Vor seinem Engagement beim FC Bayern stand Louis van Gaal vier Jahre lang bei AZ Alkmaar unter Vertrag
Vor seinem Engagement beim FC Bayern stand Louis van Gaal vier Jahre lang bei AZ Alkmaar unter Vertrag

"Ich musste mich umstellen"

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Seit dem 1. Juli ist Louis van Gaal Cheftrainer beim FC Bayern - und seine Bilanz kann sich schon jetzt sehen lassen: Tabellenführer der Bundesliga, im Champions-League-Viertelfinale und im DFB-Pokal unter den letzten Vier. Nachdem die Rädchen anfangs noch nicht reibungslos ineinander griffen, wirkte das Team mit zunehmendem Saisonverlauf immer selbstbewusster.

Im Interview spricht van Gaal über die Entwicklung der Mannschaft, seine Anpassung an die Bundesliga, aber auch die Ambitionen, Bundestrainer zu werden.

Frage: Sie sind jetzt seit neun Monaten Trainer des FC Bayern. Wieviel Louis van Gaal steckt schon in dieser Mannschaft?

Van Gaal: Das müssen andere beurteilen. Ich denke, dass Bayern München anders spielt als im letzten Jahr. Aber wir sind immer noch in einem Prozess - und dieser Prozess dauert noch an.

Frage: Warum dauert der so lange?

Van Gaal: Weil viele Spieler längere Zeit verletzt waren. Franck Ribery zum Beispiel. Seine Einsätze über 90 Minuten kann man an einer Hand abzählen. Und er ist sehr wichtig für die Mannschaft. Er ist einer der kreativen Spieler, die wir brauchen. Wir müssen ihn noch immer integrieren.

Frage: Sie haben jetzt sieben Spiele in 21 Tagen. Ist in so einer Phase die Integration von Ribery noch schwieriger?

Van Gaal: Natürlich ist das schwieriger. Aber er macht alles, um wieder fit zu werden. Mehr kann ich von einem Spieler nicht fordern. Deshalb muss ich als Trainer abwarten, ob er voll belastbar ist.

Frage: Sie haben in den ersten Wochen in München gesagt, dass Sie immer alles gewinnen wollen. Ist das mit dem FC Bayern möglich?

Van Gaal: Wir sind auf einem guten Weg. Wir sind noch in drei Wettbewerben vertreten, das ist sehr gut für einen neuen Trainer, zumal wir auch viele neue Spieler integrieren mussten. Aber wir haben bis jetzt noch nichts erreicht. Das ist das Wichtigste am Ende.

Frage: Was muss passieren, dass Sie unabhängig von Titeln zufrieden sind?

Van Gaal: Wichtig für mich ist, dass sich die Spieler entwickeln und unser Spiel Fortschritte zeigt. Und wenn wir das schaffen, dann werden wir auch Titel gewinnen. Das ist dann die Konsequenz aus unserem Spiel. Bis jetzt bin ich zufrieden. Wir haben eine Steigerung gesehen.

Frage: Ist der FC Bayern von der Ausrichtung schon so flexibel, wie Sie sich das vorstellen?

Van Gaal: Das muss noch besser werden. Aber das ist auch Teil dieses Prozesses. Ideal wäre es, wenn die Spieler selbst das Spiel lesen und dann sofort entscheiden, wie sie spielen müssen. Dann wäre ich auf der Bank nicht mehr nötig. Aber so etwas hat noch nie geklappt, weil Menschen immer Führung brauchen.

Frage: Mussten Sie sich beim FC Bayern umstellen?

Van Gaal: Ja, ich habe mich sehr umgestellt, was die Kommunikation mit den Spielern anbelangt. Bei meinen taktischen Erklärungen haben die Spieler am Anfang gedacht, dass sie die Anweisungen exakt so ausführen müssen. Aber die Spieler sollen, wie schon gesagt, anhand der Situation selbst entscheiden. Deshalb ist das etwas unglücklich angelaufen. Inzwischen habe ich meine Besprechungen geändert, jetzt klappt es besser.

Frage Wo wird Toni Kroos spielen, wenn er zum FC Bayern zurückkehrt?

Van Gaal: Ich sehe Toni Kroos nicht auf der Position von Ribery. Aber ich werde erst einmal mit Toni Kroos sprechen, wenn die neue Saison beginnt. Ich habe vor dieser Saison auch gesagt, dass Ribery meine Nummer zehn ist. Aber er fühlte sich dort nicht so wohl, dann mache ich das auch nicht. Aber das ist alles Zukunftsmusik.

Frage Sie haben zuletzt immer wieder betont, noch einmal Nationaltrainer werden zu wollen. Ist es als Nationaltrainer aber nicht schwierig, diese Prozesse, von denen Sie immer sprechen, auch umzusetzen?

Van Gaal: Ich denke das nicht. Ich habe es auch bei Bayern in einigen Wochen geschafft. Und man hat auch mit einer Nationalmannschaft genug Zeit, um ein System zu entwickeln. Man muss eben anders trainieren. Ich muss auch nicht verletzte Spieler integrieren oder junge Talente heranführen. Ich habe immer die besten Spieler eines Landes zur Verfügung.

Frage: Sie haben auch Deutschland als Option genannt. Ist ein Bundestrainer van Gaal bei der Rivalität zwischen beiden Ländern überhaupt vorstellbar?

Van Gaal: Ich denke, dass dies kein Problem sein würde. Es kommt auf die Qualität eines Trainers an, das ist das Wichtigste. Und wenn Deutschland zum Beispiel mit Louis van Gaal Weltmeister werden würde, dann wäre jeder in Deutschland sehr zufrieden.

Frage: Was reizt Sie an so einer Herausforderung?

Van Gaal: Ich habe mit meinen Clubs alles gewonnen. Aber ich will noch einmal eine Weltmeisterschaft oder Europameisterschaft mitmachen. Und wenn ich etwas erreichen kann, dann nur mit den besten Ländern - und da gehört Deutschland natürlich dazu. Deutschland ist ein großartiges Fußball-Land. Aber das könnte auch England, Argentinien oder Spanien sein.