Lionel Messi (r., hier gegen David Beckham) und Barca schalteten im Viertelfinale Paris St. Germain aus
Lionel Messi (r., hier gegen David Beckham) und Barca schalteten im Viertelfinale Paris St. Germain aus

"Gegen Messi gibt es keine Formel"

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Köln - Es gibt eine Frage, die kann keiner im Fußball so richtig beantworten: Wie stoppt man Lionel Messi? Vor dem ersten Halbfinale der Champions League zwischen dem FC Bayern und dem FC Barcelona (Dienstag, ab 20:15 Uhr im Live-Ticker/Liga-Radio) hat sich bundesliga.de das Phänomen Messi von dem spanischen Journalisten und Fußballexperten Miguel Gutierrez, der die Primera Division seit Jahren in Spanien verfolgt, erklären lassen.

Countdown zu Bayern - Barca

bundesliga.de: Herr Gutierrez, eine kurze Frage zuerst: Wie stoppt man Messi?

Miguel Gutierrez: Da habe ich eine kurze Antwort: Dafür gibt es keine Formel!

bundesliga.de: Wie versuchen es denn die spanischen Clubs in den Ligaspielen: Gibt es in jeder Mannschaft einen speziellen Messi-Bewacher?

Gutierrez: Es macht praktisch keinen Sinn zu versuchen, Messi in Manndeckung zu nehmen. Er ist so schnell und führt den Ball so eng am Fuß, dass man als Gegenspieler kaum an den Ball kommen kann. Einen Terrier gegen Messi zu stellen bringt einfach nichts.

bundesliga.de: Was bringt denn eher etwas?

Gutierrez: Messi sucht immer wieder die Eins-gegen-Eins-Situation, und im direkten Zweikampf gelingt es schon eher, ihm dabei den Ball abzuluchsen. Vor allem, wenn die Räume sehr eng sind. Aber auch das ist schwierig, weil Messi überall auf dem Platz unterwegs ist.

bundesliga.de: Wie sieht es mit Härte gegen Messi aus?

Gutierrez: Natürlich versuchen viele Gegenspieler ihn auch zu foulen. Aber was nützt eine frühe Gelbe Karte für einen Gegenspieler, der sich anschließend in Zweikämpfen mit Messi zurückhalten muss? Und wer Messi böse foult, wird sofort zum Buhmann. So wie der Ex-Hamburger Tomas Ujfalusi, der Messi 2010 im Spiel gegen Atletico Madrid am Knöchel verletzt hat. Oder Pepe von Real Madrid, der Messi auf die Hand getreten hat.

bundesliga.de: Apropos Real: Wie spielt denn Madrid im Clasico normalerweise gegen Messi?

Gutierrez: In der Regel kümmern sich die beiden Innenverteidiger Sergio Ramos und Raphael Varane abwechselnd um ihn und übernehmen ihn in verschiedenen Zonen.

bundesliga.de: Wie sieht eigentlich ein typischer Messi-Angriff aus?

Gutierrez: Messi läuft gerne in die Schnittstelle zwischen den Abwehrspielern oder lässt sich nach Doppelpass dort anspielen. Dann schließt er blitzschnell und unglaublich platziert und gefühlvoll ab, er schiebt oft mit einer sensationellen Präzision ein.

bundesliga.de: Warum glänzt Messi regelmäßig bei Barcelona und selten in der argentinischen Nationalmannschaft?

Gutierrez: Ein Weltklasse-Spieler braucht auch Weltklasse-Mitspieler. Die hat er im Club in Xavi oder Iniesta.

bundesliga.de: Wie hat man in Spanien grundsätzlich die Auslosung des Halbfinals der Champions League aufgenommen?

Gutierrez: Sehr gut, denn man träumt von einem rein spanischen Finale. Beide hätten aber lieber gegen Dortmund gespielt, denn das sehen sie als das leichtere Los an. Der Respekt vor Dortmund ist aber vorhanden.

bundesliga.de: Und wie sieht man in Spanien den FC Bayern?

Gutierrez: Die Bayern werden neben Barca und Real als das dritte große Team in Europa angesehen. Und sie werden in diesem Jahr noch stärker eingeschätzt als im Vorjahr, als sie ja schon das Champions League-Finale erreicht haben. Durch den Wechsel von Javier Martinez nach München ist zusätzlich noch eine spanische Farbe ins Spiel gekommen.

bundesliga.de: Zu guter Letzt: Woher stammt der Begriff "Bestia negra", der für den FC Bayern in der spanischen Presse genutzt wird?

Gutierrez: Den hat ein spanischer Journalist geprägt, weil die Bayern wieder mal gegen Real Madrid gewonnen hatten. 'Bestia negra', also "Schwarze Bestie', sollte ausdrücken, dass Real allmählich Angst vor den Bayern bekommen hat. 'Bestia negra' wird aber nur in Zusammenhang mit Real Madrid und den Bayern gebraucht, nicht im Zusammenhang mit Barcelona und Bayern.

Das Gespräch führte Stefan Kusche