Redebedarf: Pep Guardiola (r.) instruiert seinen Kapitän Philipp Lahm
Redebedarf: Pep Guardiola (r.) instruiert seinen Kapitän Philipp Lahm

FCB unter Pep: Facelift mit Problemzonen

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München - Vorne gefällig, hinten anfällig: Beim FC Bayern im ersten Bundesliga-Spiel unter Pep Guardiola. Mit der Defensive bereitete ausgerechnet das Prunkstück der Triple-Saison Sorgen beim Auftakt gegen Gladbach. Das System mit nur einem Sechser vor der Abwehr sollte zur großen Stärke unter Guardiola werden. Momentan gerät es zum großen Wagnis.

Ein Hauch von Tiqui-taca

Es hätte auch schiefgehen können, das war Pep Guardiola nach dem bewusst. "Das erste Spiel als neuer Trainer in einem neuem Verein ist nie einfach", räumte der Spanier ein. Sein erfolgreiches Debüt verdankte er zu einem großen Teil Gladbachs Abschlussschwäche.



Dabei sah es besonders in der ersten Hälfte gut aus, was seine Mannschaft zeigte. Der Ball zirkulierte flüssig durch die eigenen Reihen, kaum Fehlpässe, flinke Kombinationen - ein Hauch von Tiqui-taca wehte durch die Allianz Arena. Die offensivere Ausrichtung im 4-1-4-1 mit den offensiven Toni Kroos und Thomas Müller auf den Halbpositionen wirkte sich merklich auf das Angriffsspiel aus. Die Bayern schossen wesentlich häufiger aufs Tor und erspielten sich mehr Großchancen, als es in der Vorsaison durchschnittlich der Fall war.

Die Kehrseite von Peps Offensivkur: Abstimmungsprobleme und große Abstände zwischen den Mannschaftsteilen ermöglichten Gladbach elf Torschüsse und 15 Flanken. In beiden Kategorien ließ der FC Bayern in der Vorsaison unter Jupp Heynckes im Schnitt wesentlich weniger zu. Das Gladbacher Tor fiel am Freitag ebenfalls nach einer Hereingabe vom Flügel.

Die "Fohlen"-Angreifer zwangen Nationalkeeper Manuel Neuer außerdem zu vier starken Paraden. Im Vorjahr hatte sich der Keeper die Zeit während mancher Spiele noch mit Aufwärmübungen vertrieben. "Es lag an der Absicherung", stellte Neuer hinterher fest.

Fehlt Schweinsteiger die Frische? Oder der Nebenmann?

Für die Absicherung war im Vorjahr Javi Martinez zuständig. Als defensiver Abräumer neben Bastian Schweinsteiger fegte er bei gegnerischen Angriffsbemühungen früh dazwischen. Beim Auftakt schmorte Martinez 85 Minuten auf der Bank, Guardiola sieht ihn eher als Innenverteidiger. Doch Schweinsteiger fehlen derzeit Tempo und Spritzigkeit, um die Aufgabe auf der Sechs allein zu meistern.

In seinen 73 Minuten gegen Gladbach war Schweinsteiger 66 Mal am Ball - das ist halb so oft wie beispielsweise Franck Ribery in 90 Minuten. Dabei gewann Schweinsteiger gerade einmal die Hälfte seiner Zweikämpfe und war nur an einem Torschuss beteiligt.

Die kombinationsstarken Max Kruse und Raffael hatten es deshalb leicht, das Mittelfeld nach Balleroberung schnell zu überbrücken und die Flügelspieler Patrick Herrmann und Juan Arango einzusetzen. Die hatten viel Platz, weil Bayerns Außenverteidiger Philipp Lahm und David Alaba gewohnt weit aufrückten. Das Umschaltspiel funktionierte also nicht. Eigentorschütze Dante forderte deshalb: "Konzentrieren ist wichtig, wenn wir angreifen, müssen wir sofort decken, decken, decken."

"Vielleicht muss ich mich in Zukunft meinen Spielern anpassen"

Da weder das Zentrum noch die Flügel geschlossen waren, gerieten der Brasilianer und seine Abwehrkollegen reihenweise in Bredouille. Das ärgerte Coach Guardiola, weshalb er häufig am Seitenrand gestikulierte und einzelne Profis zu sich rief. Was einst bei Barca selbstverständlich war, weil die Schlüsselspieler von klein auf das gleiche System spielen, muss er hier erklären. Doch welche Schlüsse zieht er aus dem Auftaktspiel für seine künftige Taktik bei den Bayern?

Präsident Uli Hoeneß meint: "Er wird seine Mannschaft nicht ins offene Messer rennen lassen." Das darf als dezenter Hinweis gedeutet werden, dass es mit zwei defensiven Mittelfeldspielern im Vorjahr ja so schlecht nicht lief.

Für den Trainer selbst ist die Systemfrage kein Sakrileg. "Ich mag das System, aber vielleicht muss ich mich in Zukunft meinen Spielern anpassen und es ändern", sagte Guardiola: "Ich hätte kein Problem damit."

Andreas Messmer