Im November 2008 übernahm Markus Babbel das Amt des Interims-Trainers beim VfB Stuttgart
Im November 2008 übernahm Markus Babbel das Amt des Interims-Trainers beim VfB Stuttgart

"Die Mannschaft hat Sensationelles geleistet"

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Vor dem Spitzenspiel am letzten Spieltag beim FC Bayern München ist für den VfB Stuttgart noch vieles möglich. Interims-Trainer Markus Babbel spricht im bundesliga.de-Interview über die Saison und seine Zukunft beim VfB.

bundesliga.de: Herr Babbel, das letzte Aufeinandertreffen zwischen Bayern und Stuttgart war das Pokalspiel, welches für den VfB sehr unerfreulich war. Sprechen Sie Ihre Mannschaft nochmals auf diese Partie an, insbesondere, dass Dinge aus diesem Spiel nicht noch einmal vorkommen?

Markus Babbel: Nein, speziell nochmal darauf eingehen werde ich nicht. Da sehe ich keine Notwendigkeit. Es war das erste Spiel nach der Winterpause und keiner wusste so genau wo er steht. Wir haben einen sehr schlechten Tag erwischt und auch hochverdient in dieser Höhe verloren. Wichtig ist, dass wir wieder zurück in die Spur gefunden haben und uns auf das Spiel in München freuen können. Wir haben unser großes Ziel - unter die ersten fünf zu kommen - erreicht. Jetzt gilt es noch einmal die gezeigten Leistungen der letzten Wochen und Monate zu bestätigen und alles dafür zu tun, eventuell das Unmögliche noch möglich zu machen.

bundesliga.de: Was wäre das Unmögliche? Die Meisterschaft?

Babbel: Der 2. Platz. Von der Meisterschaft wollen wir nicht träumen. Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, aber Zweiter ist durchaus realistisch. Wir wissen aber, dass es unheimlich schwer wird. Wir spielen in München gegen Bayern München, die Aufgabe wird wieder mal eine Herkules-Aufgabe, aber wenn es uns gelingt die Leistungen der vergangenen Spiele zu zeigen, werden es die Bayern gegen uns schwer haben.

bundesliga.de: Was bedeutet es für Sie, ausgerechnet beim FC Bayern das entscheidende Spiel um die Meisterschaft, Champions League oder den UEFA-Pokal zu haben?

Babbel: Erst einmal ist es sensationell, dass wir in diese Position gekommen sind. Wenn das einer vor drei oder vier Monaten zu uns gesagt hätte, dann hätten ihn einige für wahnsinnig erklärt. So ist es umso schöner und es freut mich für die Mannschaft, dass sie mit einer tollen Energieleistung es geschafft hat, so einen Weg zu gehen. Jetzt gilt es noch mal die Konzentration hoch zu halten und am Samstag eine Top Performance abzuliefern, denn die wird nötig sein, um dieses Spiel gewinnen zu können. Für mich persönlich spielt das keine große Rolle, denn ich bin schon länger nicht mehr in München gewesen. Wir wollen unseren Fans einen tollen Abschluss bereiten und eine gute Leistung zeigen.

bundesliga.de: Das 2:2 im Hinspiel war ein sehr kampfbetontes Spiel. Wie werden Sie auf ihre Spieler einwirken, dass Sie im "Endspiel" die Nerven behalten?

Babbel: Ich werde auf das hinweisen, was für uns wichtig ist. Wieder diese Kompaktheit zu haben und die nötige Laufbereitschaft zu zeigen, aber auch die Aggressivität beizubehalten. Wir haben nichts zu verschenken, wir wollen mit aller Macht versuchen einen Sieg zu erringen, aber wir wissen auch, dass es sehr schwer wird. Für mich ist wichtig, von der Mannschaft wieder eine Einstellung wie in den vergangenen Spielen zu sehen.

bundesliga.de: Wird Mario Gomez von Anfang an spielen können?

Babbel: Ich gehe davon aus.

bundesliga.de: Ist es für die Mannschaft ein Vorteil, dass man schon einen Platz im neuen Europacup erreicht hat oder wäre es eine Enttäuschung, wenn es am Ende nur eben dieser Platz sein sollte?

Babbel: Wenn jemand von einer Enttäuschung reden würde, wäre dies nicht normal. Wir haben definitiv den 4. Platz und haben sogar noch die Möglichkeit in die Champions League zu kommen. Vor Wochen waren wir noch meilenweit von diesen Plätzen entfernt und da hätte ich eine Endplatzierung auf den internationalen Rängen sofort unterschrieben.

bundesliga.de: Wie hoch ist der Anteil von Markus Babbel am Aufstieg des VfB in den letzten Wochen?

Babbel: Ich versuche nur Hilfestellung zu leisten, meine Erfahrungen ins Training einzubringen und den Spielern klar zu machen, welch Potenzial in ihnen steckt. Wenn diese Leistungen als Mannschaft gezeigt werden, gibt es nicht viele Teams, die besser sind als wir. Damit meine ich nicht nur die ersten Elf, auch Spieler die hinten dran stehen. Insgesamt ist das Niveau in der Truppe gestiegen.


bundesliga.de: Gibt es das berühmte Sieger-Gen beim FC Bayern wirklich und kann man das in andere Mannschaften mitnehmen?

Babbel: Ich habe 16 Jahre für die Bayern gespielt und da wird man geprägt. Als Zehnjähriger war ich beim FC Bayern in der Jugend und wenn dann Hallenturniere anstanden und im Halbfinale ging es gegen irgendwelche Mannschaften und die komplette Halle buht einen aus, dann entwickelt man schon eine gewisse Mentalität. Als Elfjähriger habe ich das nicht verstanden, warum jetzt gepfiffen wird, aber es ging nun mal gegen die Bayern und jeder wollte, dass die großen Bayern geschlagen werden. Als Profi geht das einem dann ähnlich. Der 2. Platz ist nicht gut genug, nur Titel und Erfolge zählen und dementsprechend muss man versuchen für sich selbst solch eine Mentalität zu erzeugen, dass man am Ende der Saison auch mit Titeln auftrumpfen kann.

bundesliga.de: Lassen Sie als ehemaliger Innenverteidiger Mario Gomez nicht an Ihnen vorbei und ziehen?

Babbel: Mario weiß, was er am VfB hat. Er ist in Stuttgart ein absoluter Führungsspieler und Publikumsliebling Mit Sicherheit kann er sich auch hier entwickeln. Er ist ein wichtiger Bestandteil der Mannschaft.

bundesliga.de: Einer Ihrer früheren Weggefährten beim FC Bayern ist Christian Nerlinger. Gab es mit ihm bereits Kontakt und wie beurteilen Sie seine Entwicklung beim FC Bayern?

Babbel: Mit Christian habe ich sehr viel Kontakt. Er ist einer der wenigen, die aus meiner Karriere als enge Freunde übrig geblieben sind. Seine Entwicklung freut mich und auf der Position des Team-Managers ist er bestens aufgehoben.

bundesliga.de: Ist Ihnen schon aufgefallen, dass Sie eine große Ähnlichkeit mit Barcelonas Cheftrainer Josep Guardiola haben?

Babbel: Meine Tochter hat das gesagt, als wir Champions League geschaut haben. Ich würde mich nicht dagegen wehren, wenn ich ähnlich erfolgreich wie er wäre.

bundesliga.de: In der nächsten Saison können Sie nicht mehr so viel Zeit mit der Mannschaft verbringen, weil dann Ihre Ausbildung zum Fußballlehrer ansteht. Gibt es denn schon Planungen, wie man das in Zukunft kompensieren könnte?

Babbel: Natürlich haben wir uns darüber bereits große Gedanken gemacht. Für die neue Saison bekomme ich einen zweiten Assistenztrainer an die Seite, um die kommenden Aufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen. Ich denke wir sind sehr gut aufgestellt. Im Team werden wir ebenfalls darauf eingehen und alles nochmals durchsprechen, dass wir diese Zeit schadensfrei überstehen.

bundesliga.de: Unter der Woche werden mit internationalen Spielen eine zusätzliche Aufgabe auf Sie zukommen. Müssen Sie dann aus der Ferne auf die Mannschaft einwirken?

Babbel: Es sind auch viele Praktikumswochen während dieser Zeiten und da hat sich der DFB zum Glück Gedanken gemacht, dass ich bei meinem Team sein kann.

bundesliga.de: Welche Rolle werden am Samstag die Nerven spielen?

Babbel: Mit Sicherheit spielen die Nerven eine wichtige Rolle. Ich hoffe, dass die Mannschaft verinnerlicht hat, dass wir hochkonzentriert sein müssen und uns keine Fehler erlauben dürfen. Die Bayern verfügen über viel Potenzial, um jeden kleinen Fehler auszunutzen. Wir dürfen nicht verkrampfen und müssen mit einem gewissen Schuss Lockerheit in die Partie gehen.

bundesliga.de: Bayern München muss gewinnen und Sie wollen gewinnen?

Babbel: Richtig!

bundesliga.de: Würden Sie den aktuellen Tabellenstand so unterschreiben wollen?

Babbel: Fakt ist, dass wir noch dieses eine Spiel zu absolvieren haben. Auch alle anderen müssen ihre Partien noch spielen und danach werden wir sehen, was dabei herauskommt. Das schöne am Fußball ist doch, dass man nie weiß was passiert. Die Spannung ist groß und wir wollen unseren Teil dazu beitragen, dass unsere Fans dementsprechend feiern können.

Das Gespräch führte Tim Tonner