Willy Sagnol gewann in der Saison 2000/01 mit dem FC Bayern die Champions League
Willy Sagnol gewann in der Saison 2000/01 mit dem FC Bayern die Champions League

"Ein 0:0 wäre kein schlechtes Ergebnis!"

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Der FC Bayern ist nur noch einen Schritt vom Finale entfernt. Auf dem Weg zum Endspiel in Madrid steht nur noch Olympique Lyon im Weg. Die Franzosen treten im Hinspiel am Mittwoch (ab 20:30 Uhr im Live-Ticker) zuerst in der Allianz Arena an.

Willy Sagnol weiß, wie es ist, die Königsklasse zu gewinnen. 2001 siegte er mit den Bayern im Finale in Mailand gegen den FC Valencia. Und Willy Sagnol kennt auch Olympique Lyon sehr gut. Schließlich ist der große Erzrivale von Lyon, der AS St. Etienne, Sagnols Heimatverein.

Einen Favoriten kann der 33-Jährige im Halbfinale aber nicht ausmachen. "Bayern und Lyon sind sich sehr ähnlich", erklärt er im bundesliga.de-Interview. Sagnol spricht auch über die Superstars Robben und Ribery, die Schwächen von Lyon und er zieht einen Vergleich zum Siegerteam von damals.

bundesliga.de: Herr Sagnol, sind Sie überrascht, dass der FC Bayern es bis ins Halbfinale geschafft hat?

Willy Sagnol: Nein, absolut nicht. Der FC Bayern gehört schließlich zu den besten Teams in Europa. Manchester United galt zwar als großer Favorit für den Gewinn der Champions League, aber die Bayern haben einfach ihre Chance genutzt.

bundesliga.de: Nach Manchester heißt der Gegner nun Olympique Lyon. Welches Team ist in dem Duell der Favorit?

Sagnol: Das spielt im Halbfinale der Königsklasse keine Rolle mehr. Jedes Team hat das Finale fest im Visier, schließlich ist es nun die letzte Hürde vor Madrid. Da kann man nicht mehr von einem Favoriten sprechen.

bundesliga.de: Hat der FC Bayern die schlechteren Karten, weil er erst ein Heimspiel hat?

Sagnol: Normalerweise ist das ein Nachteil. Aber die Bayern haben in dieser Saison gezeigt, dass sie auswärts zu noch größeren Leistungen im Stande sind. Das liegt vor allem daran, dass Arjen Robben und Franck Ribery für ihre Spielweise viel Platz brauchen, um richtig auf Touren zu kommen, und den bekommen sie auswärts häufiger.

bundesliga.de: Apropos Robben. Er ist in der Champions League der Faustpfand der Münchner. Ist der Niederländer nach Barcelonas Lionel Messi derzeit der beste Spieler?

Sagnol: (lacht) Vielleicht. Messi ist natürlich die Nummer 1. Robben ist ja schon lange als überragender Spieler bekannt. Verletzungen haben ihn in der Vergangenheit leider immer in der Entwicklung gebremst. Aber jetzt läuft es für ihn rund und er ist enorm wichtig für die Bayern.

bundesliga.de: Was ist mit Franck Ribery, der momentan ein bisschen im Schatten von Robben steht?

Sagnol: Es ist immer schwierig, nach zwei, drei Verletzungen sofort wieder 100 Prozent auf dem Platz zu geben. Franck braucht immer noch Spielpraxis, um seinen Rhythmus zu finden. Deshalb ruft er nicht immer diese genialen Momente ab. Doch mit jedem Spiel, das er absolviert, wird er besser und stärker.

bundesliga.de: Was halten Sie von Ivica Olic, der in der jetzigen Verfassung Miroslav Klose und Mario Gomez klar auf die Bank verdrängt hat?

Sagnol: Klose hat in dieser Saison sicherlich noch keine guten Werte. Aber er ist und bleibt ein Superstürmer. Für Gomez war der Schritt von Stuttgart zu den Bayern sehr schwer. Denn in München ist der Druck immer sehr viel größer. Nach ein paar Monaten hat er aber gezeigt, was er drauf hat. Die Verletzung in Florenz hat ihn zurückgeworfen und in der Zeit hat Ivica Olic seine Chance bravourös genutzt.

bundesliga.de: Robben und Ribery können Spiele allein entscheiden. In dieser Saison ist es aber das Kollektiv, das überzeugt. Erinnert Sie das ein bisschen an 2001, als der FC Bayern zuletzt die Champions League gewonnen hat?

Sagnol: Die Bayern haben gegen Florenz und Manchester wahnsinnig viel Leidenschaft gezeigt. Genauso, wie wir es 2001 getan haben. Der große Unterschied ist jedoch, dass das Team von heute noch viel mehr Potenzial besitzt.

bundesliga.de: Ist der Erfolg umso höher einzustufen, weil Trainer Louis van Gaal junge Leute wie Holger Badstuber und Thomas Müller eingebaut hat?

Sagnol: Nein, das denke ich nicht. Louis van Gaal hat die Spieler aufgestellt, weil er überzeugt ist, dass sie auf höchstem Niveau spielen können. Und das haben sie in dieser Saison dann auch gezeigt. Es ist natürlich schön zu sehen, dass van Gaal den jungen Spielern diese Chance gegeben hat.

bundesliga.de: In welchen Bereichen sind die Bayern dem Gegner aus Frankreich voraus? Und wo können sie noch was lernen?

Sagnol: Lyon und Bayern sind sich sehr ähnlich, sowohl was die Stärken, aber auch was die Schwächen angeht. Offensiv ist Olympique super gefährlich, aber in der Defensive stehen sie nicht sehr stabil.

bundesliga.de: Wie muss der FC Bayern dann spielen, um Lyon zu bezwingen?

Sagnol: Wichtig ist, dass die Bayern nicht solche Fehler machen wie gegen Manchester. Und sie sollten auch nicht denken, dass sie unbedingt drauf los stürmen und 2:0 oder 3:0 gewinnen müssen, weil sie ein Heimspiel haben. Denn die Bayern werden in Lyon noch viel mehr Möglichkeiten bekommen. Im Stade de Gerland schätze ich die Chancen sehr hoch ein. Denn ein Tor schießen sie dort auf jeden Fall. Ein 0:0 wäre im Hinspiel in meinen Augen also kein schlechtes Ergebnis.

bundesliga.de: Und welche Mannschaft ist nun der Favorit?

Sagnol: Das ist ganz schwer einzuschätzen. In meinen Augen sind die Chancen ausgeglichen. Wenn überhaupt, hat der FC Bayern nur einen klitzekleinen Vorteil. Denn er hat im Gegensatz zu Lyon mit Robben und Ribery Spieler, die eine Partie allein entscheiden können. Dafür sind die Franzosen taktisch sehr geschult. Sie sind eine richtige Einheit, ein Block, der kompakt spielt. Ich drücke auf jeden Fall dem FC Bayern die Daumen. Zumal Lyon der Erzrivale meines Heimatclubs St. Etienne ist.

Das Gespräch führte Michael Reis