Hiroshi Kiyotake (v.) ist mit drei Treffern und fünf Vorlagen der Topscorer der Nürnberger
Hiroshi Kiyotake (v.) ist mit drei Treffern und fünf Vorlagen der Topscorer der Nürnberger

"Habe mir zehn Tore vorgenommen"

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Nürnberg - Beim 1. FC Nürnberg ging es in der Winterpause turbulent zu. Trainer Dieter Hecking verließ die Franken völlig überraschend in Richtung Wolfsburg. Zuvor spielte die Mannschaft unter seiner Regie eine ordentliche Hinrunde und rangiert vor dem Auftakt zur Rückrunde mit 20 Zählern auf Rang 14.

Zudem brachte der FCN mit Hiroshi Kiyotake eine der positiven Überraschungen der Hinrunde hervor. Der Japaner glänzte in seiner ersten Saison in der Bundesliga und benötigte quasi keine Integrationszeit. Vorm Rückrundenstart gegen den HSV zieht der Mittelfeldspieler Bilanz und lobt die Spielweise des Deutschen Meisters.

bundesliga.de: Herr Kiyotake, Sie haben gegen den nächsten "Club"-Gegner, den HSV, Ihr erstes Bundesligaspiel überhaupt bestritten. Was ging damals in Ihnen vor?

Hiroshi Kiyotake: Das weiß ich noch genau. Ich bin damals aus dem Spielertunnel gekommen und habe mir gesagt: Das wird jetzt mein erstes richtiges Spiel für den "Club". Ich erinnere mich an ein großes, vollbesetztes, reines Fußballstadion, mit vielen, vielen Gästefans, die den weiten Weg nach Hamburg auf sich genommen hatten.

bundesliga.de: Wie ist das in Japan? Begleiten die Fans Ihre Mannschaft auch zu Auswärtsspielen?

Kiyotake: Ja, aber nicht in dem Maße wie in der Bundesliga. Baseball ist die klare Nummer eins bei uns, aber der Fußball holt enorm auf. Für mich persönlich war Baseball nie eine Option, allein schon, weil mein Vater und meine Geschwister Fußball gespielt haben.

bundesliga.de: In der Hinrunde haben Sie 16 Spiele bestritten, Sie sind Stammspieler. Zufrieden?

Kiyotake: Geht so, ich hatte mir eigentlich vor der Saison zehn Tore und zehn Assists vorgenommen, umgerechnet habe ich das nicht ganz geschafft. Drei Tore und fünf Assists sind es geworden.

bundesliga.de: Das ist doch eine gute Bilanz.

Kiyotake: Das waren aber meist Standardsituationen. Ich würde gerne mehr aus dem Spiel heraus machen.

bundesliga.de: Der FCN gilt allerdings als defensivstarkes Team, das macht es einem kreativen Spieler wie Ihnen nicht leichter, oder?

Kiyotake: So ist die Situation nun mal, ich muss meine Stärken für das Team einbringen.

bundesliga.de: Der neue Trainer, Michael Wiesinger, will offensiver spielen lassen, schneller umschalten. Wurde das im Trainingslager in La Cala de Mijas schon eingeübt?

Kiyotake: Ja, wir haben vor allem auch am Passspiel gearbeitet und den eigenen Ballbesitz trainiert, aber solche Gewohnheiten lassen sich nicht so schnell umkrempeln, es wird ein wenig dauern, bis die ganze Mannschaft das umsetzen kann. Man kann schon mal lange Bälle schlagen, aber mir gefällt ein Passspiel natürlich besser.

bundesliga.de: Wie sehen Sie Ihre Rolle auf dem Platz?

Kiyotake: Ich mache gerne vorne meine Arbeit, gerne auch im gegnerischen Strafraum. Hier muss ich mich manchmal weit zurückfallen lassen um die Bälle abzuholen, das liegt mir nicht so, ich weiß aber, dass es anders nicht geht, wenn die Mannschaft erfolgreich sein will.

bundesliga.de: Welche Mannschaft imponiert Ihnen in der Bundesliga?

Kiyotake: Ganz klar, Dortmund. Die haben mit ihrer schnellen Ballzirkulation schon manche Abwehr alt aussehen lassen. Bayern hat natürlich auch eine tolle Mannschaft beisammen, aber spielerisch hat mir Dortmund schon am meisten imponiert.

bundesliga.de: Sie schwärmen ja richtig.

Kiyotake: Natürlich sollten wir uns als 1. FC Nürnberg nicht mit Dortmund vergleichen, was die individuelle Qualität angeht. Aber ich glaube, wenn wir uns von der Spielweise ein bisschen annähern würden, wäre das positiv.

bundesliga.de: Jetzt haben wir ausschließlich über Fußball gesprochen.

Kiyotake: Das stimmt. Sie sagen das jetzt, weil ich vergangene Woche gesagt habe, dass deutsche Journalisten im Vergleich zu japanischen viel mehr private Fragen stellen.

bundesliga.de: So schlimm?

Kiyotake: Nein, aber ich musste mich daran erst mal gewöhnen. Aber keine Sorge: Ich sage schon Bescheid, wenn es mir zu privat wird.

Das Gespräch führte Christoph Ruf