongarts

Schalke-Trainer Tedesco: "Wenn man 1:0 gewinnt, ist das immer schön"

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Gelsenkirchen - Mit dem 1:0-Sieg über Hertha BSC hat sich der FC Schalke 04 wieder auf Platz zwei der Tabelle vorgeschoben. Von Domenico Tedesco gab es dafür nach dem Abpfiff Lob für seine Mannschaft – aber auch offene, kritische Worte über die Dinge, die dem jungen Trainer gar nicht gefallen haben. Im Interview spricht er zudem über Bentaleb, Pjaca und Harit und blickt voraus auf die nächsten Aufgaben in Mainz und Wolfsburg.

Frage: Domenico Tedesco, war das Beste am ganzen Spiel aus Schalker Sicht am Ende das Ergebnis?

Domenico Tedesco: Wenn man 1:0 gewinnt, ist das immer schön. Aber es waren auch ein paar andere schöne Sachen dabei. Dazu zählt hundertprozentig nicht die zweite Halbzeit, aber die erste. Die Art und Weise, wie wir da gepresst haben, wie wir nach vorne gespielt haben, wie wir das Spiel kontrolliert und Konter verhindert haben – das war gut. Wir wissen, dass Hertha eine Umschaltmannschaft ist und haben vor der Partie versucht, den Spielern die Statistiken zu verinnerlichen. Immer dann, wenn Hertha weniger Ballbesitz hatte als der Gegner, haben sie nicht verloren – egal, ob in München, Dortmund oder Leipzig. Wir sind die einzige Mannschaft, die es jetzt zweimal geschafft hat, mit mehr Ballbesitz gegen diese Truppe zu Null zu spielen und zu gewinnen.

Unsere Stürmer haben viel geackert und waren am Ende auch ein bisschen platt. Domenico Tedesco

- © imago

Frage: Was war in der zweiten Halbzeit los? Schalke hat es nicht mal geschafft, einen Konter vernünftig auszuspielen, was eine Woche zuvor in Leverkusen noch sehr gut funktioniert hat.

Tedesco: Hertha hätte auf jeden Fall etwas mitnehmen können, das steht außer Frage. Die Berliner waren in der zweiten Halbzeit die bessere Mannschaft. Gegen Leverkusen war es so, dass wir nach Ballgewinn den Ball auch noch in den eigenen Reihen hatten. Dieses Mal war es sehr oft anders. Mir fallen auf Anhieb einige Situationen ein, in denen zum Beispiel Naldo das Kopfballduell gegen Selke gewinnt, aber der zweite Ball dann bei einem Berliner landet. Das war unser Kernproblem. Wenn du diese zweiten Bälle gewinnst und du hast sie am Fuß, dann kannst du auf Ballbesitz gehen, was uns auch gut getan hätte, oder du kannst kontern. Das ist im Keim erstickt worden, weil wir die zweiten Bälle nicht gewonnen haben.

Frage: Warum hat Schalke es dieses Mal nicht geschafft, diese zweiten Bälle zu gewinnen?

Tedesco: Man muss schon anerkennen, dass Hertha es sehr gut gemacht hat. Sie haben schnelle Spieler. Aber es war aus unserer Sicht auch eine Frage der Raumaufteilung und der Kraft. Ich finde zum Beispiel, dass unsere Stürmer insgesamt viel geackert haben und am Ende auch ein bisschen platt waren.

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Frage: Hätte ein Spieler wie Amine Harit der Mannschaft gut getan? Warum ist er nicht zum Einsatz gekommen?

Tedesco: Er hat bisher eine großartige Saison für uns gespielt und wir wissen, was wir an dem Jungen haben. Aber er ist Jahrgang 1997 und da ist es einfach wichtig, ihn zu steuern. Und zwar gerade auch in Phasen, in denen er mal nicht so gut drauf ist im Sinne von Spritzigkeit. Das ist völlig normal und da kann man jeden Spieler aus dem Kader durchgehen – jeder hatte mal ein Tief von zwei, drei Wochen. Amine ist gerade in einem solchen Tief, aber da kommen wir auch gemeinsam wieder heraus.

Frage: Marko Pjaca ist das Tor des Tages gelungen. Was sagen Sie insgesamt zu seiner Leistung und seiner Entwicklung?

Tedesco: Jeder Spieler hat seine Stärken und Schwächen. Die Stärken von Marko liegen ganz klar in der Offensive. Da muss man defensiv ein paar Abstriche machen, das ist bei jedem Spieler so. Marko ist auch keiner, der in den letzten Monaten 25 Spiele hatte. Er ist sehr lange verletzt gewesen. Er braucht jetzt seinen Rhythmus und wir wissen ihn zu steuern. Die Kraft reicht noch nicht für viel mehr als 60 Minuten. Das merkt er auch und er weiß das auch selbst einzuschätzen. Aber er hat jetzt das fünfte Spiel gemacht und zwei Tore erzielt – genau so stellen wir uns das vor.

Frage: Nabil Bentaleb hat das Tor des Tages eingeleitet, Sie haben dann zusammen mit ihm den Treffer gefeiert. War das auch ein Zeichen?

Tedesco: Es freut mich einfach für ihn. In den letzten Wochen war nicht immer alles gut. Wichtig ist immer, solche Dinge anzusprechen. Nabil ist auch ein enorm junger Spieler. Ich freue mich für ihn nicht nur wegen der Vorlage. Das gesamte Spiel war super engagiert. Er ist unheimlich viel gelaufen, das war insgesamt sehr gut.

Frage: Wie steht es um Leon Goretzka, der gegen Hertha passen musste?

Tedesco: Leon hatte in den letzten Tagen Schmerzen. Einen Tag vor dem Spiel ging das Sprinten nicht – dann geht das Spielen natürlich auch nicht.

Frage: Jetzt warten auf Schalke zwei Auswärtsspiele in Mainz und Wolfsburg bei Mannschaften, die um den Klassenerhalt kämpfen. Was für Spiele erwarten Sie?

Tedesco: Es sind zwei Mannschaften, die unten drin stehen – und das löst gewisse Kräfte aus. Das habe ich selbst letztes Jahr in Aue gemerkt, da kannst du jede Mannschaft schlagen. Mainz spielt es gut, hat zum Beispiel auch in Berlin gewonnen mit wenig Ballbesitz. Das ist eine Mannschaft, die uns das Leben schwer machen kann. Quaison ist noch besser in Form als in der Hinrunde, Berggren lauert vorne als Zielspieler für lange Bälle – das wird unangenehm ohne Ende für uns. Mainz wird alles reinpusten und wir müssen in Sachen Mentalität und Aggressivität mindestens gleichziehen. In Wolfsburg wird es kaum anders sein. Nur dann hast du eine Chance.

Aus Gelsenkirchen berichtet Dietmar Nolte