Nürnbergs neuer Trainer Gertjan Verbeek (r.) musste vor Anpfiff der Partie in Stuttgart erst einmal ein Blitzlichtgewitter über sich ergehen lassen (© Imago)
Nürnbergs neuer Trainer Gertjan Verbeek (r.) musste vor Anpfiff der Partie in Stuttgart erst einmal ein Blitzlichtgewitter über sich ergehen lassen (© Imago)

Fortschritte, aber noch kein Rock 'n' roll

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Stuttgart - Das erste Spiel unter dem neuen Trainer Gertjan Verbeek: Remis in Stuttgart, eine ordentliche Leistung abgeliefert, ebenbürtig gewesen. Nur: Die Nürnberger brauchen Siege - sonst treten sie auf der Stelle.

Ein Club-Sieg war möglich

Eines muss man Gertjan Verbeek lassen: Er ist ein lässiger, ein richtig cooler Typ. Marke entspannt und gelassen. Im schicken blauen Anzug stand er bei seinem Bundesliga-Debüt an der Seitenlinie in der Stuttgarter Mercedes-Benz-Arena und dirigierte über 90 Minuten seine fränkischen Untergebenen.

Dass es am Ende zu langte, immerhin einem wichtigen Punktgewinn in der aktuell angespannten Tabellensituation, lag auch schon ein Stück an Verbeek. Dem Mann, der mit so vielen teils voreiligen Beschreibungen nach Nürnberg kam. "Harter Hund", "Schleifer", "Disziplinfanatiker" oder "Der Trainer mit der Rod-Stewart-Gedächtnisfrisur" - nur: So richtig Rock n‘Roll war das noch nicht, was der "Club" beim VfB Stuttgart am Freitagabend abspielte.



Ein Aufwärtstrend war allerdings durchaus zu erkennen. Nach einer zweiwöchigen schwierigen Trainersuche, vielen Remis in der Liga, aber auch herben Pleiten wie dem 0:5 gegen den Hamburger SV zeigten die Nürnberger, dass sie durchaus in der Lage sind, ordentlich Fußball zu spielen. Genau genommen waren sie zumindest in technischer Hinsicht sogar das bessere Team in Stuttgart und hätten mit ein wenig Glück sogar gewinnen können.

Verbeek, vormals Trainer bei AZ Alkmaar, zeigte sich nach der Partie dann auch einverstanden mit der Leistung seiner Mannschaft. "Das Resultat ist nicht so schlecht, aber unser Fußballspiel muss besser werden. Aber ich bin zufrieden, das erste Spiel ist immer wichtig, mit einem 1:1 kann ich leben", resümierte er. Ein Blick auf die Statistik stützte die Aussagen des 51-jährigen Niederländers. 6:4 Schüsse auf das Tor und 4:2 Ecken: Die Nürnberger hatten sich in Stuttgart nicht versteckt.

Schöner Treffer von Drmic



Die Leistung der Franken ist umso höher einzuschätzen, da sie bereits nach drei Minuten in Rückstand gerieten. Der junge Niklas Stark, der insgesamt erneut eine starke Leistung bot, hatte Stuttgarts Alexandru Maxim von den Beinen geholt. Es gab Elfmeter, den VfB-Torjäger Vedad Ibisevic locker verwandelte. Wie stabil die Nürnberger aber trotz der vielen Negativ-Erlebnisse immer noch sind, zeigte die Szene drei Minuten später. Tolles Zuspiel von Timothy Chandler, ganz feiner Abschluss des immer stärker werdenden Josip Drmic: Ausgleich, schon der vierte Saisontreffer von Drmic.

Fakt ist: Die Nürnberger verfügen über sehr gute Solisten. Ob der genannte Drmic, der in Stuttgart bärenstarke Japaner Hiroshi Kiyotake, Adam Hlousek oder auch Robert Mak - sie alle bewiesen, dass sie durchaus wettbewerbsfähig sind. Allerdings kämpfen die Nürnberger nach wie vor mit ihrem Hauptproblem: dem Spiel bei Ballbesitz. "Man hat schon einige gute Ansätze bei uns gesehen. Aber wir müssen den Ball länger in den eigenen Reihen halten und die Spielzüge konsequenter zu Ende spielen", kennt auch der neue starke Mann Verbeek die Quelle des Übels.

Siege müssen her



Zehn Spiele, sieben Unentschieden, kein Sieg - auch die Nürnberger kennen diese Zahlen. Ohne einen Sieg und drei Punkte wird es schwer, sich aus den unteren Tabellenregionen zu lösen. "Der Punkt ist in Ordnung, aber wir wären endlich mal froh, wenn es mit dem ersten Sieg klappt", sagte Abwehrmann Per Nilsson, der in Stuttgart neben Emanuel Pogatetz eine ordentliche Vorstellung bot.

So kommt nun bereits der nächsten Partie gegen den SC Freiburg eine immense Bedeutung zu. Gegen die bislang ebenfalls noch sieglosen Breisgauer ist ein Sieg Pflicht. Gelingt das nicht, könnte der Effekt eines neuen Trainers, der in Stuttgart durchaus zu spüren war, schnell verpufft sein. Dann würde es heißen: Trauermarsch statt Rock n Roll im Frankenland.

Aus Stuttgart berichtet Jens Fischer