Drei Tore gegen den Frust

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Stuttgart - Aufatmen beim VfB Stuttgart: Nach drei Niederlagen in Serie haben die Schwaben endlich wieder gewonnen - und zwar klar und deutlich mit 3:0 gegen Young Boys Bern. Danach zeigten sich die Protagonisten zwar erleichtert, hatten aber bereits das nächste Spiel im Hinterkopf.

Es war in der 60. Spielminute, als man merkte, dass der VfB Stuttgart doch noch guten Fußball spielen kann. Der bis dato unauffällige Neuzugang Mauro Camoranesi spielte auf Cacau, der nach feinem Solo Christian Gentner bediente, der gekonnt vollstreckte.

Gross setzt weitgehend auf Stammpersonal

Nicht nur, dass es jetzt 2:0 für die Stuttgarter stand, auch das kollektive Aufatmen war in der Baustelle Mercedes-Benz Arena spürbar. Denn bis dahin hatte man den Eindruck, als ob selbst die schwachen Gäste aus Bern den psychisch angeknacksten VfB noch in Verlegenheit bringen könnten.

So aber gewannen die Schwaben letztlich ungefährdet mit 3:0, auch wenn ihnen die Verunsicherung über lange Zeit deutlich anzumerken war. Schwer lastete der Druck auf der Mannschaft von Trainer Christian Gross nach drei bitteren Bundesliga-Niederlagen in Folge. Gross selbst schien vor dem Spiel der Geduldsfaden noch nicht endgültig gerissen zu sein. Trotz der problematischen Situation entschied sich der Schweizer, auf sein bisheriges Stammpersonal zu setzen. Lediglich der formschwache Cristiano Molinaro musste weichen, für ihn agierte Arthur Boka auf der linken Abwehrseite, der aber nicht vollends zu überzeugen wusste.

Kein Anlass zur Euphorie

Und Gross machte alles richtig. "Das war eine gute Leistung", war der Schweizer nach der Partie auch hochzufrieden. In der Tat waren die Stuttgarter im Vergleich zu den letzten Spielen kaum wiederzuerkennen. Bissig in den Zweikämpfen, aggressiv, mit teilweise schönen Kombinationen - ganz allmählich scheinen sich ins Spiel des VfB wieder feste Mechanismen einzuschleichen. "Es ist uns gelungen, gefährlich nach vorne zu spielen und viele Torchancen zu kreieren, das war sehr positiv", meinte auch Camoranesi, der sich sicherlich in den kommenden Wochen noch steigern kann.

Insgesamt machte der VfB einen guten Eindruck. Wobei die Spieler selbst dem gegen Bern so gut riechenden Braten noch nicht zu trauen scheinen. Zu tief sitzt offenbar noch die Enttäuschung der letzten Wochen. "Hoffentlich können wir den Schwung mit in die Liga nehmen", sagte beispielsweise Torschütze Gentner und machte dabei einen leicht zweifelnden Eindruck. Euphorie ist im Stuttgarter Lager auch nicht angebracht. Der Gegner aus der Schweiz hatte an diesem Abend besseres Zweitliganiveau und war so sicherlich kein Maßstab für die anstehende Bundesliga-Aufgabe gegen Borussia Mönchengladbach.

Führungsfigur Delpierre vor Rückkehr in die Startelf

Das wussten auch die Stuttgarter Akteure und wurden nicht müde zu betonen, wie wichtig es sei, den Schwung aus der Europa League bis zum Samstagnachmittag hinüberzuretten. Bis zur Partie gegen die zuletzt so unberechenbaren "Fohlen" bleibt nicht viel Zeit, um die müden Beine wieder munter zu machen. "Die Regeneration bis zum Gladbach-Spiel ist wichtig. Die kurzen Abstände können aber aus eigener Erfahrung in Wolfsburg auch ganz gut sein", erklärte Gentner zu diesem Thema.

Apropos: Der Neuzugang entwickelt sich in Stuttgart mehr und mehr zu einer Führungspersönlichkeit und scheint auf Sicht durchaus in der Lage zu sein, den nach Madrid abgewanderten Sami Khedira zu ersetzen. So wäre zumindest ein neuer Anführer gefunden. Ein anderer Kandidat für diese Rolle, Matthieu Delpierre, wurde gegen Bern noch einmal geschont.

"Das war mit dem Trainer so angesprochen", sagte der Franzose nach dem Sieg, es ist davon auszugehen, dass er gegen Mönchengladbach auflaufen wird. Überhaupt scheint sich das Lazarett zu lichten. "Ich freue mich, dass wir für Samstag weitere personelle Optionen mit Matthieu Delpierre und Stefano Celozzi haben werden", meinte Gross in der Pressekonferenz und konnte dabei auch endlich mal wieder lächeln.

Aus Stuttgart berichtet Jens Fischer