Hier setzte Pechvogel Asamoah Gyan den Elfmeter an die Latte
Hier setzte Pechvogel Asamoah Gyan den Elfmeter an die Latte

"Es wäre ein Märchen gewesen"

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Die Vuvuzela schwieg. Ihr Klang wurde von Tränen erstickt. Im Soccer-City-Stadion von Johannesburg, in den Straßen von Accra, vor Millionen Fernsehern in ganz Afrika. Als Uruguays Sebastian Abreu den entscheidenden Elfmeter um 23:15 Uhr lässig in Ghanas Tor chippte, fiel der gesamte Schwarze Kontinent für einen Moment in Schockstarre.

Mit den "Black Stars" hatte sich auch das letzte von sechs afrikanischen Teams aus der ersten WM in Afrika verabschiedet. Nach einem Viertelfinal-Drama mit mehreren Akten, mit einem bitteren 3:5 nach Elfmeterschießen zum Abschluss.

Hätte, hätte, hätte...

"Wenn das Spiel ein gutes Ende genommen hätte, wäre es ein Märchen gewesen. Wir hatten es nicht verdient, auszuscheiden", stammelte Ghanas serbischer Trainer Milovan Rajevac nach der Pleite: "Das war eine historische Chance." Zum ersten WM-Halbfinaleinzug einer afrikanischen Mannschaft fehlten nur ein paar Zentimeter und ein wenig Nervenstärke.

Hätte Uruguays Stürmer Luis Suarez den Kopfball von Dominic Adiyiah in der 120. Minute nicht mit beiden Händen von der eigenen Torlinie geschlagen. Hätte der eigentlich sichere Schütze Asamoah Gyan den anschließenden Strafstoß nicht mit aller Wucht an die Latte gedonnert. Hätten John Mensah und Adiyiah im Elfer-Drama nicht das große Zittern bekommen. An diesem Abend kam der Konjunktiv aus Uruguay.

"Der Fußball war grausam zu uns"

Die "Celeste" zog zum ersten Mal seit 40 Jahren in die WM-Vorschlussrunde ein. Ghana versank in einem Tränenmeer. "Das war ein Drama wie im Film. Ich war danach sehr traurig. Der Fußball war sehr grausam zu uns", sagte Ghanas früherer Kapitän Anthony Baffoe am Morgen nach dem Aus. Die Träume von Kevin Boateng und Co. waren geplatzt.

Gyan war untröstlich. Zwei Mal hatte der Stürmer im Turnierverlauf schon vom Punkt aus getroffen. In der letzten Szene der Verlängerung hätte der 24-Jährige unsterblich werden können. Dann der Fehlschuss. Dass er es im Elfmeterschießen wenige Minuten später besser machte, war wertlos. "Das ist Teil des Spiels. Ich bin mental stark und werde zurückschlagen", sagte der Pechvogel und schimpfte anschließend kräftig in Richtung Schiedsrichter Olegario Benquerenca (Portugal).

Ghana fühlt sich betrogen

"Der Kopfball von Adiyiah war schon hinter der Linie. Wäre es unser Tag gewesen, hätte der Schiedsrichter es gesehen und auf Tor entschieden", sagte Gyan. Abwehrspieler John Pantsil ergänzte mit zitternder Stimme: "Das war kein Elfmeter. Es war ein Tor." Beide irrten sich. Der Ball war nicht drin. Suarez sah für seine Tat die Rote Karte und fehlt Uruguay im Halbfinale am Dienstag (20:30 Uhr) in Kapstadt gegen seine Wahlheimat Niederlande.

"Luis hat zwar kein Tor erzielt, aber eines verhindert. Damit hat er das Spiel für uns gerettet", sagte Uruguays Stürmerstar Diego Forlan, der für den zweimaligen Weltmeister Ghanas Führung durch Sulley Muntari (45.+2.) ausgeglichen hatte (55.). Auch Trainer Oscar Tabarez wollte keine Kritik an Suarez, Torjäger von Ajax Amsterdam und Torschützenkönig der Ehrendivision, gelten lassen: "Das war eine instinktive Handlung. Wir haben bestimt nicht betrogen. Es gab ein Handspiel, eine Rote Karte und einen Elfmeter."

Medialer Ritterschlag

In Afrika wurde die Szene naturgemäß anders beurteilt. "Betrug! Afrika wurde bestohlen", titelte das südafrikanische Magazin "Argus". In Ghana gab man sich derweil eher gemäßigt. "Uruguay beendet den Traum der Stars. Bei einer herzzerreißenden Erfahrung waren die Ghanaer ritterliche Verlierer", schrieb der "Daily Graphic". "The Daily Guide" meinte: "Die Sterne brechen Herzen." Damit schien die Zeitung auch die Gefühlslage von Coach Rajevac zu beschreiben, dessen Zukunft offen ist.

Afrikas Fußball-Legenden brachten sich derweil schon einmal in Position. "Afrika muss endlich seinen eigenen Weg gehen", sagte der ehemalige Weltfußballer George Weah aus Liberia: "Wir brauchen Trainer aus Afrika und müssen auch unsere ehemaligen Stars mit einbinden." Ghanas Fußball-Ikone Abedi Pele meinte: "Unser Aus ist ein Desaster für den ganzen Kontinent."