Enttäuscht trotz vier geschossener Tore: Sead Salihovic, Andreas Beck und Eugen Polanski (v.l.n.r.)
Enttäuscht trotz vier geschossener Tore: Sead Salihovic, Andreas Beck und Eugen Polanski (v.l.n.r.)

Hoffenheim sehnt sich nach Normalität

xwhatsappmailcopy-link

Sinsheim - Kevin Volland konnte es wie alle, die mit der TSG 1899 zittern, nicht fassen. "Wir haben die an die Wand gespielt und dann so was." Es ist mal wieder alles schief gelaufen, der 4:4-Ausgleich in der zweiten Minute der Nachspielzeit war für Werder glücklich und für Hoffenheim ziemlich bitter. Klar, ein Spektakel hatten sie ihren Fans geboten. Aber das konnte am Samstag keiner mehr hören in Hoffenheim.

Sorglosigkeit ärgert Gisdol

Angreifer Kevin Volland polterte: "Sch... Spektakel-Fußball!" Selbst der sonst so leise Torhüter Koen Casteels moserte: "Wir haben alle die Schnauze voll von Spektakel." Und der Trainer Markus Gisdol schimpfte: "Irgendwie geht einem das total auf den Sack!"



Der in der zweiten Minute der Nachspielzeit, bedeutete für die TSG mehr als nur ein Tor, das zwei Punkte kostete.

Mal wieder hatte die TSG gegen einen schwachen Gegner mit zwei Toren Vorsprung geführt (2:0 und 4:2) - und doch nicht gewonnen. Die Hoffenheimer schießen zwar viele Tore (32) kriegen aber die meisten der Liga (34). Mit ihren vielen Nachlässigkeiten hatten sie Werder im Spielverlauf am Samstag immer wieder stark gemacht. Nicht zum ersten Mal war dieses Phänomen in dieser Saison zu beobachten und Trainer Gisdol ahnt: "Ich glaube, wir schaffen es in diesem Kalenderjahr nicht mehr, ein normales Spiel hinzukriegen." Der Trainer sehnt sich nach Normalität. Am Samstag aber war Gisdol einfach nur enttäuscht, er klagte: "Würden wir im Moment sieben Tore schießen, würden wir sieben kriegen." Es ist tatsächlich eine berechtigte Frage, wie viel Sorglosigkeit sich diese Mannschaft noch leisten kann?

Mit nur 14 Zählern auf der Habenseite ist der Abstand zur Abstiegszone klein. Phantomtordiskussionen und ständige Spektakel-Erzählungen haben den Fokus vor der Realität der Tabelle lange verdrängt. Der Kader ist dünn und bittere Fehler macht nicht nur der Torwart Koen Casteels. Am Samstag aber machte der Belgier wohl den einen Fehler zu viel, kurz vor der Pause ließ er den Ball nach einer Kullerflanke von Hunt vor dem 2:2 durch seine Beine rollen.

Grahl spielt wohl im Pokal



Casteels droht die gleiche Konsequenz, die Sebastian Mielitz in Bremen schon ereilt hat: ein Platz auf der Ersatzbank. Trainer Gisdol erklärte, Jens Grahl sei nun Kandidat als Nummer 1 für das Pokalspiel am Dienstag in Schalke. Unter der Woche hatte Gisdol schon versucht, seinen Torwart anzustacheln ("Koen ist ein großes Torwart-Talent, aber noch kein richtig guter Bundesligatorwart"). Vergeblich.

Es bleibt spannend in Hoffenheim, nicht nur die Frage, ob Casteels ein richtig guter Bundesligatorwart werden kann, steht in den nächsten Monaten vor der Beantwortung. Die entscheidenden Fragen lauten: Bekommt diese Mannschaft endlich Konstanz und Wettkampfhärte in ihr Spiel? Kommt der derzeit schwache Firmino wieder in Form? Ist der Kader breit genug für eine lange Saison? In einem sind sich die Hoffenheimer aber sicher: Noch einmal wollen sie nicht in den Abstiegskampf rutschen, so wie letztes Jahr. Viele Spiele wie gegen Bremen dürfen sie sich dann aber nicht mehr leisten.

Aus Sinsheim berichtet Tobias Schächter