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Ähnlich erfolgreich aber unterschiedlich in der Philosophie: Pep Guardiola und Jupp Heynckes
Ähnlich erfolgreich aber unterschiedlich in der Philosophie: Pep Guardiola und Jupp Heynckes

Guardiola vs. Heynckes: Höher, flexibler, riskanter

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Köln - Am 24. Juni 2013 übernahm Pep Guardiola den FC Bayern München und trat damit das schwere Erbe an, das ihm Jupp Heynckes nach seiner Saison mit Meisterschaft, Pokalsieg und dem Gewinn der Champions League hinterlassen hatte. Beide Trainer arbeiten ähnlich erfolgreich – und trotzdem unterscheiden sie sich in ihrer Philosophie grundlegend.

Mehr Titel für Guardiola

Dieser Artikel ist Teil der Serie "Guardiolas Bayern", die am Montag begonnen hat.

Eigentlich konnte Pep Guardiola nur verlieren. Die Triple-Saison 2012/13 seines Vorgängers Jupp Heynckes war das Beste, was der FC Bayern in seiner langen Erfolgsgeschichte je aufs Parkett gelegt hat. Bestenfalls hätte Guardiola diese Leistung bestätigen können, sie zu überbieten war aber unmöglich. Ein genauer Blick auf die Zahlen verrät jedoch: Der Spanier hat gleich in seiner ersten Spielzeit eine verblüffend ähnliche Saison gespielt wie Heynckes im Jahr zuvor – zumindest, was die Bilanz betrifft.

In der Bundesliga erreichte Heynckes 2012/13 einen neuen Punkterekord von 91 Zählern. Guardiola verpasste diese Marke in der vergangenen Saison mit 90 Punkten nur denkbar knapp. Zum Vergleich: Davor lag die Bestmarke gerade einmal bei 81 Punkten (Borussia Dortmund 2011/12). Das große Ziel vom erstmaligen Verteidigen der Champions League wurde zwar mit einem 0:4 gegen Real Madrid im Halbfinale vor eigener Kulisse jäh beendet, doch immerhin konnte Guardiola in seiner Premieren-Saison neben der Meisterschale und dem DFB-Pokal auch noch den UEFA Supercup und die FIFA Klub-WM gewinnen – und sammelte damit sogar einen Titel mehr als Heynckes im Triple-Jahr.

"Das sind zwei große Trainer, aber komplett unterschiedlich", resümierte Franck Ribery über die beiden Fußballlehrer. Die Unterschiede fangen schon beim System an: Während Heynckes in seiner letzten Amtszeit bei Bayern durchgängig im populären 4-2-3-1 spielen ließ, gibt es bei Guardiola häufig Systemwechsel zu beobachten, auch während der Spiele. Mal stellt der Spanier eine Doppelsechs auf, mal nur einen zentralen Spieler vor der Abwehr. Die Viererkette wird in jüngster Zeit immer häufiger von der Dreierkette ersetzt.

Lahm stellvertretend für Flexibilität

Stellvertretend für diese Flexibilität steht Philipp Lahm, der vor der Abwehr eine neue Rolle fand. An die größeren Räume im Mittelfeld musste der sich aber erst einmal gewöhnen, gewann in der vergangenen Saison nur noch 57 Prozent seiner Zweikämpfe (bei Heynckes waren es 2012/13 noch 62 Prozent). Dafür konnte Lahm aber seine Passquote von 88,8 auf 91,1 Prozent steigern.

Offensivere Grundausrichtung

Ohnehin zielt das Spiel von Guardiola auf deutlich mehr Ballbesitz ab: Im Mittel hatten die Bayern in der letzten Saison 66,6 Prozent Spielanteile (unter Heynckes nur 60,6 Prozent) und spielten durchschnittlich weit über 100 Pässe mehr pro Spiel. "Aber dieses Tiki-Taka", sagt Guardiola, "das ist genau das, was ich hasse, sich den Ball einfach nur zuspielen." Vielmehr darf der Ball im Angriff auch schon mal verloren werden, entscheidend ist nur, dass er sofort wieder zurückerobert wird, um dann die Unordnung in der gegnerischen Verteidigung gnadenlos auszunutzen (Zum Artikel: Lernen mit Xabi Alonso).

Das funktioniert aber nur, wenn die letzten Innenverteidiger sehr hoch stehen. "Ich möchte nur, dass sie ein paar Meter gemeinsam vorrücken, damit wir nicht getrennt stehen, wenn wir den Ball verlieren. Jede deutsche Mannschaft lässt dich sonst in einen Konter laufen, dass dir die Luft wegbleibt", warnt Guardiola. Tatsächlich lässt sich das mit Fakten belegen: Die Innenverteidiger standen unter Guardiola im Schnitt 40,3 Meter von der eigenen Torauslinie entfernt, bei Heynckes waren es nur 36,1 Meter.

"Deine Leistung bleibt immer heilig"

Manuel Neuer wird in dieser Rolle noch mehr zum Libero, wie man ihn bereits bestens aus dem WM-Spiel gegen Algerien kennt. Für ihn hat dieses System nur Vorteile: "Ich werde mehr als Torwart gesucht und darf den Aufbau mit einleiten. Das tut meiner Leistung gut." Selbstverständlich birgt diese Spielweise aber auch mehr Risiken. Unter Guardiola wurde die FCB-Defensive deutlich öfter mittels Passspiel des Gegners ausgehebelt, bekam dadurch in der letzten Saison 14 Gegentore (unter Heynckes waren es 2012/13 nur fünf). Heynckes Bayern setzten hingegen selbst deutlich mehr auf schnelles Umschaltspiel und erzielten somit fast dreimal so viele Kontertore wie die Mannschaft unter dem Spanier.

Lässt Guardiola in dieser laufenden Bundesliga-Saison weniger als 26 Zähler liegen, dann wird seine Punkte-Bilanz sogar noch besser sein, als die aus der zweijährigen Heynckes-Ära. Doch die Trainer-Legenden müssen sich gegenseitig ohnehin nichts beweisen. Als beide bei der Bambi-Verleihung im Oktober aufeinandertrafen, fand Guardiola bei der Laudatio für seinen Vorgänger genau die richtigen Worte: "Du hast mir ein perfektes Team übergeben. Das kann ich nicht toppen! Deine Leistung bleibt immer heilig in der Geschichte des Fußballs. Für mich persönlich bist du ein großes Vorbild. Fachlich, aber auch menschlich."

Karol Herrmann

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