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Ex-Profi Armin Kraaz (r., im Austausch mit Eintracht-Manager Bruno Hübner) leitet seit 18 Jahren den Nachwuchsbereich von Eintracht Frankfurt
Ex-Profi Armin Kraaz (r., im Austausch mit Eintracht-Manager Bruno Hübner) leitet seit 18 Jahren den Nachwuchsbereich von Eintracht Frankfurt

"Die Leistung zählt, nicht die Herkunft"

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Frankfurt - Multikulturell, regional und sehr effektiv. Das Nachwuchsleistungszentrum von Eintracht Frankfurt hat schon vielen jungen Talenten wie Emre Can, Sebastian Jung oder Nicolai Müller den Sprung in die Bundesliga ermöglicht.

Armin Kraaz, ehemaliger Profi der Eintracht, ist seit 18 Jahren dabei und leitet den ausgezeichneten Nachwuchsbereich am Riederwald. Im Interview mit bundesliga.de erzählt er von den Entwicklungen in Frankfurt und der verbindenden Wirkung des Fußballs.

bundesliga.de: Herr Kraaz, seit drei Jahren steht das neue Vereinsgebäude mit Nachwuchsleistungszentrum am Riederwald. Was hat der Neubau bedeutet?

Armin Kraaz: Es ist für uns ein Quantensprung in allen Bereichen. Mit diesem Neubau haben wir 2010 endlich zu den anderen Bundesligisten aufgeschlossen. Wir haben mit drei Sternen wiederholt die höchste Bewertung für Leistungszentren von der DFL und dem DFB erhalten. Wir stehen jetzt auf Augenhöhe mit anderen Vereinen und in manchen Bereichen sogar etwas darüber.

bundesliga.de: Das wird zum Beispiel mit der hervorgehobenen Auszeichnung des Leistungszentrums für "exzellente Effektivität" deutlich. Was bedeutet das genau?

Kraaz: Das ist eines der Kriterien bei der Bewertung der Nachwuchszentren. In dieser Kategorie wird unsere besondere Leistung gewürdigt, außergewöhnlich viele Nachwuchsspieler in den Profi-Bereich geführt zu haben. Da waren wir in den letzten Jahren sehr erfolgreich. Wir haben bei uns Sebastian Jung, Emre Can, Jan Kirchhoff, Nicolai Müller oder Timothy Chandler ausgebildet, die alle Karriere machen.

bundesliga.de: Was fühlen Sie, wenn einer Ihrer Jungs bei einem anderen Verein den Durchbruch schafft und sogar zum Nationalspieler wird, wie Nicolai Müller bei Mainz 05?

Kraaz: Da freuen sich hier alle mit. Es spricht doch auch für unsere Leistung, wenn sie woanders den letzten Schritt machen und sich durchsetzen. Um den Traum Profi-Fußballer zu verwirklichen muss so viel passen und es spielen so viele Faktoren eine Rolle, dass es manchmal bei einem anderen Verein besser klappt als bei uns. Obwohl wir uns das natürlich wünschen und es für uns das Schönste ist, wenn sie für die Eintracht in der Bundesliga spielen.

bundesliga.de: Wonach suchen Sie die Jugendlichen aus?

Kraaz: Für uns zählen rein sportliche Kriterien. Das heißt, wie gut ist der Junge auf dem Platz? Alles Weitere ergibt sich aus den Gesprächen mit dem Spieler und seinen Eltern. In erster Linie schauen wir, welche Jungs aus der Region für uns in Frage kommen und versuchen sie an uns zu binden. In unserer Umgebung sind wir die Nummer eins für die Jugendlichen und genießen deswegen ein besonderes Vertrauen bei den Eltern. Außerdem ist die Identifikation der Spieler aus der Region mit Eintracht Frankfurt noch sehr hoch.

bundesliga.de: Was können sie den Jugendlichen neben der modernen Ausstattung noch so bieten?

Kraaz: Eine familiäre Atmosphäre. Wir haben zwar nur acht Plätze in unserem Internat, aber das hat auch Vorteile. Wir können uns viel besser um jeden Jugendlichen hier kümmern. Das merken die auch. Wir sind für sie auch neben dem Platz da und bieten zum Beispiel eine sozialpädagogische Sprechstunde, in der alle Probleme mit einer Vertrauensperson besprochen werden können.

bundesliga.de: Gibt es bei Ihnen auch besondere sportliche Erfahrungen, die die Jugendlichen machen können?

Kraaz: In letzter Zeit sind wir verstärkt bei internationalen Turnieren unterwegs, das schafft besondere Momente und hilft bei der Entwicklung. Unsere U23 war zum Beispiel vor kurzem in Indonesien und hat dort vor 25.000 Zuschauern gespielt. Das war ein großartiger Moment für unsere Jungs. So etwas sind die nicht gewohnt. Zusätzlich haben wir dort in Kooperation mit der Deutschen Schule in sozialen Brennpunkten Trainingseinheiten gegeben, um den Leuten vor Ort etwas zurückzugeben.

bundesliga.de: Die Spieler und Trainer hier haben ganz unterschiedliche Herkunft. Die Jugendlichen bei Ihnen kommen aus den unterschiedlichsten Kulturen. Ergibt das im Alltag auch mal Probleme?

Kraaz: Der Fußball ist ein Spiegel der Gesellschaft. Das macht sich auch bei unseren Mitarbeitern und den Mannschaften bemerkbar. Es ist ganz normal, dass wir in einer multikulturellen Stadt wie Frankfurt auch Jungs ganz unterschiedlicher Herkunft haben. Rassismus ist bei uns aber gar kein Thema. Auch keine andere Art der Ausgrenzung. Hier spielt der Sohn eines Hartz-IV-Empfängers neben dem eines Bankers, aber das ist auf dem Rasen egal.

bundesliga.de: Woran liegt das ihrer Meinung nach?

Kraaz: Es zählt die Leistung auf dem Platz und nicht die Herkunft - kulturell oder sozial. Der Fußball ist da ein enorm verbindendes Element. Es spielt keine Rolle, welche Hautfarbe oder welchen Nachnamen jemand hat. Das ist unerheblich. Es zählt die Gemeinschaft der Mannschaft.

bundesliga.de: Eintracht Frankfurt hat die unterschiedlichsten Kooperationen in der Stadt. Wie wichtig ist das für Sie?

Kraaz: Das soziale Engagement ist für uns von großer Bedeutung. Wir fühlen uns als ein Teil der Gesellschaft und wollen unserer Verantwortung gerecht werden. Dafür stehen unsere unterschiedlichen Kooperationen mit Schulen, Vereinen und bei dem Projekt "Fußball trifft Kultur". Wir haben dabei den Anspruch verbindlich und verlässlich zu sein und das schätzen unsere Partner auch an uns.

bundesliga.de: Zum Abschluss: Was sind Ihre Wünsche für die zukünftige Entwicklung?

Kraaz: Wir wollen auch weiterhin integrativ wirken und noch vielen Jugendlichen den Spaß am Fußball vermitteln und wenn möglich den Traum vom Profi ermöglichen. Im besten Fall im Kader von Eintracht Frankfurt.

Das Gespräch führte Alexander Dionisius