Fredi Bobic ging von 1999 bis 2002 für Borussia Dortmund auf Torejagd - 2003 bis 2005 stand er bei der Hertha im Sturm
Fredi Bobic ging von 1999 bis 2002 für Borussia Dortmund auf Torejagd - 2003 bis 2005 stand er bei der Hertha im Sturm

"Ich drücke Hertha BSC die Daumen"

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Am 27. Spieltag ist Borussia Dortmund zu Gast bei Hertha BSC. Der BVB will sich weiter Richtung Europa vorarbeiten, die Hauptstädter hingegen kämpfen um den Klassenerhalt.

Für Fredi Bobic ist diese Begegnung eine Herzensangelegenheit. Seine beiden Ex-Clubs gehen zwar beide mit einem Erfolgserlebnis ins Spiel, die Ausgangssituationen könnten unterschiedlicher allerdings nicht sein.

Im Gespräch mit bundesliga.de verrät Fredi Bobic, was er sich von dem Spiel erhofft, wo die Probleme bei der Hertha liegen und warum es beim BVB in dieser Spielzeit so hervorragend läuft.

bundesliga.de: Ihre beiden Ex-Clubs spielen am Wochenende gegeneinander. Wem drücken Sie mehr die Daumen?

Fredi Bobic: Ich drücke eher Hertha BSC die Daumen. Normalerweise ist es so, dass ich für ein Unentschieden bin, wenn zwei ehemalige Vereine gegeneinander spielen. In der jetzigen Situation ist Dortmund aber in der deutlich komfortableren Situation. Der BVB braucht die Punkte sicherlich nicht so dringend wie Hertha BSC.

bundesliga.de: Obwohl die Dortmunder jetzt sich auch gerne für einen europäischen Wettbewerb qualifizieren würden.

Bobic: Die Dortmunder werden sich auf jeden Fall qualifizieren, davon gehe ich aus. Sie haben einen guten Lauf und eine gute Mannschaft. Ich bin mir sicher, dass sie sich auch bei einer Niederlage in Berlin qualifizieren würden. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich also Hertha die Punkte geben, damit die Berliner weiter Chancen im Abstiegskampf haben.

bundesliga.de: Mit was für einem Spiel rechnen Sie in der Hauptstadt? Können die Berliner ihr Selbstvertrauen aus dem mitnehmen?

Bobic: Das ist das Entscheidende. Klar haben sie Selbstvertrauen getankt. Das Konterspiel wie in Wolfsburg liegt der Hertha eher. Zuhause tun sie sich oft schwer, weil sie das Spiel machen müssen. Man kann nicht unbedingt davon ausgehen, dass sie nun befreit aufspielen. Sie haben in der Rückrunde schon ein paar Mal die Möglichkeit gehabt, sich zu befreien und haben es nie geschafft diesen Schwung aus einem positiven Erlebnis mitzunehmen.

bundesliga.de:Was war denn der Grund dafür, dass es in Wolfsburg "Klick" gemacht hat?

Bobic: Sie haben viel befreiter aufgespielt. Schließlich waren sie vor diesem Spiel schon abgeschrieben. Wenn keiner mehr einen Pfifferling auf dich setzt, kann das zu einer zweiten Luft verhelfen. Wolfsburg hatte zu diesem Zeitpunkt alles gewonnen und war der optimale Gegner. Bis die "Wölfe" gemerkt haben, was in dem Spiel läuft, war es schon zu spät. Es haben einfach viele Komponente zusammengespielt, dass es letztendlich zu diesem Erfolg kam.

bundesliga.de: Kommt jetzt erst wieder das richtig schwere Spiel? Gehen den Spielern jetzt wieder viele Gedanken durch die Köpfe?

Bobic: Ja, mit Sicherheit! Jetzt ist die Hoffnung wieder da. Auch im Umfeld glaubt man wieder daran und der Druck ist somit größer. Man kann von den Berlinern jetzt aber keine Wunderdinge erwarten. Das muss den Fans bewusst sein. Sie müssen weiterhin von Spiel zu Spiel denken. Es ist immer noch eine extrem schwierige Situation, gerade mit dem schweren Restprogramm. Wenn die Hertha jetzt gegen Dortmund allerdings gewinnt, könnte das noch einmal einen gewaltigen Schub geben.

bundesliga.de: Doch nun zum BVB. Warum läuft es so gut bei der Borussia? Ist es Jürgen Klopp, das junge Team oder woran liegt es?

Bobic: Erstmal hat der BVB in den letzten Jahren extrem viel in die Jugendarbeit investiert. Das zahlt sich nun aus. Die junge Dortmunder Mannschaft spielt mit einer gewissen Euphorie und einer guten Grundordnung. Man sieht, dass bei den Spielern sehr viel Potenzial vorhanden ist. Sie haben einen Lauf, ähnlich wie in der Vorrunde - der trägt sie unheimlich weit. Mit der Rückkehr von Sebastian Kehl ist der BVB noch stärker geworden. Er bringt zusätzliche Stabilität ins Mittelfeld. Dadurch sind sie in einer sehr guten Ausgangslage. Keiner rechnet damit, dass sie die Champions League erreichen könnten, aber sie sind nicht weit davon entfernt. Jetzt können sie angreifen.

bundesliga.de: Passt die Kombination Jürgen Klopp und Borussia Dortmund besonders gut? Fußballverrückte Fans treffen auf einen Trainer, der mit dem Herzen dabei ist...

Bobic: Die Kombination passt sehr gut. Das war eine geschickte Lösung. Aber trotz allem war das von den Vorzeichen keine einfache Geschichte. Wenn ein Trainer sehr, sehr lange bei einem Club war, wie eben Klopp bei den Mainzern, dann ist die Umstellung oft nicht einfach. Die Erwartungshaltung bei den Borussen ist um einiges größer. Doch man kann nur seine Anerkennung für Klopp zeigen. Er hat die Situation perfekt gemeistert und ist beim BVB angekommen. Er hat seinen Weg gefunden und ist sehr erfolgreich. Er arbeitet mit Spielern, die nicht so bekannt sind und holt dennoch das Optimum raus.

bundesliga.de:Lucas Barrios ist einer der Erfolgsgaranten des BVB. Der trifft wie er will.

Bobic: Für mich ist das ein fantastischer Einkauf. Lucas hat auch seine Problem am Anfang gehabt, sich in der Bundesliga zurechtzufinden. Als er anfing zu treffen, hat man ihm angemerkt, dass er hungrig ist. Er will Tore machen. Er ruht sich nicht auf irgendwelchen Quoten aus, sondern will mehr. Das sieht man ihm an. Was mir an ihm gefällt ist seine Kaltschnäuzigkeit. Er fackelt nicht lange, sondern schließt unheimlich schnell ab. Er ist ein Vollstrecker. Barrios ist ein ganz, ganz großer Gewinn in dieser Saison.

bundesliga.de: Sehen Sie irgendwelche Parallelen zwischen Ihnen selbst und Barrios?

Bobic: Es ist immer schwer, wenn man versucht Spieler zu vergleichen. Was mir allerdings auffällt, ist sein Verhalten im Strafraum. Er versucht immer direkt abzuschließen ohne noch einmal zwei, drei Kontakte zu haben. Das ist wirklich klasse und können nicht viele Stürmer. Dort kann man vielleicht eine Parallele zu mir selbst erkennen. Ich habe über 90 Prozent meiner Tore direkt gemacht und habe immer versucht den Abschluss zu suchen.

Das Gespräch führte Norman Thalwitzer

Hier geht's zum ersten Teil des Interviews mit Fredi Bobic, in dem er über die Partie FC Bayern München - VfB Stuttgart spricht.