So sehen die Tifosi der Roma ihren Capitano am liebsten! Francesco Totti ist der zweitbeste Torjäger aller Zeiten in der Serie A
So sehen die Tifosi der Roma ihren Capitano am liebsten! Francesco Totti ist der zweitbeste Torjäger aller Zeiten in der Serie A

"Genie und Naturgewalt" - Roma-Star Totti im Porträt

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Rom/Köln - Elf Meter maß das Spruchband, das Ende September am Kolosseum flatterte. "38 Jahre Fieber der Liebe, 38 Jahre mit dir: Alles Gute zum Geburtstag mein Capitano!"

Ältester Torschütze der Champions League

Francesco Totti dankte seinen ergebenen Tifosi artig und wünschte sich zum 38. vor allem, am 7. Juni als glücklichster Mensch der Welt aufzuwachen. Es ist der Morgen nach dem Finale der Champions League in Berlin, und an die deutsche Hauptstadt trägt er seit dem WM-Erfolg 2006 ohnehin angenehme Erinnerungen. "Vielleicht bedeutet der Ort für mich ein günstiges Schicksal. Gott existiert, also vertraue ich auf den Glauben."

Der Fußball-Gott zeigte dem Vertrauen bisher die kalte Schulter. Als Junge sah der passionierte Fan seine AS Roma 1984 im heimischen Olympiastadion das Landesmeister-Endspiel gegen Liverpool verlieren. Als Profi war der zweimalige Einzug ins Viertelfinale der Königsklasse sein größter Erfolg. Seit dem Tor bei Manchester City steht Francesco Totti unter "ältester Torschütze der Champions League" wenigstens in den Rekordstatistiken des Wettbewerbs. Damals löste er Ryan Giggs von Manchester United ab.

Freilich hätte er Rom zum Titelscheffeln verlassen können. 2004 stand er kurz vor einem Wechsel zu Real Madrid, sein Herz ließ einen Umzug am Ende nicht zu. "Ich bin bei der Roma groß geworden, war immer Fan des Vereins und werde bei der Roma sterben", sagte er einmal. Aus Tottis Mund klingt das nicht nach schalem Pathos. Man würde ja auch nicht das Kolosseum aus Rom transferieren, geschweige denn den König der Stadt.

Witze über Tottis Verstand

Für den Rest des Landes hingegen war Totti vor einigen Jahren eher italienisches Pendant zum Ostfriesen. Italien amüsierte sich begeistert an den allerorts kursierenden Witzen über Totti, die den Verstand des Capitano durch die Schlucht der Schadenfreude trieben. Das klang dann etwa so: "Name? – Francesco. – Nachname? – Totti. – Geboren? – Ja." Er lachte über sich selbst, sammelte die Kalauer und gab sie als zwei Bücher heraus – "Alle Witze über Totti, von mir gesammelt", der komplette Erlös ging an Unicef. Die Selbstironie fand Anklang. "Es war eine selbstreinigende Phase, die Bücher herauszubringen. Man versteht mehr von den Schattenseiten der Popularität", begründete der Römer.

Von Popularität kann der 38-Jährige reichlich plaudern. Geboren? Si. In der Ewigen Stadt und seither Ikone. Totti begann mit 13 Jahren bei der Roma und ist die letzte so genannte „Bandiera“ (Flagge) des italienischen Fußballs, weil er nie für einen anderen Club spielte. Auch deshalb geht sein Status in einer der hysterischsten Fußballstädte Italiens weit über den des Spielers hinaus. Sein Name und Konterfei zieren die Wände der Metropole, sie rufen ihn "unser Jungchen". Die Hochzeit mit TV-Sternchen Ilary Blasi am 19. Juni 2005 wurde zum Medienereignis. Der Sender Sky24 berichtete auf seiner Nachrichtenplattform damals stundenlang, am Ende mussten auf Grund des großen Andrangs sogar Bushaltestellen verlegt oder gesperrt werden.

"Ich stehe bei dieser Stadt in der Schuld"

"Manchmal ist es erdrückend, doch ich stehe bei dieser Stadt in der Schuld", sagte Totti. Die Römer müssen keine Sekunde überlegen, wer zwischen dem Papst und der Nummer 10 der bedeutendere Francesco ist. Er steht nun in seiner 23. Saison im Verein und spielt gefühlt seit Roms Gründung im Dress der Gelbroten, für die er so gut wie jeden erdenklichen Rekord hält – wie die 293 Tore und 714 Pflichtspiele oder die 90 Europapokalpartien.

„Er ist ein einzigartiges Genie, eine Naturgewalt und hat die Physis eines 28-Jährigen – so kann er noch auf Jahre seine Karriere fortsetzen“, sagte Trainer Rudi Garcia kürzlich. Was danach kommt, weiß Totti noch nicht. Den Trainerjob hat er jedenfalls ausgeschlossen: "Das tue ich mir nicht an, Fußballer sind einfach zu verrückt." Mindestens bis 40 will er sich weiter im Kreise der Verrückten tummeln, und dabei am kommenden 7. Juni als glücklichster Mensch der Welt aufwachen.

Oliver Birkner