1899 Hoffenheims Coach Markus Gisdol ist trotz des 3:3-Unentschiedens gegen den SC Freiburg mit der Entwicklung seiner Mannschaft hochzufrieden
1899 Hoffenheims Coach Markus Gisdol ist trotz des 3:3-Unentschiedens gegen den SC Freiburg mit der Entwicklung seiner Mannschaft hochzufrieden

Hoffenheim: Das Positive herausstellen

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Sinsheim - Selbst 1899 Hoffenheims Coach Markus Gisdol kann sich irren. Das glaubt zwar kaum noch jemand im nördlichen Baden, seit der Fußballlehrer der TSG in der vergangenen Runde in schier auswegloser Situation doch noch den Klassenerhalt gerettet hat. Es stimmt aber trotzdem.

Am Samstag vermutete der Trainer, das gegen den SC Freiburg sei ein Spiel gewesen, von dem sich alle gewünscht hätten, es wäre immer nur weitergegangen. Die völlig entkräfteten Gäste-Spieler machten jedoch einen anderen Eindruck und sehnten den Schlusspfiff herbei. Außer den Ball noch irgendwie aus der Gefahrenzone zu dreschen, hatten sie den vehement angreifenden Kraichgauern nichts mehr entgegenzusetzen.

Die zwei Seiten des Spektakels

Dabei waren diese 94 Minuten Bundesliga zwischen Hoffenheim und Freiburg für alle Beteiligten tatsächlich ein nur schwer verkraftbares Spektakel: Sechs Tore, wechselnde Führungen, eine Ohrfeige, ein Elfmeter, drei Platzverweise, umstrittene Schiedsrichterentscheidungen, SC-Trainer Christian Streich musste auf die Tribüne und ein Pfostenschuss für 1899 in der dritten Minute der Nachspielzeit machten den Nachmittag für die Zuschauer zu einem Erlebnis.

Und Gisdol hatte keine Lust, dieses schlechtzureden. In Hoffenheim müssen sie die Zuschauer nach schwierigen Jahren erst wieder zurückgewinnen. Und um Fans zu begeistern, ist so ein turbulenter Bolzplatzkick - trotz für Traineraugen eigentlich unakzeptabler Abspiel- und Taktikfehler - natürlich beste Werbung. Gisdol sagte fast stolz: "Das, was wir derzeit bieten können, liefern wir volle Kanne ab."

In der Offensive funktioniert es, hinten hapert es jedoch noch. Notorische Nörgler könnten einwenden, die TSG sei zwar noch unbesiegt, aber ein Heimspiel hat sie noch nicht gewonnen: Spektakuläre Unentschieden gegen den 1. FC Nürnberg und Freiburg mit insgesamt fünf Gegentoren hätte eine stabilere Defensive vielleicht gewonnen. Aber 1899 ist noch nicht stabil genug, bisher spielte man mit Nürnberg, Freiburg und dem Hamburger SV ja auch gegen Teams, die selbst noch auf dem Selbstfindungstrip wandeln.

Wenn die Entwicklung über dem Erfolg steht

Aber in erster Linie geht es Gisdol auch darum, eine spielerische Identität zu entwickeln, die das Zuschauen zum Erlebnis macht. Insofern befindet sich die TSG also tatsächlich auf einem guten Weg. Der Trainer geht seinen Weg dabei konsequent und gibt Talenten endlich eine Chance, so wie am Samstag dem 23-jährigen Tobias Strobl. Der Mittelfeldspieler dankte es ihm nach seiner Einwechslung mit einem strammen Schuss in den Winkel zum 3:3.

Taktisch setzt Gisdol auf vier flexible Offensivkräfte. Ganz vorne ist der bereits drei Mal erfolgreiche Neuzugang Anthony Modeste ein unberechenbarer Nervtöter für jeden Innenverteidiger, hinter dem die technisch brillanten Kevin Volland und Roberto Firmino mit dem körperlich noch etwas zierlichen Norweger Tarik Elyounoussi Wirbel machen.

Und die TSG tritt seit Gisdols Ankunft trotz aller Defensivschwächen wieder als Mannschaft auf. Da gibt dann auch Kevin Volland zu, dass er bei Freiburgs zwischenzeitlichem 3:2 durch Sebastian Freis nicht eng genug beim Torschützen gestanden sei. Und dass Sejad Salihovic kurioserweise zunächst Elfmetertorschütze und dann Rotsünder in einer Szene war, fand der Coach zwar "blöd, aber deswegen nageln wir keinen Spieler an die Wand". In Hoffenheim freuten sie sich vor allem über das tolle Erlebnis.

Aus Sinsheim berichtet Tobias Schächter