Lionel Messi trifft im Hinspiel für den FC Barcelona
Lionel Messi trifft im Hinspiel für den FC Barcelona

Gedämpft euphorisch, gelassen optimistisch

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"Weiterkommen wäre Ausrufezeichen"

München - Die Bilder gleichen sich. Seinen jetzigen Auftritt auf der Pressekonferenz vor dem Halbfinal-Rückspiel in der Champions League gegen den FC Barcelona bezeichnete Thomas Müller als eine Art "Abklatsch". Bereits vor drei Wochen vor dem Viertelfinal-Rückspiel gegen den FC Porto verbreitete Müller an gleicher Stelle Optimismus. Die Aufgabe nun gegen Barcelona ist wesentlich schwerer - die Zuversicht trotzdem nur unwesentlich geringer.

"Ich bin nicht euphorisch, aber auch nicht pessimistisch", räumte Müller gleich zu Beginn ein. "Wir wollen unsere Chance nutzen, aber dass die schon mal größer war, weiß jeder." In der Tat droht der FC Bayern nach der 0:3-Niederlage im Camp Nou vergangene Woche das Finale am 6. Juni in Berlin zu verpassen. Doch das drohende vorzeitige Ende dieses Traums ist nicht neu und zieht sich bei den Bayern wie ein roter Faden durch die K.o.-Phase der Königsklasse. Ob nach dem 0:0 im Achtelfinal-Hinspiel gegen Shakhtar Donetsk oder später im Viertelfinale nach dem 1:3 beim FC Porto - immer hatten die Bayern in den Rückspielen die passenden Antworten parat.

Gerade die Erinnerungen an die 6:1-Gala gegen Porto vor drei Wochen sind noch frisch. Damals sprach Müller im Vorfeld davon, dass man "kein fußballerisches Weltwunder" benötigen werde. Vor dem erneuten Duell vermied es der 25-Jährige, das viel zitierte Wunder zu beschwören. "Wenn wir weiterkommen, wäre das ein Ausrufezeichen, das die Fußballwelt so nicht erwarten würde." Die Interpretation überließ er den Journalisten. "Wir wollen euch jedenfalls die Chance geben, dass ihr es als Wunder betiteln könnt."

Trainer Pep Guardiola schätzte die Ausgangslage ebenfalls realistisch ein, warnte aber davor, Vergleiche zum Viertelfinale zu ziehen. "Ein 1:3 gegen Porto ist komplett anders als ein 0:3 gegen Barcelona", sagte der Katalane. "Aber die Spieler haben gezeigt, dass sie es schaffen können."

Insbesondere das fulminante 6:1 gegen Porto hat Eindruck hinterlassen - auch bei Barcelonas Trainer Luis Enrique. Er gehe davon aus, das seine Spieler in München leiden müssen, sagte Enrique mit Blick auf die Partie am Dienstag und fügte hinzu: "Das Duell ist noch nicht entschieden, es sieht noch nicht einmal gut aus für uns." Müller wollte von diesem Taktieren seitens des Gegners nichts wissen. "Barcelona führt trotz dieses Satzes 3:0 nach dem Hinspiel", sagte der Offensivspieler.

Andere Herangehensweise als im Hinspiel

Auch sein Coach wollte sich nicht allzu sehr mit den Aussagen seines Gegenüber beschäftigen. "Wir müssen uns auf unsere Spielweise fokussieren", betonte Guardiola. Und die wird sich voraussichtlich im Vergleich zur Partie in Barcelona ändern. Vor einer Woche begann Guardiola mit einer Dreierkette - ein Risiko, das er mit der Umstellung auf eine Viererkette bereits in der Anfangsphase korrigierte.

Trotz besserer Kontrolle im zweiten Durchgang, erspielten sich die Bayern kaum Torchancen und fingen sich in der Schlussphase die drei Treffer. Im Rückspiel setzt Guardiola ebenfalls auf Kontrolle. "Wir müssen geduldig sein, denn wir müssen nicht alles in 20 Minuten regeln", erklärte der 44-Jährige. "Wir werden schauen, wie wir besser angreifen können."

Müller sprach von einem klugen Plan, den sich die Bayern zurechtlegen wollen. "Die Dreierkette war kein Problem, aber wir waren ein bisschen unruhig am Ball. Wir müssen eine gute Mischung finden, um besser anzugreifen", betonte Müller. Daher gehe man durchaus mit "offenem Visier" ins Spiel, "aber nicht dumm!"

Fehlen der "Fahnenträger" keine Ausrede

Wohlwissend um die Gefahr: Sollte Lionel Messi, Neymar und Co. ein Tor gelingen, bräuchten die Bayern schon deren fünf. "Ich denke nicht an Hypothesen, was wäre, wenn Barcelona ein Tor schießen würde", entgegnete Guadiola. Dennoch warnte er vor der Offensive seines ehemaligen Clubs. "Sie haben die weltbesten Konterspieler", sagte Guardiola.

Für die Konterattacken seiner Mannschaft vermisst er die verletzten Franck Ribery und Arjen Robben schmerzlich - gerade in solch großen K.o.-Spielen. "Sie sind Wettbewerbstiere und die Fahnenträger des Clubs", unterstrich Guardiola. Aber ihr Fehlen dürfe keine Ausrede sein. Schließlich habe die Mannschaft gezeigt, dass sie auch ohne verletzte Schlüsselspieler zu herausragenden Leistungen fähig ist. Guardiola setzt auf die "Qualität der anderen" - so wie im Rückspiel gegen Porto. Allerdings benötigen die Bayern gegen Barcelona mehr als nur einen Abklatsch dieser Gala.

Aus München berichtet Maximilian Lotz