Zwei Erfolgsgaranten der Hertha: Kapitän Arne Friedrich (l.) und Neuzugang Cicero
Zwei Erfolgsgaranten der Hertha: Kapitän Arne Friedrich (l.) und Neuzugang Cicero

"Die Mannschaft hat eine Seele"

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In den vergangenen Wochen wurde viel über 1899 Hoffenheim und Bayern München geredet und geschrieben. Doch neben dem spannenden Duell an der Tabellenspitze der Bundesliga sorgte vor allem eine "Alte Dame" für Furore: Hertha BSC.

Heimlich, still und leise hat sich der Hauptstadtclub in der Spitzengruppe etabliert, geht als Tabellen-Dritter in die Winterpause und hat mal eben so einen neuen Vereinsrekord aufgestellt! Die Hertha bestritt die beste Bundesliga-Hinrunde der Clubgeschichte - zehn Siege und 33 Punkte stehen auf der Habenseite!

Bestmarke aus der Saison 1974/75 übertroffen

Damit knackten die Berliner die Bestmarke aus der Saison 1974/75 umgerechnet auf die Drei-Punkte-Regelung um einen Zähler.

Krönender Abschluss war der 4:0-Sieg am vergangenen Samstag gegen den Karlsruher SC. Es war der höchste Bundesliga-Sieg der Berliner seit Ende April 2007 (damals 4:0 in Aachen) - in der Zwischenzeit hatten die Herthaner nie mehr als drei Tore in einem Spiel geschossen.

Favres Philosophie setzt sich durch

Doch wo liegen die Gründe für den Höhenflug der "Alten Dame"? Einer ist mit Sicherheit der Trainer. Die Handschrift von Lucien Favre, der seit der Saison 2007/08 das Zepter bei der Hertha schwingt, ist deutlich zu erkennen.

Das bestätigen auch die Spieler. "Es hat ein wenig gedauert, bis jeder im Team verstanden hat, welche Philosophie Lucien Favre verfolgt. Aber in den letzten Wochen hat man gesehen, welchen Fußball sich der Trainer vorstellt", so Verteidiger Josip Simunic.

Lob vom Kapitän

Auch Kapitän Arne Friedrich findet lobende Worte für seinen Chef. "Viele Spieler von uns sind individuell besser geworden, was der Mannschaft natürlich nützt".

Auch Friedrich selbst profitiert davon. Der deutsche Nationalspieler ist aktuell der zweitbeste Zweikämpfer der Bundesliga: 72,7 Prozent seiner Duelle am Ball konnte er gewinnen - nur Bayerns Lucio war noch besser.

Gutes Gespür für Neuzugänge

Zudem bewies Favre in der Hinrunde ein "goldenes" Händchen: Acht der 27 Tore wurden von Einwechselspielern erzielt - das bedeutet Ligahöchstwert! Die letzten drei Treffer gegen den KSC gingen allesamt auf das Konto von Jokern.

Auch die Personalpolitik der Berliner Clubverantwortlichen hat voll eingeschlagen. Bereits zehn Tore wurden von Neuzugängen erzielt.

Bestes Beispiel: der Brasilianer Cicero. Der Mittelfeldspieler wurde im Sommer zunächst für zwei Jahre von Fluminense Rio de Janeiro ausgeliehen und fühlte sich - für einen Kicker vom Zuckerhut nicht selbstverständlich - von Beginn an pudelwohl in der Hauptstadt. Der 1,80 Meter große Cicero erzielte fünf Bundesligatore und avancierte schon nach kurzer Zeit zum Team-Leader.

Es geht auch ohne Pantelic

Zudem ist auffällig, dass das Team nicht mehr von der Leistung von Marko Pantelic abhängig ist. Der Serbe traf bisher "nur" vier Mal - 22 der 23 anderen Saisontore wurden von Spielern erzielt, die in der Ära Favre verpflichtet wurden. Die Hertha hat sich endgültig von Pantelic emanzipiert.

Doch was sagt der Vater des Erfolges selbst zum Aufschwung in Berlin? "Wir sind eine Einheit. Wir haben eine Mannschaft, die läuft und kämpft - sie hat eine Seele", schwärmt Favre gegenüber bundesliga.de von seiner Mannschaft.

"Als Trainer muss ich bremsen und realistisch bleiben"

Einige Berliner Fans träumen aufgrund der historischen Hinrunde bereits von der Deutschen Meisterschaft. "Wenn die Fans euphorisch sind, ist das immer gut. Aber ich als Trainer muss immer bremsen und realistisch bleiben", freut sich der 51-jährige Schweizer im bundesliga.de-Interview über die gute Stimmung bei der Anhängerschaft, bremst allerdings gleichzeitig die Euphorie.

Einen Ausblick auf die Rückrunde gibt Favre auch noch: "Meine Mannschaft muss am Limit spielen, um dort oben zu bleiben. Wenn wir komplett sind, dann sind wir besser als im Vorjahr. Unsere Mischung stimmt."

Spielt Hertha BSC tatsächlich am Limit, so könnten die Berliner am Saisonende die Schlagzeilen der Bundesliga bestimmen - dann aber mit Pauken und Trompeten.

Sven Becker