Mirko Slomka trainierte Schalke von Januar 2006 bis 13. April 2008
Mirko Slomka trainierte Schalke von Januar 2006 bis 13. April 2008

"Es geht nicht nur um Felix Magath!"

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Zum 79. Mal kommt es am Samstag in der Bundesliga zum Duell der beiden Schwergewichte FC Bayern München und FC Schalke 04. Während die Bayern - nicht nur in der Liga - bislang hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind, herrscht auf Schalke "königsblaue" Euphorie.

Vor dem Gipfeltreffen hat sich bundesliga.de mit Mirko Slomka unterhalten. Der ehemalige Schalke-Trainer analysiert den Wandel der "Knappen" unter Felix Magath und spricht über das Formtief des Rekordmeisters. Zudem geht Slomka auf das enge Titelrennen ein und nennt ein Team, das seiner Meinung nach für Furore sorgen kann.

bundesliga.de: Nur fünf Punkte trennen den Ersten vom Achten. Denken Sie, die Saison wird ähnlich spannend verlaufen wir die Vorsaison?

Mirko Slomka: Momentan macht es auf jeden Fall den Eindruck, als sei die Spitze noch enger zusammengerückt. Nicht nur mit dem Tabellenführer Bayer Leverkusen und Verfolger Werder Bremen ist zu rechnen, sondern auch mit Mannschaften, die sowieso dauerhaft da oben dabei sind. Der Hamburger SV, Schalke, Bayern München, Hoffenheim und der Deutsche Meister Wolfsburg haben sicherlich in diesem Jahr berechtigte Chancen, wieder ganz vorne mit dabei zu sein.

bundesliga.de: Gibt es Mannschaften, die Ihrer Meinung nach ihr Potenzial noch nicht voll ausgeschöpft haben und in der Rückrunde noch richtig durchstarten könnten?

Slomka: Wenn ich mir die Tabellen anschaue, dann fallen mir natürlich Bayern München und der VfL Wolfsburg auf. Die sind momentan Sechster und Siebter in der Tabelle. Ich denke, bei beiden Teams gibt es einen gewissen Umgewöhnungsprozess, was den neuen Trainer angeht. Ich glaube, dass sich beide Mannschaften deutlich stabilisieren werden und spätestens in der Rückrunde noch mal richtig angreifen werden.

bundesliga.de: Wer könnte dort oben noch überraschen?

Slomka: Ganz besonders gefährlich für die Spitzengruppe ist in meinen Augen momentan Hoffenheim. Sie haben in der vergangenen Saison enorm viele Erfahrungen gesammelt - auch aus den Fehlern, die sie gerade nach der Hinserie gemacht haben. Sie hatten nach der Winterpause ja auch einen schlechten Start. Ich glaube, dass wird diese Saison komplett anders. Sie haben jetzt schon 20 Punkte und jetzt im Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg - einen direkten Konkurrenten - die Chance, drei weitere Punkte zu holen sich dann vielleicht dauerhaft in der Spitzengruppe festsetzen zu können.

bundesliga.de: Sehen Sie die Hoffenheimer gegen Wolfsburg im Vorteil?

Slomka: Die Wolfsburger sind nach dem Erfolg in der Champions League und der großen Chance, mit einem weiteren Punktgewinn das Achtelfinale zu erreichen, sicherlich in einer Hochphase. Vielleicht haben sie daher in punkto Motivation einen kleinen Vorteil. Aber ich bin mir sicher, dass Ralf Rangnick seine Mannschaft auch gegen Wolfsburg so gut einstellen wird, dass es ein ganz enges Spiel werden wird. Und vielleicht macht dann der Heimspielnimbus den kleinen Unterschied aus.

bundesliga.de: Schalke hat in den vergangenen zwei Spielen gegen Spitzenteams in letzter Sekunde eine Niederlage abwenden können. Sind dieser neue Wille und Kampfgeist die Handschrift von Felix Magath?

Slomka: Das ist ohne Zweifel so. Felix Magath hat der Schalker Mannschaft eine völlig neue Einstellung eingehaucht. Man sieht die Unterschiede zur vergangenen Saison deutlich, wo sie ja ab und an auch sehr lethargisch gespielt haben. Das ist jetzt ganz anders. Die Mannschaft versucht, über die 90. Minute hinaus noch zu fighten und um jeden Punkt zu kämpfen. Die Spieler wissen, dass sie sich bei Magath keine Fehler erlauben dürfen. Er ist unberechenbar - das tut der Mannschaft offensichtlich gut. Deswegen steckt in diesem Spiel Bayern gegen Schalke natürlich eine ganz besondere Brisanz. Aber es geht nicht nur um Felix Magath. Es wurde in jüngerer Vergangenheit ja auch viel über Manuel Neuer und Rafinha diskutiert. Sicherlich auch zwei interessante Personalien.

bundesliga.de: Die Bayern wirken angesichts des drohenden Champions-League-Ausscheidens angeschlagen. Warum kommen die Bayern seit nunmehr anderthalb Jahren nicht richtig in Schwung?

Slomka: Zunächst mal ist es eine große Gefahr, dass die Bayern jetzt so angepickt sind. Die Chancen, in der Champions League weiterzukommen, sind ja wirklich minimal. Das muss man leider sagen. Der Punktabstand ist zu groß. Und jetzt einfach mal ein Auswärtsspiel bei Juventus Turin zu gewinnen - das ist auch nicht so leicht. Es erstaunt mich auch ein wenig, dass bei Bayern München nicht diese Konstanz zu sehen ist, die man vielleicht erwartet hat. Das liegt sicherlich daran, dass nicht alle Spieler momentan immer ihre hundertprozentige Leistungsfähigkeit abrufen können - aufgrund von Verletzungen oder Spielpausen oder auch wegen der großen Nationalmannschaftsbelastung. Aber dennoch bin ich davon überzeugt, dass die Bayern am Ende der Saison im Titelkampf eine gewichtige Rolle mitspielen werden.

bundesliga.de: Was erwarten Sie vom 79. Bundesliga-Duell zwischen den Bayern und Schalke?

Slomka: Ich denke, es wird ein ganz knappes Spiel. Beide Mannschaften müssen in der Bundesliga punktemäßig nachlegen. Die Schalker, um richtig dran zu bleiben an den ersten drei Plätzen. Die Champions-League-Plätze zu erreichen wäre sensationell gut. Die Bayern müssen aber auch dringend gewinnen. Sie haben nur 19 Punkte auf dem Konto und schon vier Zähler Rückstand auf Spitzenreiter Bayer Leverkusen. Und wenn man den Anspruch des FC Bayern kennt, dann muss man sagen, dass die Bayern das Heimspiel gegen den FC Schalke gewinnen müssen.

Das Gespräch führte Sebastian Stolz