Lustig ist das Bayern-Leben: Thomas Müller, Franck Ribery und Arjen Robben (v.l.) währen des Spiels gegen Lille
Lustig ist das Bayern-Leben: Thomas Müller, Franck Ribery und Arjen Robben (v.l.) währen des Spiels gegen Lille

Heile Welt mit Schönheitsfehler

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München - Am Ende kann man es als ironische Fußnote abtun, was sich nach einer knappen Stunde beim Duell Bayern gegen Lille abgespielt hat. OSC-Stürmer Salomon Kalou zirkelte den Ball rechts oben an die Unterkante der Latte, von dort sprang der Ball hinter FCB-Keeper Manuel Neuer in die Maschen.

Beste Aussichten auf die K.o.-Phase

Ausgerechnet Kalou. Ausgerechnet der ehemalige Chelsea-Spieler. Ausgerechnet einer, der beim größten Trauma der Bayern-Geschichte im vergangen Mai auf dem Rasen stand. Kalous Treffer war der einzige Makel an einem perfekten Abend für die Bayern. Längst entschieden war die einseitige Partie, die schließlich 6:1 endete.



Die kleine Unzulänglichkeit verschmerzten die Münchner Spieler an diesem Abend leicht. Viel gelacht hatten sie, viel gejubelt, sogar getanzt haben ein paar. Die heile Welt ist hergestellt: Spitzenreiter in der Liga, Spitzenreiter in der Champions-League-Gruppe und im Pokal das Achtelfinale gebucht. Entspannter blickten die Bayern-Bosse einer Mitgliederversammlung wohl selten entgegen als der am Donnerstagabend. "Im Moment", gibt Vorstand Karlz-Heinz Rummenigge zu, "haben wir eine heile Bayern-Welt."

Die Kicker selbst erwecken trotz der Erfolgsserie nicht den Eindruck, dass sie sich zufrieden geben könnten. Spielerisch leicht zerlegten sie den französischen Meister von 2011 - und trotz hoher Führung drängten sie vehement auf weitere Chancen.

Treffender als Gäste-Trainer Rudi Garcia kann man den Klassenunterschied wohl nicht beschreiben: "Es sah aus wie ein Jugendteam gegen eine erfahrene Mannschaft." In der 26. Minute schoss sein Team zum ersten Mal in Richtung Tor von Manuel Neuer, die erste Ecke erspielten sich die Franzosen drei Minuten vor der Pause.

"Gegen Chelsea konnten wir nicht nachlegen"



Viel Gesprächsbedarf herrschte auf Bayernseite nicht mehr nach der Partie. Bastian Schweinsteiger, David Alaba und Toni Kroos marschierten schnurstracks und ohne ein Wort durch die Interviewzone. Die Zahlen sprachen ja für sich: 61 Prozent Ballbesitz, 15:5 Torschüsse und 6:1 Tore.

Für dieses nahezu perfekte Spiel brauchten die Bayern noch nicht einmal ihre erste Elf, das war die wohl wertvollste Erkenntnis an diesem Abend. Claudio Pizarro trumpfte mit drei Toren auf, weil der etatmäßige Mittelstürmer Mario Mandzukic erkältet das Bett hütete. Stammspieler Toni Kroos saß nach überstandenen Magen-Darm-Problemen eine Stunde lang nur auf der Bank. Bilderbuchkombinationen kamen trotzdem zustande.

So schlug Trainer Jupp Heynckes dann doch noch einmal den ganz großen Bogen. "Gegen Chelsea konnten wir nicht nachlegen", stellte er mit Blick auf das verlorene Finale im Vorjahr fest: "Jetzt haben wir einen Kader, der in der Breite viel besser ist als im letzten Jahr."

Das gab am Ende auch derjenige zu, der für den einzigen Kratzer an der perfekten Fassade gesorgt hatte. "Bayern ist dieses Jahr noch stärker als in der vergangenen Saison", lobte Lilles Salomon Kalou. Und er muss es schließlich wissen.

Aus München berichtet Andreas Messmer