Hans-Jörg Butt kam vor der Saison aus Lissabon zum FC Bayern München
Hans-Jörg Butt kam vor der Saison aus Lissabon zum FC Bayern München

"Ich will das Optimale für mich herausholen"

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Von Juli 2001 bis Juli 2007 stand Hans-Jörg Butt bei Bayer Leverkusen zwischen den Pfosten. Seine Ausflüge in den gegnerischen Strafraum, um Elfmeter zu verwandeln, sind bis heute legendär. Beim FC Bayern war der 34-Jährige als Ersatz für Michael Rensing gedacht.

"Aber", erklärt Butt im Gespräch mit bundesliga.de, "ich schaue natürlich auch auf mich und versuche meine eigene Leistung zu bringen, mich zu entwickeln und mir in der Mannschaft einen gewissen Respekt zu verschaffen."


bundesliga.de: Wie ist Ihr bisheriger Eindruck vom neuen Cheftrainer Jupp Heynckes? Wo setzt er an?

Hans-Jörg Butt: Wir haben in den ersten Tagen sehr viel im taktischen Bereich gemacht. Der Trainer hat ganz klare Vorstellungen, und die versucht er durch Gespräche zu vermitteln, aber in erster Linie durch das Training auf dem Platz.

bundesliga.de: Ist durch den Trainerwechsel ein Ruck durch die Mannschaft gegangen?

Butt: Ich glaube, im Spiel gegen Gladbach hat man schon gesehen, dass wir eine sehr gute Struktur in unserem Spiel hatten. Natürlich war das kein berauschendes Spiel, aber das war auch kaum möglich, gegen eine Mannschaft, die wie beim Handball um den eigenen Strafraum positioniert war.

bundesliga.de: Am Wochenende wird das in Cottbus wohl kaum anders sein. Dort haben die Bayern vergangene Saison verloren, Wolfsburg verlor erst kürzlich dort. Wie unangenehm ist die Aufgabe?

Butt: Dass es schwierig wird, ist jedem bewusst. Die Niederlage letztes Jahr und Wolfsburgs Niederlage jetzt sollten Warnung genug sein. Cottbus ist eine Mannschaft, die über den Kampf ins Spiel kommt, die aus ihren Möglichkeiten das Optimale macht und durch Geschlossenheit besticht. Das alles wissen wir und wir müssen dort ähnlich diszipliniert wie gegen Gladbach auftreten. Wir werden Geduld haben müssen.

bundesliga.de: Es ist nachvollziehbar, dass der FC Bayern nun Priorität auf die Qualifikation für die Champions League legt. Aber zum Spitzenreiter sind es nur drei Punkte Rückstand. Wie sieht die Mannschaft das Thema Platz 1? Wie realistisch ist es, doch noch Meister zu werden?

Butt: Natürlich sind es nur drei Punkte Rückstand, aber solange sich die Wolfsburger keinen Ausrutscher erlauben, haben wir keine Chance. Unser ausgesprochenes Ziel ist es, die Champions League zu erreichen. Darauf konzentrieren wir uns, und wenn wir an diesem Ziel dranbleiben, ist es vielleicht noch möglich, am Ende der Saison ganz oben zu stehen.

bundesliga.de: Felix Magath verlässt Wolfsburg zum Saisonende und geht zu Schalke. Glauben Sie, dass dieser Umstand im Titelrennen noch eine Rolle spielen könnte?

Butt: Damit sollten wir uns nicht beschäftigen. Wir können die Wolfsburger nur mit eigenen Siegen unter Druck setzen. Wie die Wolfsburger auf die Entscheidung reagieren, ist schwer zu sagen.

bundesliga.de: Sie waren ja schon ein paar Mal dicht davor, einen Titel zu gewinnen: 2002 wurden Sie mit Leverkusen drei Mal Zweiter, inklusive WM sogar viermal. Wieviel würde es Ihnen bedeuten, nun - als Nummer 1 - mit Bayern München Deutscher Meister zu werden?

Butt: Es ist auf jeden Fall eine Sache, die mich antreibt. Letztendlich will ich Titel gewinnen, denn die bleiben hängen. Dafür bin ich auch zum FC Bayern gekommen.

bundesliga.de: Ist Ihnen schon mal durch den Kopf gegangen, dass es nächste Woche gegen Leverkusen geht und ausgerechnet Ihr ehemaliger Verein auf dem Weg zum Titel im Weg stehen könnte?

Butt: Natürlich war ich eine lange Zeit in Leverkusen, aber es ist ein Spiel wie jedes andere. In Leverkusen hat sich viel getan, es sind neue Spieler gekommen; und ich war ein Jahr in Portugal bei Benfica Lissabon. Von daher habe ich darüber noch nicht speziell nachgedacht.

bundesliga.de: Kam der Torwartwechsel vor dem Champions-League-Spiel in Barcelona eigentlich auch für Sie überraschend?

Butt: Dass ich gegen Barcelona im Tor stehen sollte, wurde mir auch erst am selben Tag gesagt. Aber für mich war es nicht so überraschend wie für viele Außenstehende, dass ich mal eine Chance bekommen würde.

bundesliga.de: Sie hatten damals ja einen buchstäblich knochenharten Einstand. Haben Sie sich bei dem Zusammenprall mit Thierry Henry gedacht: Ich gehe auf keinen Fall raus, die Chance gebe ich nicht auf?

Butt: Nein, überhaupt nicht. Ich war in dem Moment sehr überrascht, dass der Doktor und der Physiotherapeut plötzlich neben mir standen. Ich habe zwar den Schlag gespürt, aber die Platzwunden habe ich gar nicht bemerkt. Im Spiel steht man so unter Adrenalin und bemerkt solche Dinge nicht immer sofort. Ich habe mir dann mit dem Handschuh ins Gesicht gefasst und Blut gesehen, aber nicht weiter daran gedacht.

bundesliga.de: Sie waren lange Zeit der Saison die Nummer 2, das war so auch von vornherein klar. Wie sind Sie mit der Situation umgegangen?

Butt: Mir wurde mit auf den Weg gegeben, Michael Rensing bei seiner Entwicklung zu unterstützen. Meines Erachtens kann ich ihm am meisten weiterhelfen, indem ich mich korrekt und fair ihm gegenüber verhalte. Aber ich schaue natürlich auch auf mich und versuche meine eigene Leistung zu bringen, mich zu entwickeln und mir in der Mannschaft einen gewissen Respekt zu verschaffen. Auch einen sportlichen Druck auszuüben ist wichtig, denn der kann durchaus positiv sein. Beim FC Bayern muss man schon hingehen und sagen: Ich will das Optimale für mich herausholen, ich will spielen, denn sonst fehlt die Akzeptanz innerhalb der Mannschaft.

bundesliga.de: Gab es schon Gespräche, was ihre künftige Position im Team angeht?

Butt: Darüber mache ich mir jetzt keine Gedanken. Die Dinge können sich im Fußball sehr schnell ändern - wie man bei mir gesehen hat. Der Moment ist wichtig, darauf sollte ich mich fokussieren und andere Dinge erst mal ausblenden.

Das Gespräch führte Michael Gerhäußer