Arjen Robben steht nach monatelanger Verletzungspause vor seinem Comeback beim FC Bayern
Arjen Robben steht nach monatelanger Verletzungspause vor seinem Comeback beim FC Bayern

Erfolgsmodell unter neuen Vorzeichen

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München - In der Winterpause hatte Louis van Gaal Verwirrung an der Säbener Straße gestiftet. Der Cheftrainer des FC Bayern kündigte einen Neuzugang für die Rückrunde an - einer, der dem Rekordmeister in der Offensive schnell weiterhelfen würde.

Die Zeitungen stürzten sich auf die Worte des Niederländers, wilde Spekulationen machten schnell die Runde, bevor van Gaal kurze Zeit später selbst den Namen des unbekannten Top-Spielers bekanntgab: Arjen Robben.

Vorne drückt der Schuh

Van Gaals augenzwinkernde Begründung für den Status seines Landsmanns liegt auf der Hand: Robben konnte nach seiner schweren Muskelverletzung, die er sich bei der WM in Südafrika zugezogen hatte, in der Hinrunde keine Minute spielen und wird vom gesamten Umfeld sehnlich erwartet - eben wie ein Top-Neuzugang.

Mit Robben wollen die Münchner bei ihrer Aufholjagd so richtig durchstarten und sogar dem enteilten Tabellenführer Borussia Dortmund auf die Pelle rücken. Doch wie lässt sich der Flügelflitzer ins Bayern-Spiel, das zuletzt stark auf Mario Gomez zugeschnitten war, integrieren? Bedingt durch die Superform des deutschen Nationalstürmers ist das Erfolgsmodell aus der Vorsaison ins Wanken geraten. bundesliga.de vergleicht den FCB mit und ohne Robben und analysiert, welche Änderungen gegenüber der Hinrunde dennoch zu erwarten sind.

Obwohl Gomez in der Hinrunde an die Form alter Stuttgarter Zeiten anknüpfte und Tore am Fließband schoss, hakte es vor allem in der Offensive. In der ersten Jahreshälfte 2010 trafen die Münchner im Schnitt 2,2 Mal pro Spiel, seit August waren es im Schnitt nur 1,8 Treffer pro Partie. Unter dem Strich machten dies acht Punkte mehr als in der Hinrunde der laufenden Saison aus - trotz der zwölf Bundesligatreffer von Gomez.

Mit Robben weniger Querpass-Staffetten

Die Anzahl der Torschüsse blieb in den beiden Zeiträumen beinahe identisch - allerdings waren Schussgenauigkeit (54 % - 44 %) und Chancenverwertung (19 % - 15 %) in der Halbserie mit Robben deutlich höher. Mit dem Holländer auf dem Platz sind die Angriffe der Bayern also deutlich zielsicherer. Auffällig ist jedoch, dass vor allem in der gegnerischen Hälfte die Passgenauigkeit (77 % - 80 %) abnimmt, wenn Robben dabei ist. Dies deutet auf eine riskantere Spielweise bei den Angriffen hin.

Die höhere Anzahl an Dribblings (380 - 348) sowie die größere Erfolgsquote (59 % - 53 %) untermauern, dass mit Robben im Team schneller und zielstrebiger nach vorne gespielt wird. Der Pass in die Tiefe wird demnach schneller gespielt, Querpass-Stafetten wie beim Handball sind seltener zu sehen.

Spannend dürfte nun sein, mit welchem System van Gaal die Rückrunde angehen will. Vertraut er weiterhin auf die Treffsicherheit des wiedererstarkten Gomez und lässt den Mittelstürmer mit Flanken füttern, oder kehrt er zum Erfolgsmodell aus der vergangenen Spielzeit zurück? In der Rückrunde der Vorsaison war Robben mit zwölf Treffern mit Abstand bester Bayern-Torschütze, gefolgt von Thomas Müller, der acht Mal einnetzte.

Müller profitiert von Robben

Doch Robben glänzte nicht nur als Vollstrecker, sondern setzte auch seine Mitspieler in Szene. Acht Torvorlagen lieferte der 26-Jährige in der Vorsaison und verhalf unter anderem Thomas Müller (acht Treffer in der Rückrunde) zum Durchbruch. Müller ist in der aktuellen Saison ebenfalls zweitbester Bayern-Torjäger, traf aber nur vier Mal. Mit der Anwesenheit des dribbelstarken Niederländers sollte auch der WM-Torschützenkönig wieder mehr Torgefahr ausstrahlen können.

Die Kunst für van Gaal wird nun sein, Robbens Schnelligkeit, Dribbelstärke und Kaltschnäuzigkeit ins Bayern-System zurückzuführen und gleichzeitig möglichst wenig "Reibungsverluste" bei Mario Gomez zu erzeugen. Denn Robbens Tendenz, in die Strafraummitte zu ziehen, spielt dem sensiblen Stoßstürmer keineswegs in die Karten. Eine unberechenbare Flügelzange mit Arjen Robben und Franck Ribery, die das richtige Maß aus Sololäufen und Flanken findet und den Mittelstürmer effektiv in Szene setzt, wäre das Nonplusultra. Dann müsste selbst die Meisterschale keine Utopie mehr sein.

Johannes Fischer