Eric Maxim Choupo-Moting ist auf Schalke angekommen und will mehr: "Jetzt möchte ich mich hier dauerhaft durchsetzen und weiterentwickeln"
Eric Maxim Choupo-Moting ist auf Schalke angekommen und will mehr: "Jetzt möchte ich mich hier dauerhaft durchsetzen und weiterentwickeln"

Choupo-Moting: "Spielen besseren Fußball"

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Gelsenkirchen - Eric Maxim Choupo-Moting ist nicht nur bester Schalker Torschütze, sondern überhaupt einer der auffälligsten Akteure der Bundesliga in der bisherigen Saison. Im Interview mit bundesliga.de zieht Choupo-Moting ein Zwischenfazit seiner ersten sechs Monate auf Schalke, er äußert sich zu Schalkes Champions League-Achtelfinalgegner Real Madrid und er gibt einen Ausblick auf den bevorstehenden Afrika-Cup.

"Kann sein, dass es an Gier gemangelt hat"

bundesliga.de: Herr Choupo-Moting, kürzlich haben Sie gesagt, Sie würden sich selbst "nicht als Vollblutstürmer“ sehen; diese Zurückhaltung ehrt Sie, aber acht Tore, 15 Scorer-Punkte und drei Nominierungen in die "Elf des Tages" sprechen eine andere Sprache...

Eric Maxim Choupo-Moting: Diese Bilanz könnte schon dafür stehen, und selbstverständlich sehe ich mich auch als Stürmer (lacht). Im Verlauf meiner bisherigen Karriere habe ich aber verschiedene Positionen in der Offensive bekleidet. Und in dem angesprochenen Interview wollte ich zwischen einem eher flexibleren Offensivspieler einerseits und einem Angreifer wie meinen Mannschaftskollegen Klaas-Jan Huntelaar andererseits differenzieren. Denn Klaas ist für mich tatsächlich das, was man einen Vollblutstürmer nennt. Er stellt seit Jahren unter Beweis, dass er immer hundertprozentig das Gespür dafür hat, wohin der Ball im Strafraum kommt.

bundesliga.de: Ein guter Bundesliga-Stürmer waren Sie schon in Hamburg, wo Sie 2007 als "Nachwuchsspieler der Saison“ geehrt wurden, in Nürnberg oder zuletzt in Mainz. Trotzdem scheint  es jetzt noch einmal eine Leistungsexplosion gegeben zu haben - oder würde diese Aussage Ihre früheren Leistungen herabsetzen?

Choupo-Moting: Nein. Schalke ist definitiv ein weiterer Schritt vorwärts in meiner Karriere. Und genau das war mein Ziel. Ich bin nun bei einem internationalen Top-Club, der in der Bundesliga regelmäßig oben mitspielt. Jetzt möchte ich mich hier dauerhaft durchsetzen und weiterentwickeln. Momentan gelingt mir das ganz gut. Allerdings habe ich auch meine bisherigen Vereine nie nur als Durchgangsstation verstanden. Auch dort habe ich viel gelernt und konnte eine Menge für meine weitere Karriere mitnehmen.

bundesliga.de: Hat gerade Ihr Tor im Derby gegen den BVB besondere Kräfte freigesetzt?

Choupo-Moting: Ich glaube nicht, dass dieses Tor, bezogen auf meine Leistung, großartig etwas verändert hat. Aber selbstverständlich habe ich gespürt, was es für die Region bedeutet, wenn man dieses Derby gewinnt und dazu mit einem Treffer einen wichtigen Beitrag leisten kann. Trotzdem vergesse ich nicht, dass wir gerade einmal eine Halbserie gespielt haben, und ich immer noch am Anfang meiner Zeit auf Schalke stehe. Es gibt keinen Grund, sich auf dem bisher Geleisteten auszuruhen.

bundesliga.de: Diesen Vorwurf könnte man Ihnen ohnehin nicht machen. Sie waren häufig auch in den Partien ein Lichtblick, die eher schlecht liefen...

Choupo-Moting: Ich nehme mir in jedem Spiel vor, der Mannschaft so gut wie eben möglich zu helfen. Und wenn es einmal nicht klappt mit Toren oder Vorlagen, will ich wenigstens kämpferisch alles abrufen. Auf die Noten in der Presse schaue ich aber nicht so sehr, denn das sind subjektive Meinungen. Letztlich zählt für mich, dass der Verein und die Fans, der Trainer und meine Mitspieler mit mir zufrieden sind.

bundesliga.de: Nicht alle Ihre Mitspieler scheinen immer so zu denken, schließlich hat Manager Horst Heldt kürzlich mehr Gier nach Erfolg eingefordert...

Choupo-Moting: Betrachtet man Spiele wie die 1:2-Heimniederlage gegen Köln, muss man meiner Meinung nach mehrere Faktoren berücksichtigen. Wir haben dieses Spiel gerade in der ersten Halbzeit kontrolliert und haben uns gute Chancen herausgearbeitet. Dennoch hat irgendetwas gefehlt, und es kann durchaus sein, dass es die angesprochene Gier war, an der es ein wenig gemangelt hat. Andererseits sollte man aber die Belastungen der vergangenen Wochen nicht ganz außer Acht lassen. Wir waren sehr erfolgreich, aber diese Erfolge haben viel Kraft gekostet. Und ich meine mich an eine Statistik erinnern zu können, nach der Teams nach erfolgreichen Champions League-Spielen in den folgen Liga-Partien häufig Schwierigkeiten haben.

"Mein Alltag und Beruf ist die Bundesliga"

bundesliga.de: Stichwort "richtige Entscheidungen für den Club“: Sie waren gerade ein paar Wochen auf Schalke, da musste Trainer Jens Keller gehen; haben Sie sich damals Sorgen um Ihre Positionierung im Team gemacht?

Choupo-Moting: Ehrlich gesagt, überhaupt nicht! Mein Standpunkt ist, dass sich Leistung letztlich immer durchsetzt, egal wer kommt. Jens Keller war sehr an mir interessiert und deshalb sicherlich auch ein Grund, warum ich nach Schalke gekommen bin. Aber so ist nun einmal das Geschäft, und Veränderungen sind hin und wieder unabdingbar. Ich freue ich mich jedenfalls sehr, dass ich jetzt unter einem Trainer wie Roberto Di Matteo arbeiten darf.

bundesliga.de: Wie erleben Sie Di Matteo bisher?

Choupo-Moting: Der erste Eindruck war, dass er sehr ruhig agiert und Autorität ausstrahlt. In seinen Aussagen ist er sehr präzise. Es spricht für sich, dass er die Champions League gewonnen und mit einigen der besten Spielern der Welt zusammengearbeitet hat. Ich denke, dass er uns noch einige Menge beibringen kann.

bundesliga.de: Trifft das schon zu Beginn der Rückrunde auch für Sie zu, oder werden Sie zum Afrika-Cup reisen?

Choupo-Moting: Höchstwahrscheinlich werde ich am Afrika-Cup teilnehmen.

bundesliga.de: Sie hätten dann beinahe ein Jahr lang durchgespielt, da Sie auch bei der WM in Brasilien waren...

Choupo-Moting: Ganz ehrlich, ich spüre sogar die höhere Belastung bei Schalke 04. Denn die Belastung durch die vielen englischen Wochen kannte ich so noch nicht. Aber allmählich gewöhnt sich mein Körper daran. Wichtig ist, dass man professionell mit der Situation umgeht und darauf achtet, dass man immer gut regeneriert. Und vielleicht muss man sich die Müdigkeit hin und wieder einfach auch mal ausreden.

bundesliga.de: Die "unbezähmbaren Löwen“ waren vor Jahren der Fußball-Stolz ganz Afrikas und das erste Team, das bei einer WM ein Viertelfinale erreichen konnte; bei der WM in Brasilien präsentierte man sich aber eher von der schlechten Seite...

Choupo-Moting: Dass bei dieser WM einiges schief gelaufen ist, steht außer Frage. Sowohl im organisatorischen Bereich als auch was die Disziplin betrifft, gibt es sicherlich noch eine Menge zu verbessern. Da muss man sich nicht wundern, wenn der Erfolg ausbleibt. Deutschland ist ein perfektes Gegen-Beispiel. Hier ist alles von vorne bis hinten hervorragend durchorganisiert, und nur so kann man große Ziele erreichen. Die fußballerische Qualität dagegen haben wir, ebenso wie viele andere afrikanische Teams auch. Zuletzt haben wir mit einer relativ neu formierten Mannschaft eine gute Qualifikation für den Afrika-Cup gespielt, so dass ich sehr gespannt bin, was nun möglich ist.

bundesliga.de: Hat Kamerun das Zeug zum Mitfavoriten auf den Titel?

Choupo-Moting: Ich denke schon, dass Kamerun wie z. B. auch Nigeria immer zu den Mitfavoriten auf den Titel gehört. In der Qualifikation haben wir uns in einer sehr starken Gruppe mit u. a. der Elfenbeinküste, die ebenfalls zu den besten Teams Afrikas gehört, eindrucksvoll durchgesetzt. Zudem sollte man nicht vergessen, dass sich kein anderes afrikanisches Land sich so oft wie wir für eine WM qualifiziert hat, wie Kamerun.

bundesliga.de: Sie haben sich für Kamerun entschieden, obwohl Sie zuvor alle U-Nationalmannschaften des DFB durchlaufen hatten. Hätten Sie sich mit dem Wissen von heute - Stürmermangel bei Joachim Löw einerseits und Ihre aktuelle Klasse andererseits - vielleicht anders entschieden?

Choupo-Moting: Ich habe meine Entscheidung nie bereut und kann mir nicht vorstellen, dass ich sie irgendwann einmal bereuen werde. Sicherlich laufen in Kamerun einige Sachen nicht ganz rund, etwa im schon angesprochenen organisatorischen Bereich. Aber das sind Dinge, an denen man arbeiten kann. Vor allem aber ist Kamerun für mich eine Herzensangelegenheit. Ich kenne das Land sehr gut, weil mich mein Vater von klein häufig mitgenommen hat in seine Heimat, so dass ich beide Nationalitäten miteinander verbinden kann. Und ich habe mich auch sehr über den WM-Titel für Deutschland gefreut. Letztlich betrachte ich die Nationalmannschaft aber vor allem als Bonus. Denn mein Alltag und mein Beruf ist die Bundesliga.

Das Gespräch führte Andreas Kötter