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Lucien Favre ist mit der Zusammenstellung seiner Offensivreihe sichtlich zufrieden
Lucien Favre ist mit der Zusammenstellung seiner Offensivreihe sichtlich zufrieden

Ein Teelöffel Kruse, eine Prise Raffael

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Mönchengladbach - In seiner Zeit als Hertha-Trainer gab Lucien Favre einmal ein bemerkenswertes Interview. Als die Berliner im Frühjahr 2009 die Tabellenführung in der Bundesliga zierten und ein ernstes Wörtchen um die Meisterschaft mitredeten, verglich der Übungsleiter seine Berliner Mannschaft mit einem Gebäck.

Ebbe im Borussia Park

"Es ist so, als würde man einen Kuchen backen. Die Zutaten müssen stimmen. Du nimmst Eier, Mehl, aber wenn du statt Zucker Salz nimmst, dann schmeckt der Kuchen nicht, du kannst ihn in den Mülleimer werfen", philosophierte Favre im "Spiegel". Die Zusammenstellung der Hertha-Elf war in besagter Saison offenbar gelungen, auch wenn es am Ende nicht zum Titel reichte.



Ähnlich erfolgreich war die Rezeptur des Schweizer Chefkochs zwei Jahre später in Mönchengladbach, als er aus einem Abstiegskandidaten ein Team formte, das um die Champions-League-Plätze mitspielte. Mit teils atemberaubenden Kombinationen zauberte sich die Offensivreihe um Mike Hanke, Juan Arango, Patrick Herrmann und Marco Reus in die Herzen der Fußballfans.

Doch nach dem Weggang von Reus zum BVB war Ebbe im Borussia Park. Den Hurra-Stil aus der Saison 2011/12 gab es in Mönchengladbach nicht mehr zu sehen, als die "Fantasischen Vier" die Fohlen-Fans buchstäblich wachgeküsst hatten. Bleibt man beim Bild des Küchenchefs, hatte Favre im vergangenen Jahr offenbar nicht die passenden Zutaten beisammen.

Gladbachs Trainer wechselte seine Offensivreihe über die gesamte Spielzeit munter durch - ohne den erhofften Erfolg. Die Prise Zucker, die Marco Reus verkörpert hatte, gelang es Favre weder durch Luuk de Jong, Branimir Hrgota, Peniel Mlapa, Lukas Rupp oder Amin Younes zu ersetzen. Der Trainer konnte es drehen und wenden wie er wollte: Der Kuchen hatte immer einen salzigen Nachgeschmack.

Raffael und Kruse als passende Zutaten



Unter dem Weggang von Reus litten auch Arango, Herrmann und Hanke, die das gefürchtete Kombinationsspiel ohne ihren torgefährlichen Mitspieler nicht mehr aufziehen konnten. Zwar landete der VfL in der Endabrechnung auf einen ehrenwerten 8. Platz, doch vom Hochgeschwindigkeits-Fußball war man am Niederrhein so weit entfernt wie in der Zeit vor Favre.

Fast schien es, als sollte die famose Saison, an deren Ende die Borussia auf Platz 4 landete und die Champions League nur um Haaresbreite verpasste, ein Unikat bleiben - so die Befürchtung am Niederrhein. Favre und Sportmanager Max Eberl steckten indes ihre Köpfe bereits frühzeitig zusammen und lockten Max Kruse und Raffael zur Borussia. In der Annahme, dass der Kuchen durch die beiden Spieler wieder besser munden sollte.

Erste Anzeichen für eine Wiederbelebung des Offensivspiels waren bereits in der Saisonvorbereitung aus der Mimik des Gladbacher Trainers herauszulesen. Favre, der in der Vorsaison noch mürrisch dreinblickte, wenn er auf die Qualitäten seines Teams angesprochen wurde, hatte bei den gleichen Fragen nun wieder ein Lächeln im Gesicht.

Herausgespielte Tore statt Standardtreffer



Was ein Teelöffel Kruse und eine Prise Raffael ausmachen, durften die Fans bereits in den ersten vier Saisonspielen bewundern: Zusammen mit Arango und Herrmann, der übrig gebliebenen Hälfte der "Fantastischen Vier", befeuern die beiden Neuzugänge das Gladbacher Offensivspiel in ähnlichem Maße wie Reus und Hanke vor zwei Jahren.

Eindrucksvoll stellte das Quartett seine Stärke vor allem am vergangenen Spieltag unter Beweis, als sich die Vier beim alle Treffer aufteilten. Zunächst brachten Arango und Raffael die Borussia 2:0 in Führung, ehe Kruse und Herrmann nach dem zwischenzeitlichen Anschlusstreffer den Sack zumachten.

Mussten in der Vorsaison noch häufig Standardtore aushelfen, so kombinieren sich die Fohlen jetzt in aller Regelmäßigkeit bis in den gegnerischen Straumraum hinein. Die Folge: Sieben der zehn Saisontreffer spielte Gladbach mit Pässen heraus - darunter alle vier Tore gegen Bremen. An sämtlichen zehn Saisontoren war mindestens einer aus dem neu formierten Offensivquartett beteiligt.

"Wir haben mehr Klasse als im Vorjahr"



Blickt man in die Statistiken der erfolgreichen Saison 2011/12, deutet sich jedoch ein Unterschied zur aktuellen Spielzeit an: Während Marco Reus damals an 27 Toren beteiligt war, kamen Arango (17), Herrmann (13) und Hanke (11) nicht an die Quote des aktuellen Nationalspielers heran. Auch vor zwei Jahren besetzten Arango und Herrmann die Außenbahnen, im Sturmduo war Hanke dafür zuständig, die Bälle zu halten und abzulegen, Reus sprintete in Lücken und war dabei enorm effektiv.

Heute gibt es zwischen Raffael und Max Kruse eine gleichmäßigere Arbeitsteilung - beide sind sowohl Vorbereiter als auch Vollstrecker. Insgesamt waren in der aktuellen Saison alle Offensivkräfte zumindest an zwei Toren beteiligt, während Reus vor zwei Jahren von Beginn an eine Ausnahmestellung hatte.

"Wir haben sicher mehr Klasse als im Vorjahr, auch wenn wir das so nicht als Ziel ausgegeben haben", sagte Patrick Herrmann nach dem zweiten Heimsieg am vergangenen Samstag. "Ein Vergleich mit der Mannschaft der Saison 2011/12 ist aber sicher noch übertrieben. Da haben wir uns blind verstanden." Jetzt, wo Meisterkoch Favre wieder die passenden Zutaten beisammen hat, scheint jedoch eine ähnlich erfolgreiche Saison am Niederrhein durchaus möglich. Leckere Kostproben wurden jedenfalls schon mal gereicht.

Johannes Fischer