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"Duracell-Häsli"

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München/Stuttgart - Mit 27 Jahren nimmt Philipp Degen einen zweiten Anlauf in der Bundesliga. Zunächst auf Leihbasis für ein Jahr schnürt der Profi des FC Liverpool die Schuhe für den VfB Stuttgart. "Ich bekomme hier eine neue Chance - vom Trainer und vom Verein", sagt der ehemalige Dortmunder. "Für mich ist der Club die große Chance, wieder auf mein Top-Level zu kommen."

Mit dem Schweizer hat sich der VfB Stuttgart einen technisch hoch veranlagten Außenverteidiger geangelt, einen, "der oft den Weg nach vorne sucht", wie es Trainer Christian Gross ausdrückt. Für Degen ist es die Chance, nach einer von Rückschlagen geprägten Zeit in der Premier League endlich wieder ein erfolgreicheres Kapitel seiner Karriere zu schreiben. Einer Karriere, die wie ein Märchen begann, bei der das Happy End aber noch fehlt.

Ständig unter Strom

Degens Werdegang ist eng verknüpft mit dem seines Zwillingsbruders David. Es die Geschichte zweier fußballbegeisterter Buben aus einem Schweizer Bergdorf, die auszogen, um die große Fußballwelt zu erobern:

Die Degen-Zwillinge wachsen im 500-Seelen-Dorf Lampenberg im Kanton Basel-Landschaft auf, landen alsbald in der Jugendabteilung des FC Basel, wo in der Saison 2004/05 auch ihre Profikarriere beginnt. David, heute als Profi bei Young Boys Bern, glänzt im Angriff, Philipp macht als offensivstarker Außenverteidiger auf sich aufmerksam. Ihr Bewegungsdrang zeichnet die beiden aus - ständig aktiv, immer unter Strom, impulsiv auf dem Rasen.

"Duracell-Häsli" nannte Ottmar Keller, Konditionscoach der Schweizer Nati die Degen-Zwillinge einmal - angelehnt an den rosa Hasen aus der Batterien-Werbung, der mehr läuft und länger trommelt als seine Artgenossen. Keller meinte das im positiven Sinne, insbesondere Phipp Degen musste für diese Wesensart aber auch herbe Kritik einstecken.

"Schön, wieder mit ihm zu arbeiten"

Als "Zappelphilipp" bezeichnete das Schweizer Boulevardblatt "Blick" den um 30 Minuten jüngeren der beiden Zwillinge. Zwar als hochtalentiert, aber auch als schwer zu führen galten die Degens damals.

Ausgerechnet Christian Gross, zu dieser Zeit Chefcoach beim FC Basel, ließ sogar öffentlich anklingen, dass es den Degens an der Kinderstube mangele. Der heutige VfB-Coach feierte 2005 gemeinsam mit Degen in Basel die Meisterschaft. "Es ist schön, wieder mit ihm zu arbeiten", sagt Degen heute: "Er hat mich herausgebracht."

Nach einem überzeugenden Jahr in Basel und von den Medien als eines der größten Talente der Alpenrepublik seit langem hochgejazzt, folgte für Degen danach der nächste Schritt: die deutsche Bundesliga.

2005 unterzeichnete er bei Borussia Dortmund. 31 Spiele bestritt er im ersten Jahr für die Westfalen. Richtig glücklich lief seine Debütsaison beim BVB aber nicht. Trainer Bert van Marwijk kritisierte den damals 22-Jährigen mehrfach öffentlich hart für seinen Offensivdrang. "Obwohl er Smolarek und Rosicky vor sich hat, läuft er zu viel nach vorne und macht die Räume eng. Degen muss das lernen, auch wenn es vielleicht sehr teuer wird", sagte der heutige Bondscoach.

Degen selbst sah sich alsbald als "Sündenbock" auserkoren. An allem sei er schuld gewesen, sagte der Schweizer 2008 rückblickend in einem "Sport Bild"-Interview, "sogar wenn es in Dortmund geregnet hat."

Lockruf von Rafael Benitez

In der Folgesaison kam Degen auf 27 Einsätze, im dritten Jahr waren es aufgrund einer Verletzung nur noch zehn Spiele. Selbst das schreckte den englischen Traditionsclub FC Liverpool im Sommer 2008 nicht ab, den Außenverteidiger auf die Insel zu locken. In einer Phase seiner Karriere, die durch Verletzungen geprägt war, bekam er plötzlich die Chance das nächste Level zu erreichen.

Schlagartig war Degen einer der bestbezahlten Fußballer der Schweiz, angekommen bei seinem Traumclub, in der Glitzerwelt Premier League, wo er mit Superstars wie Steven Gerrard und Fernando Torres auf dem Trainingsplatz stand. "Bei diesem Club zu spielen, war schon immer mein großer Wunsch", sagte er im Sommer 2008.

Pechsträhne beim FC Liverpool

Der Wunschtraum wurde schnell zum Albtraum: Zu Beginn seiner Zeit in der englischen Hafenstadt setzte ihn eine Leistenoperation außer Gefecht, beim Comeback im September erlitt er zwei Rippenbrüche, zog sich ein Loch in der Lunge zu. Der nächste Comebackversuch im November endete erneut tragisch: Bruch des Mittelfußknochens lautete die Schockdiagnose.

Degen blieb dran, kämpfte sich zurück. Im darauffolgenden Jahr ging die Pechsträhne weiter. In einem Spiel der Liverpool-Reserve gegen ManUnited erzielte er kurz nach Spielbeginn ein Tor, 20 Minuten später trugen ihn die Sanitäter verletzt vom Rasen: Sein Mittelfußknochen war erneut gebrochen. Richtig einsteigen in den Kampf um die Stammplätze bei den "Reds" konnte Degen nie, das ließen die permanenten Rückschläge nicht zu. Auf nur sieben Einsätze brachte es Degen in der vergangenen Saison.

Hingeworfen hat der gebürtige Liestaler trotzdem nie. Das Motto "Durchhalten, nie aufgeben!" zog sich wie ein roter Faden durch seine seine Zeit auf der Insel. Nun also soll es beim VfB wieder erfolgreicher weitergehen. Der Duracell-Hase wurde in Deutschland übrigens mit einem passenden Slogan berühmt: "Hält entscheidend länger und länger und länger..."

Andreas Messmer