Arie van Lent (r. mit Werder-Trainer Thomas Schaaf) trainierte in der vergangenen Saison Rot Weiss Ahlen. Seit diesem Sommer coacht er Kickers Offenbach
Arie van Lent (r. mit Werder-Trainer Thomas Schaaf) trainierte in der vergangenen Saison Rot Weiss Ahlen. Seit diesem Sommer coacht er Kickers Offenbach

"Die Erinnerung ist immer noch frisch"

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München - 2001 schlug Borussia Mönchengladbach am 1. Spieltag den FC Bayern München. Arie van Lent war damals der Torschütze.

Im Interview mit bundesliga.de spricht er über den sensationellen Erfolg vor zehn Jahren, seine neue Aufgabe als Trainer von Kickers Offenbach und die kommende Bundesliga-Saison.

bundesliga.de: Herr van Lent. Seit Anfang dieser Saison sind Sie Trainer bei Kickers Offenbach. Wie fällt ihr erstes Fazit aus?

van Lent: Sehr positiv. Ich habe mich von Anfang an wohl gefühlt und bin sehr gut im Verein aufgenommen worden.

bundesliga.de: Welche Zielsetzung verfolgen Sie in der 3. Liga?

van Lent: Wir befinden uns in Offenbach im Umbruch. Deshalb haben wir auch kein konkretes Saisonziel vorgegeben, sondern möchten nach einer turbulenten letzten Saison etwas durchatmen und den Verein in ruhige Gewässer führen. Wir denken von Spiel zu Spiel, wie es immer so schön heißt.

bundesliga.de: Am Wochenende startet die Bundesliga in ihre 49. Saison. Was glauben Sie: Wer wird deutscher Meister?

van Lent: Es ist doch wie jedes Jahr und alle tippen auf die Bayern. Sicher haben die Münchener auch gute Chancen auf den Titel, aber ich denke, dass auch die Dortmunder wieder oben mitmischen werden. Wenn der BVB konstant seine Leistungen bringt, ist er nur schwer zu schlagen. Auch Bayer Leverkusen kann sicher von der Qualität her Meister werden. Einer dieser drei Vereine wird sich am Saisonende durchsetzen.

bundesliga.de: Was trauen Sie ihrem ehemaligen Verein Borussia Mönchengladbach in dieser Saison zu?

van Lent: Die Borussia hat in der letzten Saison unter Lucien Favre einen tollen Endspurt hingelegt. Ich wünsche Mönchengladbach, dass sie in dieser Saison nichts mit dem Abstieg zu tun haben und sich im Mittelfeld der Tabelle etablieren können.

bundesliga.de: Für Mönchengladbach geht es am ersten Spieltag direkt zu den Bayern nach München…

van Lent: Das ist doch das einfachste Spiel überhaupt. Die Borussia hat nichts zu verlieren und kann nur gewinnen. Keine der beiden Mannschaften weiß so richtig, wo sie steht. Ich denke, Gladbach kann in München eine Überraschung schaffen.

bundesliga.de: Sie wissen ja, wie man die Bayern am ersten Spieltag schlagen kann.

van Lent: Das stimmt. Auch wenn meine aktive Karriere schon ein paar Jahre zurück liegt und man einiges vergisst: Die Erinnerung an unser Spiel gegen die Bayern im Sommer 2001 bleibt immer frisch. Wir waren mit Mönchengladbach in die Bundesliga aufgestiegen - die Bayern hatten die Champions League gewonnen. Als der Spielplan herauskam, gab das der ganzen Mannschaft in der Vorbereitung nochmal einen Schub. Am ersten Spieltag zuhause gegen den Meister und Champions-League-Sieger wollte natürlich jeder dabei sein. Das war damals wirklich David gegen Goliath. Dieses Spiel zu gewinnen und sogar das entscheidende Tor zu erzielen, war einer der größten Momente meiner Karriere.

bundesliga.de: Sie gewannen mit 1:0. Wie wichtig ist so ein guter Auftakt in eine Saison?

van Lent: Gerade ein Aufsteiger kann dadurch die Euphorie aus der 2. Bundesliga konservieren. Diese Freude auf die Bundesliga kann noch einmal ein paar Prozentpunkte Leistung ausmachen. Generell sind Aufsteiger am Saisonstart schwieriger zu spielen und für den Gegner gefährlicher. Für uns war der Sieg gegen die Bayern damals eine Riesensache. Prinzipiell ist ein Erfolg natürlich immer gut für das Selbstbewusstsein.

bundesliga.de: Wissen Sie eigentlich, wie häufig Sie in ihrer Karriere am ersten Spieltag getroffen haben?

van Lent: Nein. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Wie oft?

bundesliga.de: Das Siegtor gegen die Bayern war ihr einziger Treffer an einem ersten Spieltag.

van Lent (lacht): Ich bin halt immer erst etwas später durchgestartet.

bundesliga.de: Ihr erstes Saisonspiel ging in Heidenheim mit 1:2 verloren. Haben Sie eine gewisse Genugtuung verspürt, als die Heidenheimer Werder Bremen am Samstag aus dem Pokal geworfen haben?

van Lent: Keine Genugtuung, aber es zeigt, wie stark diese Mannschaft ist. Ich bin mir sicher, dass sie eine gute Rolle in der 3. Liga spielen werden. Wir haben es aber über weite Strecken gut gemacht und - wie die Bremer - auch 1:0 geführt. Am Ende haben wir unglücklich verloren.

bundesliga.de: Sie haben ihre Karriere einst bei Werder begonnen. Einer ihrer damaligen Mitspieler war Thomas Schaaf, dem der Wind nach dieser Niederlage stärker ins Gesicht bläst. Glauben Sie, er bekommt mit Bremen die Kurve?

van Lent: Davon bin ich überzeugt. Dass es unruhig wird, wenn ein Verein von der Klasse Bremens in der ersten Runde ausscheidet, ist normal. Aber Thomas Schaaf und Klaus Allofs haben den Verein nach oben gebracht. Das werden sie jetzt auch wieder schaffen. Das letzte Jahr war schwierig, aber da muss der Verein jetzt durch. Denken Sie nur an Dortmund in der letzten Saison: Die sind Meister geworden, aber im Pokal in Offenbach ausgeschieden. Auch für Bayer Leverkusen ist nach dem Aus in Dresden die Saison nicht vorbei.

bundesliga.de: Wer könnte ihrer Meinung nach das Überraschungsteam der Saison werden?

van Lent: Auch wenn ich vielleicht der einzige bin, denke ich, dass Hertha BSC in der Lage ist, eine gute Runde zu spielen. Sie haben ein überragendes Jahr in der 2. Bundesliga gespielt und sich darüber hinaus sinnvoll verstärkt.

Das Gespräch führte Florian Reinecke

Hier geht es zum ausführlichen Bericht über das größte Spiel von Arie van Lent.