Grahl, der coole Debütant

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Frankfurt - Jens Grahl versteckte seine wahren Gefühle zunächst ziemlich gut. Vor den Reportern kam dem 25 Jahre alten Torwart der TSG 1899 Hoffenheim jedenfalls kein euphorisches Wort über die Lippen. Er sei mit seiner Leistung und dem Spiel zufrieden, sagte er betont sachlich.

Dabei hatte die TSG das wichtige Spiel bei Eintracht Frankfurter gerade mit 2:1 gewonnen - und Grahl sein allererstes Bundesliga-Spiel absolviert. Weil der bisherige Stammtorwart Koen Casteels immer mehr Fehler und immer weniger Heldentaten vollbrachte, schickte 1899-Trainer Markus Gisdol Grahl in Frankfurt auf den Platz. Bereuen musste er es nicht. „Der Jens hat’s gut gemacht“, lobte Gisdol.

 <h2>Fangesang in der Kabine</h2>

Viel zu tun hatte der Bundesliga-Debütant nicht, die Hoffenheimer verteidigten so gut wie selten gegen allerdings verhältnismäßig einfallslose Frankfurter. Ein paar Weitschüsse musste Grahl parieren, beim Gegentor zum zwischenzeitlichen Ausgleich durch Joselu (48.) wirkte er allerdings ein bisschen zögerlich, wie die ganze TSG-Abwehr.

Aber sonst sei das ja in Ordnung gewesen, meinte Grahl und ging in die Kabine. Dann aber zeigte er seine wahren Gefühle und stimmte im Kabinengang mit mächtiger Stimme einen Fangesang an und umarmte TSG-Manager Alexander Rosen.

Hoffenheim feierte damit einen tollen Abschluss einer aufregenden englischen Woche, die mit einem unnötigen 4:4 in der Bundesliga gegen den SV Werder Bremen begann und sich mit dem 3:1-Sieg im DFB-Pokal beim FC Schalke 04 fortsetzte.

 <h2>Volland: "Wenig Spektakel, ein schönes 2:1"</h2>

Nach dem bitteren, späten Ausgleich nach zweimaliger Führung gegen Bremen hatte noch Frust geherrscht im Kraichgau, nun sagte Stürmer Kevin Volland in Frankfurt: „Das war wenig Spektakel und ein schönes 2:1.“ Der Mut des immer mutigen wirkenden Trainers Gisdol wurde belohnt. Wie schon im Pokal durfte nicht nur Grahl von Anfang an ran, sondern auch in der Abwehr die Talente Niklas Süle, Jannik Vesterberg und Jeremy Toljan.

Routiniers wie David Abraham, Sejad Salihovic und Fabian Johnson saßen auf der Bank. Und ganz vorne hat der Grätsch- und Laufenthusiast Sven Schipplock Anthony Modeste vorerst verdrängt. Dem Angreifer, der in Frankfurt das 1:0 selbst erzielte (46.) und Firminos 2:1 (51.) vorbereitete, liegt ein neues Vertragsangebot der TSG vor, von dem Trainer Gisdol hofft, dass dieser es annimmt. „Mal schauen“, sagt Schipplock.

<h2>Heiliger Grahl auf dem Arm</h2>

Erst Mitte November verlängerten die Torhüter Casteels und Grahl ihre Verträge langfristig. Da musste Grahl noch davon ausgehen, künftig die Nummer 2 zu sein.  Doch nun will Gisdol sich erst mal nicht festlegen, wer künftig zwischen den Pfosten stehen wird. Vielleicht lasse er die Besetzung der Torwartposition in Zukunft so offen wie die der Feldspielerpositionen, sagte der Trainer.

Grahl jedenfalls hofft auf weitere Einsätze. Er hat auf dem linken Unterarm den heiligen Grahl und einen Tempelritter tätowiert - als Schutz, sozusagen.

<h2>Grahl "als Persönlichkeit gereift"</h2>

Die Zusammenarbeit mit dem in Stuttgart geborenen Torhüter, der einst von Greuther Fürth zur TSG stieß und zwischenzeitlich an den SC Paderborn verliehen war, sei ja nicht ohne Grund ausgedehnt worden, erklärte Sportdirektor Alexander Rosen, der einst selbst noch mit dem Grahl bei der TSG II gekickt hatte.

„Jens war schon immer egal, ob er vor 500 oder vor 5000 Zuschauern spielt", sagte Rosen. "Zuletzt ist er aber auch als Persönlichkeit gereift.“ Die gleiche Entwicklung erhoffen sich die Hoffenheimer Macher in dieser Spielzeit von der gesamten Mannschaft.

Aus Frankfurt berichtet Tobias Schächter