Der Gladbacher Marco Reus (r.) erzielte gegen Wolfsburg seine Bundesliga-Treffer 19 und 20
Der Gladbacher Marco Reus (r.) erzielte gegen Wolfsburg seine Bundesliga-Treffer 19 und 20

Geheimtipp Borussia

xwhatsappmailcopy-link

Mönchengladbach - Die Zeiten ändern sich. Innerhalb eines halben Jahres hat sich Borussia Mönchengladbach vom bereits sicher geglaubten Bundesliga-Absteiger zum Geheimtipp der neuen Saison entwickelt. Der vorläufige Höhepunkt war das wie im Rausch herausgespielte 4:1 gegen den VfL Wolfsburg.

Die "Fohlen" haben den Schwung des Endspurts der vergangenen Spielzeit komplett in die neue Runde retten können. Seit nun mehr saisonübergreifend sieben Bundesliga-Spielen und zehn Pflichtspielen (inklusive Relegation und Pokal) ist die Borussia nun unbesiegt und hat dabei ganz nebenbei mit Dortmund, den Bayern und aktuell dem VfL Wolfsburg auch die Meister der letzten drei Jahre geschlagen.

So gut wie seit 16 Jahren nicht mehr

Und anders als zuletzt brannte die "Elf vom Niederrhein" dabei diesmal auch ein Offensivspektakel ab, wie es der Borussia-Park selten erlebte. Nach der Traumkombination über mehrere Stationen, die zum 4:1 durch Marco Reus führte, sagte selbst der Stadionsprecher: "Ich bin sprachlos." Der Lohn für diesen Gala-Abend war die Tabellenführung für die Borussia, die so gut in eine neue Saison startete wie seit 16 Jahren nicht mehr.

"Jetzt müssen wir nicht mehr die Tabelle drehen, um uns oben zu sehen", scherzte Borussia-Stürmer Mike Hanke strahlend, um dann pflichtbewusst hinterher zuschieben: "Wir müssen weiter arbeiten und wollen auch auf Schalke ein gutes Spiel zeigen." Die Mannschaft hat in den letzten Monaten offensichtlich hart gearbeitet, das Konzept des Trainers verstanden und Erfolgserlebnisse gefeiert. Unter Lucien Favre gewann die Borussia acht von 15 Spielen und holte 27 Punkte. Das sind Topwerte und "kein Zufall", wie Mike Hanke weiter verriet.

Bobadilla nicht wiederzuerkennen

"Wir haben sehr viel umgesetzt von dem, was wir im Training einstudiert haben. Zum Beispiel das vierte Tor, das Marco Reus erzielt", erklärt der 27-Jährige. "Da geht es schon hinten los. "Pipo" Daems spielt den Ball auf Roman Neustädter, Doppelpass mit mir, dann über rechts und Flanke. Das haben wir so einstudiert." Neben der akribischen Trainingsarbeit hat Lucien Favre auch bewiesen, dass er als Psychologe ein feines Gespür besitzt. Aus dem noch vor einem halben Jahr als undisziplinierten und egoistisch veranlagten Problemfall abgeschobenen Raul Bobadilla machte er einen mannschaftsdienlichen Rackerer. Der Südamerikaner zahlte das Vertrauen mit einer grandiosen Leistung zurück, glänzte als Vorlagengeber genauso wie als Vollstrecker.

"Wir wissen alle, was Raul spielen kann", freute sich Borussias Mittelfeldspieler Thorben Marx. "Diesmal hat er fast alles richtig gemacht. Wenn er so weitermacht, ist er eine Riesenverstärkung für uns." Wenn die Borussen-Spieler jetzt nicht wie im Vorjahr nach dem 6:3-Erfolg in Leverkusen abheben, könnte Mönchengladbach in diesem Jahr noch für so manche weitere Überraschung sorgen. "Wir wissen nicht zuletzt aus den Erlebnissen der vergangenen Saison, dass wir jede Woche alles geben müssen, um in der Bundesliga ein Spiel zu gewinnen", gibt sich Borussia-Verteidiger Dante demütig.

Tabelle nicht wichtig

"Es reichen keine ein, zwei guten Spiele in einer Saison - man muss sich jede Woche aufs Neue beweisen. Das war ein guter Anfang, mehr aber auch nicht. Es bringt noch nichts, jetzt auf die Tabelle zu gucken. Drei Spiele, sieben Punkte - das ist wichtiger als die Tabelle", sagt der Brasilianer weiter. Jetzt haben die Profis erst einmal zwei Tage frei, um zu regenerieren.

Danach gilt die volle Konzentration dem Spiel beim FC Schalke 04. Gegen die "Knappen" feierte Lucien Favre vor einem halben Jahr seinen Einstand bei der Borussia mit einem 2:1-Heimsieg. Eine Wiederholung dieses Ergebnisses wäre nach den derzeitigen Leistungen beider Teams keine ganz so große Überraschung mehr.

Aus Mönchengladbach berichtet Tobias Gonscherowski