Michael Oenning musste im Laufe der Hinrunde seinen Trainerposten beim Hamburger SV räumen
Michael Oenning musste im Laufe der Hinrunde seinen Trainerposten beim Hamburger SV räumen

"Es geht darum, an Details zu feilen"

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München - 16 von 18 Bundesligisten beziehen in diesen Tagen ein Trainingslager, bevorzugt in Portugal, der Türkei oder auf der arabischen Halbinsel. Der besseren Trainingsbedingungen wegen. Nur 1899 Hoffenheim und der FC Augsburg bleiben in Deutschland und verzichten lieber auf die anstrengende Anreise zugunsten zusätzlicher Einheiten daheim. Im exklusiven Interview mit bundesliga.de spricht der ehemalige Coach Michael Oenning des Hamburger SV und des 1. FC Nürnberg über die Vor- und Nachteile von Wintertrainingslagern.

bundesliga.de: Herr Oenning, die Winterpause ist vorbei und die meisten Bundesligisten sind in ihre Trainingslager in den Süden aufgebrochen. Nur Hoffenheim und Augsburg bleiben zuhause. Was haben Sie bevorzugt?

Michael Oenning: Ich bin immer gerne ins Trainingslager gefahren. Dort bietet sich einem besser die Möglichkeit, neue Spieler zu integrieren, wenn man das Team komplett beisammen hat. Im Trainingslager kann man vor allem gruppen- und mannschaftstaktisch arbeiten. Meine Erfahrung ist, dass die Mannschaft dadurch gefestigter wird. Ein Vorteil ist auch, dass man besser unbeobachtet Standards einstudieren kann. Das ist bei den öffentlichen Trainingseinheiten in Deutschland nicht so einfach.

bundesliga.de: Was ist in der kurzen Zeit eines Trainingslagers möglich? Wo setzt ein Trainer die Schwerpunkte?

Oenning: An der körperlichen Fitness und an den Grundlagen kann man in der Kürze der Zeit nicht so viel machen. Es geht darum, an Details zu feilen, Fehler aus den Spielen der Hinrunde abzustellen, beispielsweise das Defensivverhalten bei Standardsituationen zu verbessern.

bundesliga.de: Woran machen Sie es fest, ob es sinnvoller ist, in ein Trainingslager zu fahren oder zuhause zu bleiben?

Oenning: Das hängt auch davon ab, wieviel Zeit man hat. Wenn man nur vier oder fünf Tage ins Trainingslager fährt, sollte die Anreise wegen der Reisestrapazen nicht zu lange dauern. Wenn man dann auch noch viele Testspiele vereinbart, bedeutet das zusätzlichen Stress. Dann sollte man nicht zu weit weg fahren. Aber das muss jeder Verein für sich selbst entscheiden. Früher war noch der Budenzauber eine Alternative, aber heute gibt es ja kaum noch Hallenturniere.

bundesliga.de: Als Argument für ein Verbleiben in Deutschland wird oft angeführt, dass man hier bei Verhältnissen trainiert, die man dann auch beim Start der Rückrunde vorfindet. Was nützt das schöne Training in der Sonne, wenn man bei Schnee und Eis spielen muss?

Oenning: Inzwischen haben wir in Deutschland sehr moderne Stadien, die alle über eine Rasenheizung verfügen. Da findet man auch im Winter meistens gute Spielbedingungen vor. Das Wetter spielt einigermaßen mit. Insofern muss man meiner Meinung nach nicht in Deutschland trainieren, um auf die Bedingungen bei den Spielen besser vorbereitet zu sein.

bundesliga.de: Kommen wir zu den Spielern. Früher kursierten die tollsten Geschichten, in welchem Zustand die Kicker nach der Pause wieder zum Training erschienen, übergewichtig und lustlos?

Oenning: Das ist lange vorbei. Die Spieler von heute zeichnet grundsätzlich eine hohe Leistungsbereitschaft aus. Sie sind unglaublich hohen Anforderungen ausgesetzt und können es sich nicht erlauben, mit Übergewicht aus dem Weihnachtsurlaub wieder in den Trainingsbetrieb einzusteigen. In der Kürze der Zeit ist es auch kaum möglich, so viel zuzunehmen. Der Leistungsdruck ist da, das sind alles "Hochleistungsmaschinen", die bis zu 13 Kilometer pro Spiel laufen müssen. Und im Trainerstab sind inzwischen so viele Spezialisten mit dabei, denen es sofort auffallen würde, wenn jemand in der Pause nachlässig war. Heutzutage sind alle Mannschaften fit. Früher mag es das vielleicht gegeben haben, dass Mannschaften ab der 75. Minute nachgelassen haben, heute nicht mehr.

bundesliga.de: Wie sinnvoll ist denn die Pause überhaupt?

Oenning: Wenn man einen Spielplan hat wie in Russland, wo im Sommer durchgespielt wird, macht eine lange Winterpause Sinn. Es ist ja auch kein Vergnügen, bei Kälte, Schnee und Eis zu trainieren. Aber die Diskussionen um die Winterpause sind so alt wie der Spielplan. Viele würden auch gerne bis Pfingsten spielen, aber der Termin ist traditionell den vielen Nachwuchsturnieren vorbehalten, für die der Termin der Höhepunkt des Jahres ist.

Das Gespräch führte Tobias Gonscherowski

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