Leverkusens Andre Schürrle (o., im Duell mit Schalkes Atsuto Uchida) hatte gegen S04 einen schweren Stand
Leverkusens Andre Schürrle (o., im Duell mit Schalkes Atsuto Uchida) hatte gegen S04 einen schweren Stand

Goodbye "Königsklasse"

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Gelsenkirchen - Geträumt haben sie bis zuletzt von Madrid und Barcelona, doch nach der muss Bayer Leverkusen jetzt sogar um die Qualifikation für die Europa League bangen. Der Trend zeigt mit drei Niederlagen in Serie abwärts. Und die Leistungskurve der Bayer-Kicker auch.

Konkurrenz macht Druck

Noch vor einer Woche hatte Michal Kadlec im Gespräch mit bundesliga.de mit Blick auf Europas "Königsklasse" Optimismus verbreitet: "Da geht schon noch etwas!" Jetzt, nach einer schmeichelhaften 0:2-Pleite beim FC Schalke und einer schwachen Leistung, ist dieser Drops gelutscht. "Champions League?", fragte Andre Schürrle nach dem Spiel fast ungläubig in die Runde. "Diese Geschichte ist für uns vorbei!"



Man müsse sich jetzt darauf konzentrieren, die Europa League zu sichern, waren sich die Spieler einig und lagen damit auf der Linie ihres Sportdirektors. "Die Champions League hat sich erledigt. Wir müssen zusehen, dass wir den 5. Platz verteidigen", forderte ein sichtlich angefressener Rudi Völler.

Denn während die eigene Leistung auch für Völler gegen Schalke "absolut enttäuschend" war, rückt die Konkurrenz immer näher an die Werkself heran. Bremen hat mit 40 Zählern aufgeschlossen, Stuttgart liegt nur noch einen Punkt zurück, Hannover hat gerade einmal zwei Punkte weniger auf dem Konto und auch der VfL Wolfsburg hat sich mit 37 Zählern zurückgemeldet im Kampf um den internationalen Fußball. "Es wird langsam eng, aber wir dürfen jetzt nur auf uns schauen", rät Schürrle.

Genug zu tun hätte die Bayer-Elf damit. Denn die Vorstellung auf Schalke offenbarte gleich mehrere Baustellen. Größtes Problem: Die Mannschaft ließ Entschlossenheit und Siegeswillen vermissen. "Wir müssen mehr tun, wir müssen uns zerreißen", schimpfte Rudi Völler.

"Nötige Power hat gefehlt"



Gegen Schalke aber deutete allein die Körpersprache schon früh auf Resignation hin. Als Renato Augusto in der 38. Minute den Ball verlor, stemmte er die Hände in die Hüften und blickte kopfschüttelnd zum Himmel. Statt den Ball zurückzuerobern, schaute er dem Treiben frustriert zu. Nur ein Beispiel - aber bei weitem kein Einzelfall.

Was der Elf auch fehlte, war die Überzeugung im Spiel nach vorn. Ganze zwei Schüsse gingen auf das Tor des Gegners. "Wir waren nicht zielstrebig genug. Da hat Schalke uns vorgemacht, wie es geht", ärgerte sich Simon Rolfes. Andre Schürrle allerdings wollte fehlende Durchschlagskraft und mangelnde Torgefahr nicht allein an den Angriffsspielern festmachen. "Da müssen alle mehr nach vorne machen", fordert Schürrle, "uns hat insgesamt die nötige Power gefehlt auf dem Platz."

Was auch für das Defensivverhalten gelten darf. "Wenigstens in der zweiten Halbzeit sind wir besser in die Zweikämpfe gekommen", suchte Simon Rolfes nach dem Spiel gegen Schalke einen kleinen Hoffnungsschimmer. Angesichts von insgesamt nur 44 Prozent gewonnener Duelle fiel der allerdings eher bescheiden aus.

Mit den Kräften am Ende



Sogar der Gegner hatte sich über die Räume gewundert, die Leverkusen bot. "Das war unglaublich", meinte Schalkes Christian Fuchs im Gespräch mit bundesliga.de. Und auch Torjäger Klaas-Jan Huntelaar wähnte sich im Schlaraffenland, weil die Bayer-Abwehr bei seinen Kopfballtreffern gebührend Abstand hielt. "Abstimmungsprobleme" umschrieb Andre Schürrle charmant den Geleitschutz, den Bayers Innenverteidiger gewährt hatten. Einzig auf Bernd Leno war einmal mehr Verlass; der Torhüter parierte gleich mehrfach glänzend.

Für Robin Dutt gibt es indes zumindest einen Grund, warum es bei seiner Elf seit einiger Zeit nicht gut läuft. "Die Mannschaft geht auf dem Zahnfleisch, die Jungs sind einfach nicht frisch", haderte der Trainer nach dem Schalke-Spiel. Das Verletzungspech lasse ihm kaum Alternativen - nach Ballack, Bender, Corluka und Sam fällt jetzt Danny da Costa mit einem Muskelfaserriss aus.

Immerhin konnte Tranquilo Barnetta auf Schalke das Ende seiner Leidenszeit feiern. Nach seiner Knie-Operation durfte der Schweizer seine ersten 19 Bundesliga-Minuten dieser Saison feiern. Und das ist vor dem Heimspiel gegen den zurzeit formstarken SC Freiburg doch wenigstens ein kleiner Lichtblick am derzeit trüben Bayer-Himmel.

Dietmar Nolte