Die schwere zweite Saison
Mit hängenden Köpfen schlichen die Spieler von 1899 Hoffenheim nach dem Spiel beim VfL Bochum aus dem rewirpowerSTADION. Nach dem Sieg gegen Hannover am 21. Spieltag nach sieben sieglosen Spielen in Folge hatte das Team auf eine Trendwende gehofft.
Stattdessen kassierte die Elf von Ralf Rangnick im Ruhrgebiet eine 2:1-Niederlage.
Saison bereits abgeschrieben?
Die spielerische Magie aus der Hinrunde der vergangenen Saison ist endgültig verflogen. Ein Blick auf die Tabelle offenbart die bittere Realität: Satte acht Punkte trennen Hoffenheim von der Qualifikation für die Europa League; Trainer Ralf Rangnick scheint die Saison bereits abgeschrieben zu haben.
"Der Abstand ist mittlerweile zu groß, um sich nach vorn zu orientieren", so der Trainer, der sich maßlos enttäuscht zeigte: "Meine Mannschaft hat zwar, vor allem in der zweiten Spielhälfte, alle Kräfte mobilisiert und auch alles gegeben, doch wir haben aus unserer Überlegenheit insgesamt zu wenig Torchancen herausgespielt. Somit stehen wir am Ende mit leeren Händen da."
Kein Vergleich zur Vorsaison
Vergleicht man die aktuelle Lage in der Liga (Platz 9) mit dem Tabellenstand zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison (Platz 3), wird schnell klar, woran es bei Hoffenheim hapert. In der Defensive strahlen Torwart Timo Hildebrandt und der im Sommer verpflichtete Josip Simunic eine ungemeine Routine aus, so dass Hoffenheim mit 27 Gegentreffern sogar besser dasteht als nach 22 Spieltagen der Vorsaison (31 Gegentreffer).
In der Offensive jedoch klafft eine große Lücke: Fackelte das Team 2008/09 noch ein Offensivfeuerwerk nach dem anderem ab und war mit 49 Treffern in 22 Spielen einsame Spitze, stellt Hoffenheim mit bislang 30 Treffern nur die neuntbeste Offensive.
Ladehemmung in Offensiv- und Kreativabteilung
Vedad Ibisevic, der allein in der Hinrunde der vergangenen Saison 18 Treffer erzielte, scheint sich von seinem Kreuzbandriss immer noch nicht erholt zu haben - vergleichsweise magere sieben Tore stehen bislang für den Bosnier zu Buche. Auch Chinedu Obasi (bislang 5 Tore) und Demba Ba (4 Tore), die im Vorjahr gemeinsam mit Ibisevic für Angst und Schrecken in den gegnerischen Abwehrreihen sorgten, haben mit Verletzungssorgen und akuter Ladehemmung zu kämpfen.
Auch im Mittelfeld läuft es in Hoffenheim nicht so wie gewünscht. Zirkelte Sejad Salihovic die Freistöße mit beeindruckender Regelmäßigkeit ins gegnerische Tor, traf er bislang erst drei Mal. Einzig Carlos Eduardo, der in der letzten Saison eine Weltklasseleistung nach der anderen ablieferte, ruft sein Potenzial ab - doch als momentan einziger Aktivposten gerät er immer wieder ins Visier von mehreren Gegenspielern.
Ohne Gustavo gegen Mönchengladbach
Verzichten müssen die Kraichgauer in den nächsten drei Pflichtspielen zudem auf Luis Gustavo. Der 22-jährige Brasilianer, zweifellos ein riesiges Talent, sah in Bochum nach grobem Einsteigen gegen Lewis Holtby wieder einmal die Rote Karte - bereits sein vierter Platzverweis in zwei Bundesligasaisons - und steht sich und seiner Mannschaft immer wieder selbst im Weg.
"Wir müssen von Spiel zu Spiel denken. Was am Ende der Saison dabei herauskommt, sehen wir dann im Mai", gibt Abwehrchef Josip Simunic die Marschroute fürs Heimspiel gegen die punktgleiche Borussia aus Mönchengladbach am Freitagabend vor. Erst drei Mal trafen beide Teams aufeinander, zwei Mal hieß der Sieger Hoffenheim. 1899 muss versuchen, schnellstmöglich an die Leistungen der Vorsaison anzuknüpfen, will man mit einem qualitativ hohen Kader nicht im Mittelmaß der Liga versinken.
Vera Schmidt