Giovanni Zarrella spielte in der Jugend beim AS Rom und VfB Stuttgart
Giovanni Zarrella spielte in der Jugend beim AS Rom und VfB Stuttgart

Hoffen, Bangen und europäische Brasilianer

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Bevor Giovanni Zarrella zu einer festen Größe in der Musikbranche wurde, stand er in der Jugend beim AS Rom, dem VfB Stuttgart und dem SSV Reutlingen auf dem Platz. Der Deutsch-Italiener hängte seine Fußballschuhe aber an den Nagel, nachdem er beim Popstars-Casting für die Band Bro‘Sis ausgewählt wurde. Heute ist Zarrella als Solokünstler sehr erfolgreich. Im Zuge der Prosieben-Dokusoap "Pizza, Pasta und Amore" hat er nicht nur ein eigenes Restaurant in Köln ("78") eröffnet, sondern auch an neuen Songs gearbeitet. Das Album "Ancora Musica" sowie die Single "I can't dance alone", die er mit seinem ehemaligen Bro Sis-Band-Kollegen Ross aufgenommen hat, platzierten sich erfolgreich in den Charts. Mehr Infos zur Single und zum Album sowie zu den kommenden Terminen gibt es auf www.giovanni-zarrella.de. Während der WM 2010 schreibt er seine eigene Kolumne auf bundesliga.de.

Ich muss zugeben, dass ich echt enttäuscht bin vom Spiel meiner Italiener gegen Neuseeland. Wir haben zwar mehr investiert in das Spiel. Aber nicht so viel, wie ein Weltmeister investieren müsste. Nach dem frühen Rückstand haben sie schnell zurückgeschlagen und den Ausgleich noch vor der 30. Minute erzielt. Und vorher hätten wir ohnehin kein Tor erzielen können, da die Neuseeländer einfach unheimlich tief gestanden haben. Italien ist auch keine Mannschaft, die von Anfang an Pressing spielt. Dazu kommt, dass die Führung der "Kiwis" durch ein Abseitstor entstanden ist. Schon gegen Paraguay haben wir ein Tor nach einem Freistoß bekommen, den es hätte gar nicht geben dürfen. Denn das Foul, das der Schiedsrichter da gesehen haben will, war keines.

Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass Italien die nächste Runde erreichen wird. Ich bin auch nach wie vor davon überzeugt, dass wir eine der besten Abwehrreihen der Welt haben. In den beiden bisherigen Spielen bekam Italien lediglich zwei Schüsse direkt aufs Tor. Leider waren beide drin. Gianluigi Buffon und auch Federico Marchetti mussten noch keinen einzigen Ball halten.

Doch leider läuft es vorne überhaupt nicht rund. Klar, Neuseeland stellt sich mit neun Mann in die Abwehr - so wie es die Schweiz ja auch gegen Spanien gemacht hat. Dennoch darf man sich solch einen Ausrutscher nicht leisten, wenn man schon das erste Spiel nicht gewonnen hat. Der Mannschaft ist viel zu wenig eingefallen. Ab und zu gab es mal ein paar Fernschüsse. Aber mir fehlten die Dribblings in den Sechzehner oder der Versuch, mal einen Doppelpass zu spielen. Wir spielen bisher zu statisch und haben einfach Probleme mit Mannschaften, die das Spiel nicht machen wollen.

Nun haben wir also ein "Endspiel" gegen die Slowakei. Das Gute daran ist, dass die Slowaken einfach europäisch spielen. Diese Art von Fußball sind wir gewohnt und sie liegt uns. Das Spiel muss gewonnen werden. Wenn man als Weltmeister keinen einzigen Sieg einfährt, hat man es auch nicht verdient, weiterzukommen. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass wir mit ein wenig Glück auch mit drei Punkten weiterkommen. Das wäre dann wie 1982. Damals haben wir drei Mal unentschieden gespielt und sind nur wegen einem einzigen Tor nicht ausgeschieden. Am Ende haben wir Argentinien, Brasilien und Deutschland geschlagen und sind Weltmeister geworden. Aber das ist lange her und natürlich Wunschdenken. Die aktuelle Mannschaft hat uns eine unglaublich schöne Geschichte 2006 geschenkt. Für uns Migranten in Deutschland war diese WM vor vier Jahren wunderbar. Ich weiß nicht, wie weit es diesmal reichen wird. Ich bin mir sicher, dass wir die Slowakei schlagen werden. Doch danach werden wir voraussichtlich als Gruppenzweiter auf die Niederlande treffen. Selbst wenn wir das schaffen sollten, wartet anschließend Brasilien.

Doch Italien ist ja nicht das einzige Spitzenteam, das sich bei dieser WM schwer tut. Ich denke da an Frankreich, England, auch Deutschland oder Spanien. Meiner Meinung nach hat das aber nichts damit zu tun, dass die Stars dieser Teams so lange Spielzeiten hinter sich haben. Denn das ist seit vielen Jahren so und daran hat sich jeder Spieler mittlerweile gewöhnt. Man braucht doch nur auf Maicon, Julio Cesar und Lucio bei Brasilien schauen. Die haben die meisten Spiele bei Inter Mailand gemacht und spielen auch bei der WM stark. Ich habe eher das Gefühl, dass es eine taktische Sache ist. Die Marschrichtung scheint bei fast allen Teams zu sein, erstmal sicher in der Abwehr stehen zu wollen. Es gibt auch nicht mehr die "kleinen" Mannschaften, die wie wahnsinnig stürmen und dann plötzlich total Konter-anfällig sind. Denn auch diese Mannschaften haben mittlerweile alle Trainer aus Europa oder Brasilien. Vielleicht tut man sich deshalb schwer gegen Teams wie Neuseeland oder die Schweiz. Mittlerweile spielen sie fast alle italienisch…

Aber noch einmal zurück zu Brasilien. Die "Selecao" macht mir mittlerweile am meisten Angst. Die spielen unter Dunga so ungemein europäisch. Sie haben den momentan wohl besten Torhüter der Welt und auch die weltbeste Verteidigung. Und wenn die Brasilianer jetzt noch - wie gegen die Elfenbeinküste gesehen - anfangen, effektiv zu spielen, dann haben wir alle ein großes Problem. Es ist nichts mehr zu sehen von den selbstverliebten Ballzauberern. Im Gegenteil. Wenn eine technisch so versierte und spielerisch so starke Mannschaft anfängt, effektiv zu spielen, dann wird es hart für alle anderen.

Noch ein Wort zu den Deutschen. Natürlich habe ich beim Spiel gegen Serbien auch mitgefiebert. Dennoch meine ich, hat Serbien verdient gewonnen. Die Deutschen haben aber trotz der Unterzahl einen Hammer-Fußball gespielt. Sie hatten einen Lattentreffer von Sami Khedira. Lukas Podolski hatte einige gute Chancen und sie haben sich einen Elfmeter erarbeitet. Ich bin mir sicher, dass Ghana keine Hürde sein wird. Denen reicht zwar ein Remis zum Weiterkommen. Doch man hat schon gegen zehn Australier gesehen, dass sie lange Zeit nur hinten dringestanden haben.

Apropos Ghana. Da fällt mir das Abschneiden der afrikanischen Mannschaften ein. Ich habe von den Mannschaften vom schwarzen Kontinent sehr viel gehalten. Vor allem von der Elfenbeinküste hatte ich mir mehr erwartet. Klar, ein Unentschieden gegen Portugal ist ok, aber ich glaube nicht, dass Portugal sich so von Brasilien vorführen lassen wird. Und dann wäre auch die Elfenbeinküste schon raus. Ghana hat vier Punkte geholt, aber bislang nur vom Elfmeterpunkt getroffen. Man muss leider sagen, dass in Afrika noch nicht so viel passiert ist, wie ich mir das gewünscht hätte. Man sieht schon noch einen sehr großen Unterschied zu den Teams aus Europa und Südamerika.

Vor allem zu den südamerikanischen Mannschaften. Die haben bisher noch kein Spiel verloren. Gut möglich, dass diese Teams die WM dominieren werden. In meinen Augen ist die große Überraschung Uruguay. Die sind super aufgestellt, vor allem mit Diego Forlan und Edinson Cavani vorne drin. Die werden für Furore sorgen und können locker bis ins Halbfinale marschieren.

Ihr

Giovanni Zarrella



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