Nach der 2:4-Niederlage gegen Borussia Dortmund ist bei den Bayern die Stimmung gedämpft
Nach der 2:4-Niederlage gegen Borussia Dortmund ist bei den Bayern die Stimmung gedämpft

FC Bayern: Unsortiert in die Niederlage

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Dortmund - Als Pep Guardiola von der Pressekonferenz nach dem Supercup-Spiel kam, wartete schon die ganze Familie auf ihn. Tochter Valentina sprang ihrem Papa strahlend in die Arme und in diesem Moment konnte auch der Bayern-Coach wieder entspannt lachen. In den 90 Spielminuten zuvor war ihm danach nur selten zumute.

Müller: "Wir waren reichlich unsortiert"

Guardiola hatte am Spielfeldrand ständig erregt gestikuliert und immer wieder mit seinen Spielern intensiv diskutiert. Irgendwann wandte er sich frustriert ab, schlug die Hände vors Gesicht. Denn am Ende einer spektakulären und intensiven Partie hieß es 4:2 für den Gastgeber Borussia Dortmund, die erste Niederlage für die Bayern war perfekt und der erste Titel der Saison futsch.



Zwar bescheinigte der neue Trainer seinem Team trotzdem ein gutes Spiel: "Wir haben gut attackiert, wir hatten gute Chancen und wir haben gut gestanden." Aber wirklich zufrieden konnte Guardiola mit dem Auftritt seiner Mannschaft nicht sein. Und ob seine Spieler tatsächlich immer gut gestanden hatten, daran hatte nicht nur Thomas Müller nach der Partie ganz erhebliche Zweifel. "Nach unserem Ausgleich zum 1:1 waren wir reichlich unsortiert. Das hat ein paar Minuten angehalten, auch noch nach den beiden Gegentoren. Da habe ich selbst gemerkt, dass jeder irgendwie auf einer anderen Position stand. Danach wurde es dann wieder strukturierter."

Vor allem in dieser Phase, als der BVB mit zwei schnell herausgespielten Toren innerhalb von zwei Minuten auf den Ausgleich der Bayern geantwortet hatte, offenbarte die Guardiola-Truppe defensive Defizite. "Bei vier Gegentoren kann man nicht so zufrieden sein. Da haben wir zu leichte Fehler gemacht", stellte Philipp Lahm klipp und klar fest. Genau das wurmte auch den Trainer: "Der BVB hat gut gekontert, das ist eine Lehre für uns." Vor allem beim Dortmunder Doppelschlag wirkte die Mannschaft schlicht unsortiert - auch eine Folge der taktischen Umstellungen, die der neue Trainer seinem Team verpassen möchte.

Wie zuletzt hatte Bayern in einer 4-1-4-1-Formation agiert, die sich allerdings durch erhebliche Flexibilität und häufiges Rochieren auszeichnete. Kroos ließ sich oft zurückfallen und agierte teilweise neben Thiago als Sechser, ohne in den entscheidenden Situationen aber für Stabilität sorgen zu können.

Abläufe funktionierten noch nicht



In der Offensive rochierte vor allem Shaqiri viel mit Mandzukic und besetzte so den Platz im Sturmzentrum. Doch die Abläufe auf dem Platz funktionierten noch nicht so, wie Guardiola sich das wünschen würde. Und die ausgerufene Attacke der Bayern, die sich durch aggressives Spiel nach vorne und noch mehr Offensivdrang als im Vorjahr auszeichnen soll, zündete insgesamt nur zeitweise.

Auf der anderen Seite lieferte ausgerechnet der große Rivale aus Dortmund Anschauungsunterricht, was perfektes Pressing und blitzschnelles Umschalten angeht. Dem zollte auch Guardiola Respekt und formulierte daraus zugleich einen Anspruch an das eigene Team: Vor allem bei gegnerischem Ballverlust agiere der BVB "unglaublich. Da müssen wir uns noch verbessern".

Zugleich aber lieferte der BVB im Supercup den Beweis, dass mit nie nachlassender Leidenschaft und einem Höchstmaß an Laufbereitschaft eben auch die Bayern zu schlagen sind. Der Nimbus der Unbesiegbarkeit des Triple-Siegers ist jedenfalls erst einmal dahin, auch wenn Philipp Lahm dieses Thema sichtlich auf die Nerven ging. "Wir sind immer noch in der Vorbereitung. Zudem hatten wir definitiv auch die Chancen zum Sieg. Es sieht schon sehr ordentlich aus, wie wir spielen", meinte der Kapitän fast trotzig. Dass parallel der laute Jubel aus der Dortmunder Kabine zu hören war, kommentierte Lahm mit zusammengepressten Lippen: "Das interessiert mich nicht."

Seitenhieb von Robben



Nicht nur diese Szenen machten deutlich: Trotz aller nach außen getragenen Gelassenheit hat die 2:4-Niederlage Spuren hinterlassen. Das war auch schon auf dem Platz deutlich geworden, als Jerome Boateng in einer Frustreaktion Minuten vor dem Abpfiff Robert Lewandowski rüde abgeräumt hatte.

Einzig Arjen Robben durfte an diesem Abend einigermaßen zufrieden sein. Mit seinen beiden Treffern hatte er aus dem Bayern-Kollektiv herausgeragt und offensiv immer wieder für Gefahr gesorgt. Die intensive Einzelansprache Guardiolas während der ersten Trinkpause hatte bei dem Niederländer die Wirkung offenbar nicht verfehlt. Und so konnte Robben - auch Schütze des Goldenen Tores in Wembley - es sich erlauben, trotz Niederlage nicht nur entspannt in die Zukunft zu blicken, sondern gleich noch einen kleinen Seitenhieb gegen den BVB loszuwerden: "Es ist noch immer Vorbereitung, das macht mir keine Angst. Wir wollten auch den Supercup gewinnen - aber das war lange nicht so wichtig wie das Finale in der Champions League."

Aus Dortmund berichtet Dietmar Nolte