Ralf Rangnick ist am Montag als neuer Cheftrainer vorgestellt worden
Ralf Rangnick ist am Montag als neuer Cheftrainer vorgestellt worden

Emotionen und Gänsehaut

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Leverkusen/Gelsenkirchen - Mehr als fünf Jahre nach seiner legendären Ehrenrunde und dem vorzeitigen Abschied aus Gelsenkirchen hat Ralf Rangnick wieder das Kommando auf Schalke übernommen. Den Auftritt seines neuen Teams beim 0:2 in Leverkusen unter Interimstrainer Seppo Eichkorn verfolgte er noch zuhause vor dem Fernsehschirm.

Viel Positives gab es dabei nicht zu notieren, vielmehr spiegele die Leistung den derzeitigen Tabellenstand des FC Schalke 04 wieder. Dennoch sieht er im Verein enormes Potenzial.

Keine Spielidee gegen Bayer

"Im Spiel gegen Leverkusen hat man gesehen, dass die Mannschaft kaum eine Idee hat, den Gegner in Bedrängnis zu bringen. Dies gilt es nun im Training zu vermitteln", sagte Rangnick, der die "Königsblauen" bereits von September 2004 bis Dezember 2005 als Cheftrainer betreut hatte. Als sich damals die Trennung in der Winterpause abzeichnete, verabschiedete sich Rangnick vor dem letzten Heimspiel gegen Mainz 05 mit einer spontanen Arena-Runde von den Fans, die sich auf seine Seite gestellt hatten.

Nach zuletzt viereinhalb Jahren in Hoffenheim ist der 52-Jährige nun wieder "nach Hause gekommen", wie es Sportvorstand Horst Heldt ausdrückte. Nun gilt es, an den deutlichen Defiziten der "Knappen" zu arbeiten. Rangnick, der entgegen seiner ursprünglichen Planung, den Verein erst zur kommenden Saison zu übernehmen, nun sofort einsteigt, hat davon schon eine genaue Vorstellung.

Klare Handschrift fehlt

"Für mich ist entscheidend, dass wir in den nächsten Wochen eine Spielweise entwickeln, in der man ein Team erkennen kann. Wenn das passiert, kommen auch immer die Fans als zusätzliche Waffe und zwölfter Mann ins Spiel", erklärte der Trainer. Sieben Spieltage vor Saisonende sage die Tabelle schon Einiges aus. Dass die Mannschaft über enorme Qualität verfüge, zeigen laut Rangnick die Ergebnisse in der Champions League oder im DFB-Pokal. Einzig in der Bundesliga fehle es an Konstanz.

"Es ist gut, dass Ralf Rangnick bereits zu diesem Zeitpunkt gekommen ist. Im Spiel gegen Bayer haben wir gesehen, dass wir keine einfache Situation haben und gegen den Zweiten der Liga keine Chance hatten", sagte Horst Heldt: "Nun bin ich frohen Mutes, dass der Trainer die Länderspielpause nutzen wird, um die Spieler kennen zu lernen und um seine Handschrift auf die Mannschaft zu übertragen."

Zu künftigen Aufgaben gehöre ebenso die Reduzierung des Kaders. "Mit 30 Spielern ist ein effektives Training kaum möglich. Daher müssen wir den Kader auf eine vernünftige Größe verkleinern", sagte Rangnick. Zu möglichen Neuverpflichtungen wollte sich der Trainer noch nicht äußern. Leistungsträger wie Jefferson Farfan und vor allem Manuel Neuer sollten aber in jedem Fall gehalten werden.

"Kann auch nicht jeden Ball halten"

Auch der Nationaltorhüter hofft, dass nun bei "Königsblau" wieder ein wenig Ruhe einkehrt. "Die Länderspielpause wird uns gut tun. Die Spieler haben Zeit, sich an den neuen Trainer zu gewöhnen. Dann sollten wir das nächste Spiel beim FC St. Pauli unbedingt gewinnen, denn auf die Abstiegsplätze sind es nur fünf Punkte. Da dürfen wir uns auf keinen Fall ausruhen", sagte der 24-Jährige, der neben Christian Pander als einziger Profi schon unter Rangnick in der Saison 2005/06 im Schalke-Kader stand.

Am Torwart liegt es wahrlich nicht, dass die "Knappen" weiter in der unteren Tabellenhälfte festsitzen. In Leverkusen bewahrte Neuer seine Mannschaft erneut mit erstklassigen Paraden vor einer höheren Niederlage. Gegen den Sonntagsschuss von Eren Derdiyok und das Eigentor von Christoph Metzelder war aber auch er machtlos. "Ich kann natürlich nicht jeden Ball halten. Darauf darf sich die Mannschaft nicht verlassen", wünscht er sich etwas mehr Stabilität seiner Vorderleute.

Nachwuchs ist die Zukunft

In Ralf Rangnick sieht Horst Heldt genau den richtigen Mann, um wieder an der Basis anzusetzen: "Er kennt den Verein, die Schalker Seele. Mit ihm wollen wir wieder eine Einheit werden. Er ist ein Trainer der konzeptionell denkt und sich auch sehr um den Jugend- und Amateurbereich kümmert. Der Nachwuchs sollte die Zukunft des Vereins sein."

Rangnick betonte, dass er nie einen Hehl daraus gemacht habe, dass er sich bei seinem ersten Engagement in Schalke sehr wohl gefühlt habe. Damals hatte er S04 aus dem Tabellenkeller zur Vizemeisterschaft geführt. "Es war die Trainerstation, die aufgrund des ganzen Umfelds, der Fans und der Mannschaft die meisten Emotionen und Gänsehaut-Situationen bei mir ausgelöst hat."

Geht es nach den Fans, dürften in dieser Saison ruhig noch weitere Gänsehaut-Momente folgen. Mit den Spielen gegen Inter Mailand im Viertelfinale der Champions League und dem DFB-Pokalfinale gegen den MSV Duisburg stehen in jedem Fall noch einige Highlights auf dem Programm.

Markus Hoffmann