Im Jahr 1960 zieht Eintracht Frankfurt als erstes deutsches Team in ein europäisches Endspiel ein. Nach dem Halbfinalsieg gegen die Glasgow Rangers hieß der Gegner im Endspiel Real Madrid
Im Jahr 1960 zieht Eintracht Frankfurt als erstes deutsches Team in ein europäisches Endspiel ein. Nach dem Halbfinalsieg gegen die Glasgow Rangers hieß der Gegner im Endspiel Real Madrid

Ein Finale der Superlative - Eintracht Frankfurt gegen Real Madrid

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Frankfurt - Zum ersten Mal qualifizierte sich 1960 eine deutsche Mannschaft für das Finale im Pokal der Landesmeister: Eintracht Frankfurt, damals noch eine lupenreine Amateurmannschaft, stellte sich den Weltstars von Real Madrid - es wurde ein Spiel der Superlative. Es fielen die meisten Tore vor der größten Kulisse in der Geschichte europäischer Endspiele. Im Interview mit bundesliga.de erzählt Erwin Stein, der in der Partie zwei Tore erzielte, von diesem Jahrhundertspiel und den damaligen Rahmenbedingungen.

"Das waren die Götter in Weiß" - Erwin Stein über das Finale gegen Real Madrid

Im Museum von Eintracht Frankfurt treffen wir Erwin Stein, der als Außenstürmer für seinen Herzensverein in 342 Spielen 267 Tore erzielt hat. Zum Start der Bundesliga war er dabei und trug bis 1966 den Adler auf der Brust. Zwischen den Erinnerungen an die glorreichen und wundersamen Jahre des hessischen Vorzeigevereins nehmen die Derivate zum Endspiel von 1960 im Museum eine herausgehobene Stellung ein. Tageszeitungen mit Jubelmeldungen und ein Ball aus dem Endspiel zeugen von diesem Höhepunkt in der Geschichte von Eintracht Frankfurt - und von Erwin Stein.

bundesliga.de: Herr Stein, die Halbfinals gegen den hohen Favoriten Glasgow Rangers waren schon spektakulär. Sie gewannen mit der Eintracht 6:1 und 6:3 gegen die Schotten. Wie war die Stimmung in Frankfurt vor dem Finale?

Erwin Stein: Die Stadt stand unter Strom, die Spannung war überall zu spüren. Egal, ob auf der Arbeit oder beim Training, ständig wurden wir auf das große Spiel angesprochen. Nicht nur von Fußballfans, sondern auch von Leuten, die sonst mit Fußball nichts am Hut hatten.

bundesliga.de: Normalerweise trainierten sie ja nur abends, weil jeder noch einem Beruf nachging. Wurde das verändert?

Stein: Nein, wir sind ganz normal weiter zur Arbeit gegangen und haben abends um 18 Uhr trainiert. Ungefähr eine Woche vor dem Spiel wurden wir in einer Sportschule in der Nähe des Waldstadions zusammengezogen. Zwei Mann auf einem Zimmer. Unser Trainer Paul Oßwald hat uns morgens geweckt, jedem Kaffee eingeschenkt und dann zur Arbeit geschickt. Auch abends hat er sich um uns gekümmert. Er war die Mutter der Kompanie.

bundesliga.de: Gab es denn keine besondere Vorbereitung auf das Spiel?

Stein: Doch, ein bisschen hat Oßwald das Trainingsprogramm verändert. Wir Stürmer haben spezielle Spielzüge eingeübt, von denen einer zum 1:0 führte, und die Abwehrspieler haben versucht, sich auf die Tricks ihrer Gegenspieler einzustellen. Am wichtigsten war es aber, dass wir drei, vier schottische Bälle zur Verfügung hatten. Die waren nämlich viel schwerer als unsere aus Deutschland und ganz anders zu spielen.

bundesliga.de: Als Amateure war ihr Verdienst damals nicht sehr hoch. Wurden vor dem Finale Prämien ausgehandelt?

Stein: Unser Kapitän Alfred Pfaff war vor dem Spiel beim Vorstand. Die sagten zu ihm: Spielt erst mal und dann schauen wir weiter. Nach dem Finale wollten sie davon nichts mehr wissen, aber ein paar Mark haben wir doch noch erhalten.

bundesliga.de: Nach der Vorbereitung sind Sie nach Schottland geflogen. Wie war die Unterbringung vor Ort?

Stein: Wir hatten ein Hotel, ungefähr eine Autostunde von Glasgow entfernt. Dort verbrachten wir die letzten beiden Nächte vor dem Spiel. Das musste damals reichen. Unser Abschlusstraining haben wir auf einem Golfplatz um die Ecke durchgeführt.

bundesliga.de: Was sagte Trainer Oßwald vor dem Spiel? Gab es eine spezielle Ansprache?

Stein: Er musste nicht viel sagen. Wir waren hoch motiviert. Nur die nervenschwachen Spieler nahm er sich zur Seite. Er beruhigte sie und baute sie auf.

Das Gespräch führte Alexander Dionisius