Lautstarker Torjubel ist bei Bayern-Spielern genetisch veranlagt
Lautstarker Torjubel ist bei Bayern-Spielern genetisch veranlagt

Eiskaltes Bayern-Gen

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Das komplexe Lebewesen Mensch wird von einer Anzahl von Genen beschrieben, die zwischen 20.000 und 30.000 liegt. Der nur punktuell minder komplexe FC Bayern München lässt sich hingegen, zumindest wenn es nach Bastian Schweinsteiger geht, auf ein singuläres Phänomen reduzieren, nämlich DAS Bayern-Gen.

"Das Bayern-Gen ist wieder da", diktiert der sichtlich gut gelaunte und nach seiner Schienbeinverletzung wieder einsatzbereite Mittelfeldspieler den Journalisten in die Schreibblöcke. Lange Zeit, so schien es nämlich, war dem deutschen Rekordmeister das wichtige Gen abhanden gekommen.

"Es gab Abstimmungsfehler"

Nach dem 7.Spieltag ging der Münchener Blick auf die Tabelle nicht wie gewohnt nach oben, sondern verharrte im tristen Mittelfeld auf Rang 11. Eine ganz und gar nicht angemessene Platzierung für den aktuellen Double-Sieger.

Die Mannschaft kam mit den Vorgaben des neuen Trainers Jürgen Klinsmann offensichtlich nicht so gut zu recht, wie erhofft. "Am Anfang lief es noch nicht so rund, es gab einige Abstimmungsfehler", bestätigt Schweinsteiger. Doch inzwischen habe man das Defensiv- wie das Offensivverhalten verbessert.

Es folgten fünf Bundesliga-Siege in Serie, die den Sprung auf den 3. Rang bedeuteten. Nur noch ein Zähler trennt den Titelfavoriten von den jungen Überraschungsteams aus Leverkusen und Hoffenheim.

Attraktivität steht hinten an

Vom Ideal des von Klinsmann bei Amtsantritt angekündigten begeisternden Angriffsfußballs ist der FC Bayern zwar noch weit entfernt. Doch mit Blick auf das zwischenzeitlich magere Punktekonto musste die Attraktivität eben hinten anstehen, wie Schweinsteiger auf Nachfrage von bundesliga.de bestätigt.

"Wenn es gut läuft, wollen wir die taktischen Vorgaben schon in den nächsten Spielen wieder umsetzen; Dinge wie Pressing, den Gegner durch schnelles Passspiel unter Druck zu setzen, auch auswärts. Aber erst mal müssen wir Sicherheit in unser Spiel bekommen und die Punkte holen. Die sind schließlich nach wie vor am wichtigsten", sagt der Nationalspieler.

Doch was genau macht das Bayern-Gen aus? Unerschütterliches Selbstbewusstsein? Mit drei Angriffen zwei Tore zu machen, rund 80 Minuten unter Druck zu stehen und trotzdem drei Punkte von des Gegners Platz zu entführen, wie zuletzt beim 2:1-Sieg auf Schalke am vergangenen Sonntag geschehen? Oder einfach "heiß darauf sein, die Spiele zu gewinnen", wie Schweinsteiger meint?

Toni: "Gute Mannschaften gewinnen auch schlechte Spiele"

Luca Toni, der mit seinem Treffer zum 1:0, seinem vierten in dieser Saison, nicht unerheblich zum Erfolg bei den "Knappen" beitrug, probiert es gegenüber bundesliga.de mit einem allgemeineren Erklärungsversuch: "Es zeichnet eine sehr gute Mannschaft aus, dass sie auch die Spiele gewinnt, in denen sie nicht so gut spielt. Gegen Schalke haben wir sicher nicht unsere beste Leistung gezeigt, aber die drei Punkte geholt."

Man sei immer von der eigenen Stärke überzeugt und sich sicher gewesen, "dass wir in der Tabelle wieder nach oben kommen werden", beteuert der Torschützenkönig der vergangenen Saison, der sich nach anfänglich fehlender Treffsicherheit und zehntägiger Verletzungspause derzeit persönlich in einer ähnlichen Situation wiederfindet wie sein Club nach den ersten sieben Spieltagen.

Motivation aus einem Novum

"Es gefällt mir nicht, dass ich in der Torschützenliste so weit hinter den Führenden liege. In den letzten Jahren hatte ich das Glück, immer der Gejagte zu sein. Jetzt muss ich die anderen jagen, aber das motiviert mich auch."

Doch wie der Torjäger ist auch der FC Bayern noch nicht da, wo er nach seinem Selbstverständnis hingehört. "Für uns zählt nur der 1. Platz", erklärt Toni, daher müsse am kommenden Wochenende gewonnen werden, egal wer der Gegner sei.

Schweinsteiger will "noch eiskalter werden"

Die Reise geht am Samstag zu Borussia Mönchengladbach, dem alten Rivalen aus den 70er Jahren. "Ich warne davor zu glauben, dass wir bereits am Ziel sind. Es ist ganz klar, dass wir in Gladbach gewinnen müssen, auch wenn das sehr schwierig wird. Ich kenne die Stimmung dort sehr gut, zwischen Bayern und Gladbach gibt es immer brisante Spiele", weiß Schweinsteiger.

Zweifel, auch im Borussia-Park zu triumphieren, hegt er allerdings nicht. Stattdessen sendet er eine Kampfansage an die Konkurrenz: "Wir müssen noch eiskalter werden und unsere Spiele souveräner gewinnen." Und dann sei es auch nur noch eine Frage der Zeit, bis man die beiden noch führenden Mannschaften an der Tabellenspitze ablöse, wie Schweinsteiger gegenüber bundesliga.de ankündigt.

"Ich finde die Philosophie und die Spielweise von Hoffenheim und auch von Leverkusen ganz gut, aber ich gehe davon aus, dass wir bald das Heft in die Hand nehmen."

Ja, so klingt es wohl, das Bayern-Gen…

Von der Säbener Straße berichtet Denis Huber