Sebastian Kehl (l., im Duell mit Schalkes Gerald Asamoah) scheut sich nicht, dahin zu gehen, wo es weh tut
Sebastian Kehl (l., im Duell mit Schalkes Gerald Asamoah) scheut sich nicht, dahin zu gehen, wo es weh tut

Ein Hoffnungsträger namens Kehl

xwhatsappmailcopy-link

Aus dem Polster von acht Punkten auf Rang 6 ist ein magerer Zähler geworden. Von den vergangenen fünf Spielen gewann der BVB nur das Duell gegen Hannover, kassiert 13 Gegentore.

Doch was wirklich schwer wiegt in Dortmund: Das Derby gegen den Erzrivalen ging verloren. 1:2 in Schalke - "weil wir nicht die Eier hatten, das Spiel zu gewinnen", wie Jürgen Klopp seiner Mannschaft unverblümt ins Stammbuch schrieb.

Kehl feiert Comeback

Zu wenig Mut, zu wenig Courage, zu wenig Willen - dem Einzelnen fehlten nur einige Prozent, doch in der Summe wurde daraus am Ende ein Problem. Einer aber zeigte in nur wenigen Minuten, wie es hätte aussehen können. Sebastian Kehl feierte nach langer Leidenszeit in der 86. Minute sein Comeback und verkörperte all jenes, was der Rest der Mannschaft vermissen ließ. Entschlossenheit. Einsatz. Willen. Direkt im ersten Zweikampf mit Gerald Asamoah setzte Kehl ein Zeichen: "Wer 'Asa' kennt, der weiß, wie er reingeht. Ich habe ihm gezeigt, dass er das mit mir nicht machen kann."

Dass der Kapitän gerade jetzt zurück an Bord ist, könnte sich für den BVB als Glücksfall erweisen. Jürgen Klopp hat den 30-Jährigen längst geadelt, indem er ihm im Interview mit bundesliga.de schon vor dem Saisonstart einen Freifahrtschein ausgestellt hatte. "Wenn 'Kehli' fit ist, hat er automatisch die Gier, am oberen Limit zu trainieren. Und wenn er fit ist, geht er brutal vorne weg. Deshalb denke ich nicht darüber nach, ihn nicht aufzustellen."

Klare Worte vom Rückkehrer

Nachdenken musste Klopp dann doch, weil Kehl ausfiel. 23 Spiele lang. Seit dem 23. Mai 2009 hatte er keine Bundesligapartie mehr bestreiten können. Noch in der Vorbereitung hatten seine Probleme mit einem Muskelfaserriss im Adduktorenbereich begonnen, es folgten mehrere Leistenoperationen und noch mehr Sorgen um den Langzeitpatienten.

Jetzt ist er also wieder da. Kehl, der Antreiber. Kehl, der Leader. Vor allem als Führungsfigur wird er gebraucht. Und er zeigte nicht nur in den wenigen Minuten auf Gelsenkirchener Rasen, warum er der jungen Dortmunder Mannschaft jetzt helfen kann. Kehl stellte sich auch nach der Partie. Da, wo andere sich fluchtartig zurückzogen, stand der Kapitän Rede und Antwort. Bekannte, dass er nach seinen ersten Bundesliga-Minuten trotz der Niederlage "innerlich auch ein bisschen glücklich" sei. Und sprach Klartext.

"Wir waren viel zu passiv", befand der Mittelfeldspieler, "was wir gezeigt haben, war einfach zu wenig." Die Ansage für die kommende Partie folgte umgehend. Am Samstag steht für den BVB das nächste Traditionsduell auf dem Plan, wenn die Gladbacher Borussia nach Dortmund kommt. "Da haben wir die Chance, vor eigenem Publikum Reaktion zu zeigen", meint Kehl, "und das sind wir den Leuten auch schuldig.”

Kehl: "Ich bin bereit!"

Er selbst will dabei vorangehen - und muss es wohl auch, weil den BVB wieder einmal ernste Personalsorgen plagen. Denn neben Hummels (Kieferbruch) wird definitiv auch Sven Bender (Sehnenreizung im Knie) ausfallen, der an der Seite von Nuri Sahin so oft eine überzeugende Doppel-Sechs im defensiven Mittelfeld gebildet hatte.

Die Entscheidung über seinen Ersatz fällt Jürgen Klopp, aber sein Kapitän meldet sich für das Spiel am Samstag unmissverständlich zurück: "Ich bin bereit!"

Aus Dortmund berichtet Dietmar Nolte