FCB-Torhüter Oliver Kahn verabschiedete sich am 17. Mai 2008 mit der Meisterschale von den Fans
FCB-Torhüter Oliver Kahn verabschiedete sich am 17. Mai 2008 mit der Meisterschale von den Fans

"Ein schönes Fest" zum Abschied

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Die Ära des vielleicht ehrgeizigsten Fußballers endet mit einem Spaß-Spiel: Am Dienstag (20 Uhr/live im ZDF) wird Oliver Kahn ein letztes Mal in der Münchner Allianz Arena im Bayern-Dress zwischen den Pfosten stehen.

Wenn der 39 Jahre alte Torwart dann wie geplant nach 75 Minuten gegen die deutsche Nationalmannschaft das Feld verlässt, beginnt "die zweite Hälfte meines Lebens", sagt Kahn.

Einzigartige Karriere

Während die Spieler von Bundestrainer Joachim Löw den lockeren Kick gegen den deutschen Rekordmeister zum Warmlaufen für die WM-Qualifikation nutzen können, wünscht sich Kahn schlicht "ein schönes Fest". Knapp 21 Profijahre, in denen der dreimalige Welttorhüter stets auf Erfolg ausgerichtet war, hat er hinter sich. "Jetzt gehe ich andere Aufgaben an", sagt Kahn.

Zunächst aber wird seine einzigartige Torhüter-Karriere noch einmal im Blickpunkt stehen: 557 Bundesligaspiele, 86 Einsätze in der Nationalmannschaft, Champions-League- und Weltpokalsieger 2001, acht Mal deutscher Meister, je sechs Mal DFB- und Ligapokalsieger, Europameister 1996, Vizeweltmeister 2002, vier Mal Europas Torhüter des Jahres, sechs Mal in Deutschland, zwei Mal Fußballer des Jahres - mit den Pokalen seiner Titel, Rekorde und Auszeichnungen allein ließen sich ganze Vitrinen füllen.

Bittere Niederlage

Doch zu Kahns Karriere gehören auch die Brüche, die Misserfolge, die Ausraster und sein besonderer Charakter, die ihn nicht zum Pop-Idol, sondern zu einem einzigartigen, zu einem anderen Star und zuweilen tragischen Helden aufsteigen ließen.

Legendär ist die Last-Minute-Niederlage im Finale der "Königsklasse" gegen Manchester United 1999 genauso wie sein Kung-Fu-Sprung gegen Stephane Chapuisat und der Halsbiss gegen Heiko Herrlich. Die Wandlung von einem vom Ehrgeiz regelrecht zerfressen wirkenden Übermenschen, vom "Titan" und "King Kahn" hin zu einem Menschen, prägte die letzten Jahre seiner Karriere.

Unvergessene Geste

Was mit seinem Fehler im WM-Finale 2002 begonnen hatte, fand im verlorenen Kampf gegen Jens Lehmann um die Nummer 1 in der Nationalmannschaft bei der WM 2006 seinen Abschluss: Kahn akzeptierte die harte Entscheidung des damaligen Bundestrainers und jetzigen Bayern-Coaches Jürgen Klinsmann, setzte sich als Ersatzmann auf die Bank, gab Konkurrent Lehmann vor dem Elfmeterschießen im Viertelfinale gegen Argentinien Zuspruch und eroberte erst mit seiner menschlichen Seite die Herzen.

Lob gibt es nun von allen Seiten. "Oliver hat Unglaubliches für den deutschen Fußball und den FC Bayern geleistet", sagt Klinsmann. Vorstands-Chef Karl-Heinz Rummenigge bezeichnet Kahn als "den wichtigsten Spieler des FC Bayern in den vergangenen zehn Jahren", Manager Uli Hoeneß sieht in der Nummer 1 der vergangenen 14 Jahre "für immer einen wunderbaren Freund des Vereins". DFB-Präsident Theo Zwanziger nennt Kahn einen "herausragenden Sportler und außergewöhnlichen Menschen".

Job als TV-Experte

Für den ehemaligen Nationaltorwart beginnt nun die nächste Wandlung, weg vom Sportler, hin zum Experten, Förderer und möglicherweise einmal Manager.

Einen Ruhestand werde es jedenfalls nicht geben, kündigt Kahn an. Als Fachmann beim ZDF wird er den deutschen Fans weiter erhalten bleiben, in Asien wird er sich um Torwarttalente kümmern, ein Buchprojekt treibt er voran.

"Mir fehlt die Mannschaft, der Flachs, der Spaß"

Für seinen letzten Auftritt als Fußballer wünscht sich Kahn weniger sein erstes Tor, "für mich geht es darum, die 75 Minuten zu überleben", meint er schmunzelnd. Mitte Juli habe der Körper nach Training verlangt, berichtet Kahn, aber auf die tägliche Schinderei könne er gut verzichten: "Mir fehlt die Mannschaft, der Flachs, der Spaß."

Den wird er am Dienstag haben, und dass das Nationalteam ihm diesen Spaß ermöglicht, "ist eine ganz besondere Ehre für mich".