Florian Fromlowitz trat nach dem Selbstmord von Robert Enke das schwere Erbe als Nummer 1 an
Florian Fromlowitz trat nach dem Selbstmord von Robert Enke das schwere Erbe als Nummer 1 an

Hannover feiert mit weinendem Auge

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Als Torhüter Florian Fromlowitz im eigenen Strafraum zu Boden ging und den Tränen freien Lauf ließ, hatte eine schwierige Saison für Hannover 96 doch noch ein glückliches Ende gefunden.

Während der VfL Bochum nach dem 0:3 im rewirpowerSTADION gegen die Niedersachsen den sechsten Bundesliga-Abstieg der Vereinsgeschichte betrauerte, hatte auf Seiten der Gäste nicht nur Keeper Fromlowitz Tränen in den Augen.

Gedenken an Robert Enke

Die Hannoveraner, gerade dem fünften Bundesliga-Abstieg des Clubs entronnen, dachten im Moment des Glücks auch an jenen Mann, dessen persönliches Schicksal die gesamte Spielzeit überschattet hatte. "Wir haben für einen Mann gewonnen, der ist oben im Himmel - und der heißt Robert Enke", erklärte ein bewegter Florian Fromlowitz: "Ich hoffe, dass ich so eine Saison nie wieder erleben muss."

Gemeinsam mit den Kollegen hatte Fromlowitz nach Spielschluss ein Transparent mit der Aufschrift "Robert R.I.P" über den Rasen getragen, um an den im November aus dem Leben geschiedenen Ex-Kapitän und Torhüter zu erinnern. Nach dessen Freitod hatten die 96er zwölf Spiele in Folge nicht gewonnen, dabei elf Niederlagen kassiert und waren so überhaupt erst in eine scheinbar aussichtslose Situation geraten.

Kapitän Arnold Bruggink, der mit seinem frühen 1:0 (9.) den Grundstein zum Auswärtssieg gelegt hatte, standen ebenfalls Tränen in den Augen: "Alle haben an eine Sache gedacht, das war Robert. Wir hatten bisher nicht genug Zeit, um das zu verarbeiten. Mit dem Schlusspfiff kam alles raus", sagte der Niederländer, der auch das 2:0 durch Mike Hanke (23.) vorbereitet hatte. Sergio Pinto hatte mit dem 3:0 kurz vor der Pause schon alles klar gemacht.

Spontane Party am Samstagabend

So hatte die Saison der 96er, bei allen Gedenkgesten und allem Wehmut, letztlich doch noch ein kleines Happy End gefunden. Noch lange nach dem Schlusspfiff feierten die Hannoveraner Spieler mit den zu Tausenden nach Bochum mitgereisten Fans. Trotz der deftigen Pleiten beim FC Bayern (0:7) und in Leverkusen (0:3) hatten sich die "Roten" mit den spektakulär herausgespielten Siegen gegen Borussia Mönchengladbach (6:1) und in Bochum doch noch gerettet.

Das wurde schon in der Kabine in Bochum ausgiebig gefeiert. "Die Mannschaft war voller Adrenalin. Sie ist nach einer Saison voller Rückschläge zurückgekommen und ich habe großen Respekt vor ihr", lobte Trainer Mirko Slomka seine Jungs.

Die feierten nach der Rückkehr in die Heimat direkt weiter. Der Club hatte kurzerhand die AWD-Arena geöffnet und zur gemeinsamen Nichtabstiegs-Party geladen. Die begingen Fans und Spieler dann ausgelassen. Um 21:15 Uhr enterten Hannovers Helden tanzend die Arena. "Danke für die tolle Unterstützung in einem schwierigen Jahr", rief Konstantin Rausch den Fans zu. Clubboss Martin Kind freute sich: "In den letzten Wochen ist eine Identität zwischen Fans und Mannschaft entstanden, darauf kann man aufbauen."

Wosz nimmt Schuld auf sich

Vor einem kompletten Neuaufbau steht der VfL Bochum. Völlig konsterniert verfolgte Interimstrainer Dariusz Wosz von der Seitenlinie den schwachen Auftritt seiner Mannschaft in diesem "Endspiel" und nahm später sogar alle Schuld auf sich. "Ich möchte mich bei allen Fans entschuldigen. Wir wollten von Beginn an Druck machen, aber davon war nichts zu sehen. Das war zu meiner Zeit noch anders. Das war Angsthasen-Fußball. Ich habe keine Erklärung für so eine Leistung", sagte Wosz sichtlich mitgenommen.

Nach vier Jahren in der Bundesliga geht es für den VfL nun darum festzustellen, mit welchen Profis in der 2. Bundesliga der direkte Wiederaufstieg in Angriff genommen werden soll.

Matthias Becker