Entsetzen bei Otto Rehhagel (M., mit Michael Preetz (l.) und Rene Tretschok): Hertha BSC verlor beim FCA mit 0:3
Entsetzen bei Otto Rehhagel (M., mit Michael Preetz (l.) und Rene Tretschok): Hertha BSC verlor beim FCA mit 0:3

Ernüchterung bei "König Otto"

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Augsburg - Bereits eine halbe Stunde vor Spielbeginn hatten sich in der Arena des FC Augsburg die ersten Fotografen in Stellung gebracht. Doch das Objekt der Begierde ließ auf sich warten. Erst nachdem das Schiedsrichtergespann und beide Mannschaften einmarschiert waren, betrat der so sehnsüchtig Erwartete die Bühne.

Otto Rehhagel, als Nachfolger des glücklosen Michael Skibbe der neue Hoffnungsträger der Berliner Hertha, begab sich auf kürzestem Weg zur Trainerbank und nahm dort Platz. Trotz einer Absperrung hatte Edgar Schweininger, der Sicherheitsbeauftragte des FCA, alle Hände voll zu tun, um den Pulk der Fotoreporter auf Distanz zu dem nach 4165 Tagen ins Bundesliga-Geschäft zurückgekehrten Altmeister zu halten. Erst der Anpfiff des Unparteiischen Florian Meyer setzte dem Kampf um den besten Platz für das beste Bild von "König Otto" ein Ende. Ein vorläufiges.

Einem weiterem Blitzlichtgewitter sah sich der 73-Jährige zu Beginn der Pressekonferenz ausgesetzt. Doch dann sprach Rehhagel Klartext. Nachdem er seinem Kollegen Jos Luhukay zum "verdienten Sieg" gratulierte hatte, stellte er seiner Truppe ein schlechtes Zeugnis aus, indem er die Tugenden des Gegners hervorhob.

Augsburg zeigt Hertha Abstiegskampf

"Wir", kritisierte der Fußballlehrer nach der missglückten Premiere, "haben versucht, die Dinge spielerisch zu lösen. Augsburg hat gewusst, dass es bei einer Niederlage in Nöte kommt und deshalb um jeden Meter gefightet, in der zweiten Halbzeit mit mehr Druck im Zweikampf gespielt und uns den Schneid abgekauft. Dieser bedingungslose Kampf und die unbedingte Leidenschaft, die von Augsburg ausging - das hat bei uns nicht so geklappt."

Einen Journalisten, der wissen wollte, wie ernüchtert er nach der zum Einstand denn sei, ließ Otto Rehhagel schnöde abblitzen. "Ich bin immer nüchtern", entgegnete er, "weil ich keinen Alkohol trinke." Auch weigerte er sich, ins Detail zu gehen, Ross und Reiter zu nennen, irgend jemanden an den Pranger zu stellen: "Bei mir gibt es keine Schuldzuweisungen.”

Und schließlich merkte er an, dass es gelte, nach vorn zu schauen. "Das Spiel gegen den FCA", sagte "Rehhakles", der Griechenland 2004 sensationell zum Europameistertitel geführt hatte, "können wir nicht mehr gewinnen. Jetzt wartet Werder Bremen auf uns. Wichtig ist, dass wir aus unseren Fehlern lernen."

Erstmals auf Relegationsplatz

Verinnerlichen müssen die Herthaner, dass sie nach der sechsten Niederlage im sechsten Rückrundendenspiel auf den Relegationsrang 16 abgerutscht sind, dass der Kampf um den Klassenerhalt eröffnet ist. Um die neue Situation zu bewältigen, bedarf es eines Stilwandels. Nur in den ersten 25 Minuten brachten die Berliner mit ihren unzweifelhaft vorhandenen spielerischen Fertigkeiten den FCA in Bedrängnis, hätten durch Raffael sogar in Führung gehen können. Doch Paul Verhaegh kratzte den Schrägschuss des Brasilianers gerade noch von der Linie.

Als Augsburg dank seiner Kampfkraft die Oberhand zu gewinnen begann, hatten die Gäste nichts entgegenzusetzen. Widerstandslos fügte sich die "Alte Dame" in ihr Schicksal - was, wenn es so weitergeht, nach Auffassung von Andre Mijatovic dramatische Folgen nach sich ziehen wird. "So", orakelte der Hertha-Kapitän, "bleiben wir nicht in der Liga. Selbst wenn drei Otto Rehhagel und ein Mourinho auf der Bank sitzen, es spielt immer noch die Mannschaft."

Rehhagel bleibt sich treu

Wie das Team künftig aufzutreten hat, steht für den neuen Mann auf der Kommandobrücke außer Frage. "Jeder muss begreifen, dass Abstiegsspiele Kampfspiele sind", forderte "König Otto", der von der Berliner CDU in den Kreis derer aufgenommen worden ist, die am 18. März in der Bundesversammlung das neue Staatsoberhaupt zu wählen.

Den Versuch eines Rundfunkjournalisten, ihn mit einer Frage zu dieser Rolle aufs politische Terrain zu locken, blockte Rehhagel resolut ab: "Ich beende jetzt die Pressekonferenz."

Aus Augsburg berichtet Reinhart Kruse