Manuel Friedrich (r., gegen Cipirian Marica) kam im Sommer 2007 vom 1. FSV Mainz 05 nach Leverkusen
Manuel Friedrich (r., gegen Cipirian Marica) kam im Sommer 2007 vom 1. FSV Mainz 05 nach Leverkusen

Ein Weckruf für die "Werkself"

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Bruno Labbadia ist ein ehrgeiziger und ein ehrlicher Kerl. Das war er schon als Spieler und ist es auch als Trainer. Nach der 2:4-Niederlage gegen den VfB Stuttgart im ersten Rückrunden-Heimspiel und zur Premiere in der Düsseldorfer LTU arena machte der Coach von Bayer Leverkusen seinem Ärger Luft und nahm kein Blatt vor den Mund. "So", sagte Labbadia, "haben wir uns in dieser Saison noch nicht präsentiert".

Warum genau seine Truppe gegen die Schwaben nicht ins Spiel fand und bereits nach drei Minuten durch den ersten Gegentreffer in die Verliererstraße einbog, kann Labbadia nicht exakt sagen. Augenscheinlich ist, dass seine Schützlinge es nicht schaffen, in der Bundesliga an die grandiose Vorbereitung und den souveränen 3:1-Pokalerfolg über Energie Cottbus anzuknüpfen.

Der Vorsprung schmilzt

Glänzend in Frühform hatte sich der rheinische Bundesligist in der Winterpause präsentiert und alle Testspiele gewonnen - die Partien gegen Galatasaray (3:1), Bursaspor (3:1) und den FSV Frankfurt (6:0) gar auf souveräne Weise. Die Fans standen mit offenen Mündern da und staunten. Es war Fußball zum Zungeschnalzen.

Zurück im Bundesliga-Geschäft kann Bayer diese starken Leistungen nicht mehr abrufen. Den Anhängern wird Magerkost geboten, die Münder sind wieder geschlossen. Doch viel bitterer für den Club: Durch das 1:1 bei Borussia Dortmund zum Auftakt der Rückrunde und der Pleite gegen den VfB hat Leverkusen, das nach wie vor auf Rang 5 steht, zum Hintermann an Vorsprung verloren: Die Stuttgarter liegen nur noch zwei Punkte zurück.

Alarmglocken schrillen

Tabellarisch gesehen ist Bayer noch auf Kurs, seine Vorgabe zu erreichen, nämlich einen Startplatz für den internationalen Wettbewerb. "Wir sind noch im Soll", betont Bruno Labbadia. Spielerisch hat sein Team aber zuletzt Mängel offenbart, die das Saisonziel in Gefahr bringen könnten, wenn sie nicht bald abgestellt werden. Schließlich warten mit Tabellenführer 1899 Hoffenheim und dem Hamburger SV in den nächsten Spielen zwei ambitionierte Gegner und Mitkonkurrenten im Kampf um ein Ticket für Europa. Bayer ist gewarnt, denn ein Abrutschen in der Tabelle droht.

Die Alarmglocken in der Geschäftsstelle an der Bismarckstraße läuten, von einer Krise wollen die Verantwortlichen aber nicht sprechen. "Dass irgendwelche Experten behaupten, Bayer stecke in einer Krise, interessiert uns nicht", wiegelt Manuel Friedrich ab. Der Innenverteidiger analysiert die vergangenen Auftritte sachlich: "In Dortmund war es ein sehr unglückliches Unentschieden für uns. Das Spiel gegen Stuttgart ging absolut in die Hose. Wir haben es nicht geschafft, unser Spiel durchzusetzen. Aber solche Tage gibt es. Ich bin zuversichtlich, dass es ein einmaliger Ausrutscher war."

Viel weniger Schüsse finden Weg auf das Tor

Dass das Zielwasser etwas abhanden gekommen ist, beweist ein Blick in die bundesliga.de-Statistikdatenbank. Brachten die Leverkusener bei ihrem bisher letzten Bundesliga-Sieg am 16. Spieltag im Auswärtsspiel gegen Borussia Mönchengladbach (3:1) noch neun ihrer 19 Schüsse auf das Tor, so liegt die Quote im neuen Jahr deutlich darunter. Auf den Dortmunder Kasten flogen ganze drei der 24 Schüsse, Stuttgarts Torwart Jens Lehmann sah sich auch nur drei (der 18) Knallern ausgesetzt.

"Wir müssen an unserer Chancenverwertung arbeiten und konsequenter sein. Es kann nicht sein, dass wir so fahrlässig mit unseren Chancen umgehen", kritisiert Manuel Friedrich, der auch einen stärker ausgeprägten Einsatzwillen fordert. "Wir müssen wieder die Partien richtig angehen und dagegen halten und nicht nur versuchen, mit Schönwetterfußball die Spiele zu entscheiden. Jeder Spieler muss sich fragen: Was kann ich verbessern? Habe ich wirklich alles gegeben, um die beste Leistung abzurufen? Und jeder muss an sich arbeiten, nur so kommen wir weiter."

Sinkiewicz noch nicht in Topform

In der Hinrunde hatte das Leverkusener Kollektiv super funktioniert und dem Club zehn Siege (bei zwei Remis und fünf Pleiten) beschert. Die Mannschaft war bis auf eine Position die gleiche: In der Innenverteidigung hatte neben Friedrich der Brasilianer Henrique gespielt, in den vergangenen beiden Partien war dort Lukas Sinkiewicz gesetzt.

Ihn für das fehleranfällige Bayer-Spiel festzumachen wäre zu einfach. Aber Faktum ist, dass er nach seinem Kreuzbandriss noch nicht wieder in Topform ist und bei seiner Leistung noch Luft nach oben hat. "Wenn man wie Lukas nach achtmonatiger Verletzungspause wieder zurückkommt, dann dauert es halt etwas, bis er wieder reinkommt. Da hilft nur Spielpraxis", sagt Friedrich.

Hoffenheim dürfte noch Rechnung offen haben

Die nächste Bewährungsprobe steht sowohl für Sinkiewicz als auch für die komplette Bayer-Elf am Freitag in Hoffenheim (ab 20 Uhr im Live-Ticker / Liga-Radio) an, wenn der Herbstmeister zum Tanz bittet. Der Tabellenführer dürfte mit den Labbadia-Mannen noch eine Rechnung offen haben, schließlich setzte es im Hinspiel eine 2:5-Packung und die höchste Pleite in der jungen Bundesliga-Geschichte des Clubs.

Auch wenn die Erinnerungen an dieses Offensiv-Feuerwerk noch präsent sind, will sich Bayer damit nicht mehr beschäftigen. "Vom 5:2 kann man sich leider nichts mehr kaufen", sagt Manuel Friedrich. Der Abwehrmann will nach vorne und nicht zurückblicken. "Es ist für uns ein Anreiz, Hoffenheim zu schlagen. Die haben eine super Truppe und werden bis zum Schluss oben dabei sein. Wir müssen am Freitag auf dem Platz ein Zeichen setzen, dass jeder sieht, dass auch wir da oben hingehören."

Den ehrgeizigen Bruno Labbadia wird es freuen.

Thorsten Schaff