Der 17-jährige Julian Draxler leitet mit seinem Treffer zur 1:0-Führung den Schalker Sieg ein
Der 17-jährige Julian Draxler leitet mit seinem Treffer zur 1:0-Führung den Schalker Sieg ein

Ein Sieg für die ganze Familie

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Berlin - Schalkes Weltstar Raul hat schon viele Titel gefeiert in seiner Karriere. Über ein Dutzend bejubelte er im Trikot von Real Madrid. Was es dem 33-Jährigen bedeutet, im Herbst seiner Karriere noch einen Titel mit dem FC Schalke zu gewinnen, wurde kurz nach Abpfiff des Pokalfinales am Samstagabend deutlich. Strahlend tollte er nach dem 5:0 gegen Duisburg über den Rasen des Berliner Olympiastadions, band sich eine Spanienflagge um den Hals und gab vor der frenetisch jubelnden Fankurve den Torero.

"Es ist einer meiner glücklichsten Tage. Für mich ist es mehr als ein Titel", schwärmte der dreimalige Champions-League-Sieger. Er habe sich vor allem bei den Fans bedanken wollen, die ihn mit so viel Respekt empfangen und in die Schalker Familie aufgenommen hätten. Für Raul war es der erste Pokalsieg auf nationaler Ebene - und für seine Schalker der Rettungsanker am Ende einer durchwachsenen Spielzeit.

Schalke im internationalen Geschäft

Zwar stießen die "Königsblauen" in der Champions League bis ins Halbfinale vor. Doch mit Platz 14 in der Bundesliga haftet dem Jahr ein ernüchternder Makel an. "Es war eine dramatische Saison. Das Ende hat dazu gepasst", bilanzierte Christoph Metzelder nach dem höchsten Pokalsieg seit 1972. Damals hatte Schalke den Pokal mit dem gleichen Ergebnis gegen Kaiserslautern geholt.

Durch den deutlichen Erfolg gegen den Ruhrpott-Rivalen, den Julian Draxler (18.), Klaas-Jan Huntelaar (22., 70.), Benedikt Höwedes (42.) und Jose Manuel Jurado (55.) herausschossen, spielen die Schalker kommende Saison in der Europa League. "Wir haben alle Ziele erreicht", freute sich Schalkes Trainer Ralf Rangnick. "Es ist ein krönender Abschluss für eine Saison mit Höhen und Tiefen", freute sich Manager Horst Heldt: "Die Erleichterung ist riesig." Schließlich verschafft die Europapokal-Teilnahme dem Führungsstab auch ein Stück weit Sicherheit, um den Kader für die neue Saison zu planen.

"Das war ein Traum für mich"

Eine Personalie, die die Gemüter in den vergangenen Monaten besonders bewegte, rückte im Siegesrausch aber in den Hintergrund. Ob es denn nun tatsächlich Manuel Neuers letztes Spiel für Schalke gewesen sei, werde man in den kommenden Tagen sehen, so Heldt. "Es ist nach wie vor noch keine Entscheidung gefallen."

Der vom FC Bayern umworbene Keeper konzentrierte sich an diesem Abend lieber auf sein Amt als Kapitän und Antreiber der Pokalparty. Punkt 22.04 Uhr stemmte der 25-Jährige den Pott unter goldenem Konfettiregen in den Charlottenburger Nachthimmel. "Das war ein Traum für mich, den Pokal mit der Mannschaft in den Himmel zu halten", schilderte Neuer. "Über meine Zukunft habe ich mir keine Gedanken gemacht, sondern einfach nur den Moment genossen."

Nach der Pokalübergabe und den Feierlichkeiten auf dem Rasen ging die Sause in der Kabine weiter. "Da hat's ein bisschen gerappelt", beschrieb Neuer, als er eine geschlagen Stunde später vor die Journalisten trat. Manager Heldt ging da schon weiter ins Detail: "Es war die Hölle los. Der Zeitplan ist völlig über den Haufen geschmissen. Die Jungs sind nur am singen. Da wird mit allem rumgeschmissen, was es gibt."

Einpeitscher Gavranovic

Um 1:25 Uhr am frühen Sonntagmorgen marschierte das Team schließlich auf dem Festbankett der Schalker im Clubrestaurant Spindler & Klatt am Spreeufer in Kreuzberg ein. Nachdem Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies seine obligatorische Ansprache gehalten hatte, peitschte Stürmer Mario Gavranovic die Stimmung an.

In Manier eines Stadionsprechers rief der Schweizer unter dem Jubel der anwesenden Gäste jeden Einzelnen der Mannschaft auf - inklusive Physiotherapeuten, Betreuern und Trainern. Als dann Tönnies demonstrativ Manuel Neuer in den Arm nahm und alle gemeinsam die Vereinshymne anstimmten, da war das Glück der großen Schalker Familie perfekt - zumindest für ein paar Stunden. "Blau und Weiß, wie lieb ich Dich, Blau und Weiß, verlass mich nicht..."

Aus Berlin berichtet Andreas Messmer