Deutschland fährt im Rückspiel gegen Kasachstan in Nürnberg den nächsten Sieg ein. Die drei Dortmunder Ilkay Gündogan, Marco Reus und Mario Götze (v.l.n.r.) sind die Torschützen
Deutschland fährt im Rückspiel gegen Kasachstan in Nürnberg den nächsten Sieg ein. Die drei Dortmunder Ilkay Gündogan, Marco Reus und Mario Götze (v.l.n.r.) sind die Torschützen

Erst Zauber, dann wieder Schlendrian

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Nürnberg - Deutschlands Nationalmannschaft hat mit dem 4:1 (3:0) den zweiten Pflichtsieg gegen Kasachstan innerhalb von fünf Tagen gefeiert und kommt der WM 2014 in Brasilien damit immer näher. In der ersten Halbzeit brannte die DFB-Elf dabei teilweise ein Feuerwerk ab, nach dem Wechsel verlor sie wie schon am Freitag in Astana (3:0) den Faden und bestätigte damit Joachim Löw. Der Bundestrainer hatte dies bereits im Vorfeld befürchtet und angemahnt.

"Muss mich entschuldigen bei der Mannschaft"

Zum Sinnbild für die Leichtsinnigkeit wurde Torhüter Manuel Neuer, der mit einem missglückten Ausflug das Gegentor durch den Fürther Heinrich Schmitdgal (46.) und damit Kasachstans ersten Treffer im vierten Spiel gegen die DFB-Elf (13:1) ermöglicht hatte. Zuvor hatte das BVB-Trio mit Marco Reus (23.), Mario Götze (27.) und Tor-Debütant Ilkay Gündogan (31.) den fünften Sieg im sechsten Qualifikationsspiel eingeleitet. Reus (90.) setzte auch den Schlusspunkt.



Zudem trafen Gündogan (20./41.) und Götze (21.) in der teilweise begeisternden ersten Halbzeit jeweils den Pfosten oder die Latte. Auch das Real-Madrid-Duo Mesut Özil und Sami Khedira scheiterte im zweiten Durchgang bei einer Doppelchance jeweils am Pfosten (72.), ebenso wie der Münchner Thomas Müller (75.).

"Ich habe heute ein Geschenk verteilt. Ich muss mich entschuldigen bei der Mannschaft. Ich wollte den Ball nicht planlos weghauen, aber das hätte ich lieber machen sollen", sagte Torhüter Neuer und Kapitän Philipp Lahm meinte: "So schlecht habe ich die zweite Halbzeit nicht gesehen. Wir haben noch viele Riesenmöglichkeiten herausgespielt. Vielleicht fehlte das eine oder andere Prozent. Aber diese Mannschaft schafft es, schon früh alles klar zu machen."

Der Dortmunder Gündogan ergänzte: "Wir haben in der zweiten Halbzeit zu wenig gemacht, hatten aber trotzdem einige Chancen. Ich denke, dass wir mit dem 4:1 gut leben können. Wichtig waren die drei Punkte."

DFB-Coach Löw meinte: "In der zweiten Halbzeit war die Konzentration nicht mehr so da. Die erste Hälfte war gut, nach der Pause hätten wir auch noch das eine oder andere Tor erzielen können. Aber da war das Spiel ja schon entschieden. Die Kasachen haben mit zehn Mann um den Strafraum herum gestanden und wollten gar kein Fußball spielen. Was ich jedoch nicht gut finde, ist, dass das Publikum Manuel Neuer nach seinem Fehler ausgepfiffen hat."

Blockbildung in der Startelf



Löw hatte gegenüber dem ersten Duell mit den Zentralasiaten notgedrungen drei Änderungen vorgenommen. Die verletzten Benedikt Höwedes und Julian Draxler sowie der gesperrte Vize-Kapitän Bastian Schweinsteiger wurden durch den Münchner Jerome Boateng, den nach einer Sperre zurückgekehrten Reus und Gündogan ersetzt.

Da Mario Gomez wegen seiner Oberschenkelzerrung wieder nicht zur Verfügung stand, begann erneut Götze im "spanischen System" als "falsche Neun". Alles in allem setzte Löw schon auf Blockbildung: In der Startelf standen vier Profis von Bayern München, vier vom BVB und drei Legionäre, darunter die beiden Madrilenen Mesut Özil und Sami Khedira.

Sehr dominanter Beginn



Diese durchaus eingespielte DFB-Elf begann sehr schwungvoll und war stets bemüht, den 43.500 frierenden Zuschauern ein Spektakel zu bieten. Götze fabrizierte in den ersten 45 Sekunden gleich zwei Hackentricks im gegnerischen Strafraum, die aber beide keinen Abnehmer fanden. Kurz darauf musste der Dortmunder, der offenbar einen Schlag ins Gesicht bekommen hatte, etwa zwei Minuten mit einer blutenden Nase an der Seitenlinie behandelt werden.

Löw nahm das Spiel offenbar ähnlich ernst wie seine Profis. Er stand von der ersten Sekunde an an der vorderen Begrenzung seiner Coaching Zone und gab lautstark Anweisungen. Als Götze zum zweiten Mal an der Außenlinie behandelt wurde, hätte der 139. der Weltrangliste aus Kasachstan den Zweiten beim ersten Konter fast geschockt: Nach einem Eckball köpfte Wiktor Dmitrenko den Ball rund einen Meter über das von Manuel Neuer gehütete Tor (8.).

Insgesamt spielte die DFB-Elf konsequent und kombinationssicher über die Außenpositionen, manchmal auch zu positionstreu (Reus). Je näher das Tor rückte, desto verspielter wirkte sie jedoch, so flogen die meisten Hereingaben zunächst ins Leere oder wurden von den leidenschaftlich verteidigenden Kasachen abgeblockt.

Nach Reus' Dösenöffner läuft's wie am Schnürchen



Ab der 20. Minute stand Kasachen-Keeper Andrej Sidelnikow aber endgültig unter Dauerbeschuss. Zuerst scheiterte Gündogan und Götze innerhalb weniger Sekunden noch am Pfosten, dann war der bis dahin eher unauffällige Reus per Rechtsschuss aus 18 Metern erfolgreich. Für Deutschlands "Fußballer des Jahres" war es der sechste Treffer im 15. Länderspiel.

Nun lief es beim DFB-Team wie am Schnürchen: Zunächst fasste sich Kapitän Philipp Lahm ein Herz, sein Solo über 50 Meter vollendete Götze zum 2:0. Eine deutsch-türkische Co-Produktion vollendete Gündogan, der zweieinhalb Jahre für Nürnberg gespielt hatte, nach einer Flanke von Özil bei seinem siebten Einsatz zu seinem ersten Länderspieltor - dem alleine am Dienstag noch leicht weitere hätten folgen können.

Neuer patzt - Bruch im Spiel - Reus setzt Schlusspunkt



Nach 50 Sekunden der zweiten Halbzeit fand der Schlendrian dann doch den Weg ins deutsche Spiel: Der offenbarte gelangweilte Neuer, dessen größtes Problem zuvor war, nicht festzufrieren, startete nach einem Rückpass von Lahm ein Dribbling, der Ball versprang und Schmidtgal schob ihn von der Strafraumgrenze zu seinem ersten Treffer beim zwölften Einsatz ins leere Tor. Für die Nürnberger Fans war das Tor ein gefundenes Fressen: Sie pfiffen danach sowohl den Torschützen Schmidtgal vom Nachbarclub Fürth als auch Neuer von den ungeliebten Bayern lautstark aus.

Der unerwartete Rückschlag hinterließ seine Spuren im Spiel der Löw-Elf. Wie schon in Astana gab es zu Beginn der zweiten Halbzeit einen markanten Bruch im Spiel. Erst langsam und nur bedingt kamen Sicherheit und Spielfreude zurück. In der 64. Minute hätte sich in Marcel Schmelzer um ein Haar auch der vierte Dortmunder in die Torschützenliste eingetragen, er verzog jedoch knapp.

In der 72. Minute hätte das 4:1 eigentlich fallen müssen. Zunächst scheiterten Götze und der ansonsten müde und unkonzentriert wirkende Thomas Müller an Sidelnikow, im Nachschuss traf Özil zunächst den linken Pfosten, beim Abpraller Khedira den rechten. Letztlich sorgte Reus (90.) für den Schlusspunkt.