Nach der 0:5-Pleite in Kaiserslautern "durften" die S04-Profis ohne Handschuhe trainieren
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Dr. Jekyll und Mr. Hyde

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Gelsenkirchen - Dortmund zieht einsam seine Kreise, Hannover, Freiburg und Nürnberg proben den Aufstand und der FC Bayern kann die Meisterschaft nach 14 Spieltagen fast schon abschreiben. Die 48. Bundesligasaison ist schon jetzt außergewöhnlich - doch von allen Bundesligavereinen gibt der FC Schalke 04 die meisten Rätsel auf: Während die "Königsblauen" in der Champions League schon vor dem letzen Spieltag ins Achtelfinale gezogen sind, kommen sie in der Liga-Alltag einfach auf keinen grünen Zweig.

Den vorläufige Tiefpunkt bildete die deprimierende 0:5-Klatsche bei Aufsteiger 1. FC Kaiserslautern, durch die der Club weiterhin nur knapp vor den Abstiegsrängen bei kümmerlichen 15 Punkten verharrt. Anspruch und Wirklichkeit klaffen dabei so weit auseinander wie eine meterbreite Felsspalte in den Alpen. Dabei hätten die "Königsblauen" allen Grund gehabt, mit breiter Brust an den Betzenberg zu fahren - denn nur drei Tage zuvor lieferte die Elf von Trainer Felix Magath beim 3:0-Erfolg gegen Olympique Lyon ein wahres Spektakel in der "Königsklasse" ab.

"Viele bewerten die Champions League zu stark"

Champions League hui, Bundesliga pfui - wo liegen die Ursachen der neugefassten Novelle von "Dr. Jekyll und Mr. Hyde"? Für Trainer Felix Magath ist es eine Sache der Einstellung: "Es gibt zu viele Spieler bei uns, die die Champions League zu stark bewerten und nicht begreifen, dass die Bundesliga unser Tagesgeschäft ist und sie da gefälligst Leistung bringen müssen."

Alles eine Kopfsache also? bundesliga.de begab sich auf Ursachenforschung, nahm sämtliche Champions-League-Galas der Bundesligaclubs aus den vergangenen zehn Jahren unter die Lupe - und blickte anschließend auf den folgenden Bundesligaspieltag. Wie also wirkte sich ein besonderes Erfolgserlebnis in der "Königsklasse" aus, wurde der Rückenwind in die Bundesliga mitgenommen?

Das Kriterium für eine "Gala" wurde folgendermaßen festgelegt: Alle Siege mit mindestens drei Toren Unterschied sowie "einfache" Erfolge gegen die fünf Top-Vereine FC Barcelona, Real Madrid, Manchester United, FC Chelsea und Inter Mailand.

Nur der FC Bayern patzte zwei Mal

Die Bilanz spricht eine überdeutliche Sprache: 38 Mal feierten deutsche Vereine einen entsprechenden Sieg und nur zwei der anschließenden Bundesliga-Spiele wurden verloren - beide Male hatte der FC Bayern, jeweils im September 2006, das zweifelhafte Vergnügen. Zunächst fegten die Münchner Spartak Moskau mit 4:0 aus der Allianz Arena, um wenige Tage später in Bielefeld eine überraschende 1:2-Niederlage einzustecken. Am darauf folgenden Champions-League-Spieltag gewann der FCB bei Inter Mailand mit 2:0 - und verlor anschließend 0:1 in Wolfsburg. Am Ende klappte es weder mit dem Titelgewinn in der Meisterschaft (Platz 4) noch im Europapokal (Viertelfinal-Aus gegen den AC Mailand).

Neben den beiden Niederlagen des deutschen Rekordmeisters gab es noch 25 Siege und elf Unentschieden - Zahlen, die durchaus belegen, dass ein spektakulärer Sieg in der Champions League auch in der Bundesliga Signalwirkung hatte. Eine Niederlage mit mehr als einem Tor Differenz gab es bis zur Schalker Pleite in Kaiserslautern überhaupt noch nicht.

Müde Beine nach englischen Wochen können bei den "Königsblauen" demnach nicht als Ausrede ins Feld geführt werden. Es spricht also viel für die These von Magath, der nach dem bitteren Nachmittag in der Pfalz bilanzierte: "Einige Spieler haben anscheinend noch vom internationalen Fußball geträumt. Anders ist es nämlich nicht zu erklären, dass eine Mannschaft, die gegenüber dem Spiel gegen Lyon nur auf einer Position verändert war, drei Tage später so desolat spielt."

Johannes Fischer