In der Ruhe liegt die Kraft - nur leider nicht in ruhenden Bällen: Bastian Schweinsteiger agierte bislang glücklos
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Die Crux mit den Standards

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Gdansk - Ecke, Kopfball, Tor Traianos Dellas. Ecke, Kopfball, Tor Angelos Charisteas. Zwei Standardsituationen im Halbfinale und im Endspiel der EM 2004 führten zu einer der größten Sensationen in der Fußball-Geschichte - Griechenland wurde Europameister.

Neuer warnt vor griechischen Standards

Auch der FC Chelsea machte vor vier Wochen im Endspiel der Champions League gegen Bayern München eindrucksvoll vor, wie wichtig Standards im modernen Fußball sein können. Dagegen legt Joachim Löw auch weiter keinen gesteigerten Wert darauf, Eckbälle, Freistöße oder gar Elfmeter trainieren zu lassen.



Der Bundestrainer scheint vor dem Viertelfinale am Freitag (ab 20:30 Uhr im Live-Ticker) in Danzig gegen Griechenland aber immerhin gewarnt zu sein. Zwar haben die Griechen bei der EM 2012 noch kein Tor nach einem "ruhenden Ball" erzielt, dennoch "wirken die Standards gut einstudiert, da müssen wir aufpassen", sagte Torwart Manuel Neuer.

Nicht aufgepasst hatte das DFB-Team beim 2:1 gegen Dänemark im abschließenden Gruppenspiel. Das Gegentor resultierte aus einem Eckball.

Die Standardsituationen des Gegners allerdings haben Löw und sein Stab analysiert und daraus eine Art Verhaltenskodex entwickelt. "Jeder Spieler von uns muss wissen, wo er zu stehen hat bei Ecken und Freistößen. Es darf keine Unordnung geben, das muss sitzen", sagte Löw, nachdem gegen die Dänen die Zuordnung im Raum, die das DFB-Team seit Beginn der Ära Jürgen Klinsmann/Löw praktiziert, nicht nur beim Tor durch Michael-Krohn-Dehli nicht gepasst hatte.

Flick ist anderer Meinung als Löw



Ansonsten stehen Standards bei Löw nicht "auf der ersten Seite meiner Liste, aber auch nicht ganz hinten". Standard im Training sind sie bei ihm aber nicht, weshalb es schon zu mal Meinungsverschiedenheiten mit Assistent Hansi Flick kommen kann.

"Bei einer Europameisterschaft agieren viele Mannschaften auf dem gleichen Niveau. Da ist es wichtig, dass du alle Facetten des Fußballspiels beherrschst", sagte Flick kürzlich und ergänzte: "Unser Manko ist, dass wir bei Standards nicht so effektiv sind." Bei den drei Gruppenspielen verpufften Ecken und Freistöße der DFB-Auswahl wirkungslos.

Deshalb sei er "mit Jogi nicht immer einer Meinung", fügte Flick an: "Ich denke, wir müssen sie mehr trainieren, müssten mehr Dynamik reinbekommen. Jogi sieht das Ganze und hat andere Schwerpunkte. Aber Standards können effektiv sein, das haben wir schmerzlich gesehen im WM-Halbfinale gegen Spanien." Damals war Carles Puyol nach Ecke von Andres Iniesta der Nutznießer.

DFB hat gute Erfahrungen mit Standards



Doch auch die DFB-Auswahl profitierte durchaus schon von Standards, nicht nur bei der WM 1990, als Andreas Brehme Deutschland per Elfmeter zum Titel schoss. Bei der EM 2008 öffnete Michael Ballack die Tür zum Viertelfinale per Freistoß gegen Österreich. In den internationalen Top-Ligen und -Wettbewerben fallen immerhin rund ein Drittel aller Tore nach Standards.

Für Löw zählen seit 2008 aber vor allem die Ergebnisse der UEFA-Analyse, wonach bei der EM in der Schweiz und Österreich gerade mal fünf Tore nach Ecken und ein Treffer per direkt verwandeltem Freistoß erzielt wurden. "Die meisten Treffer fallen aus dem Spiel heraus, gerade bei der Nationalmannschaft", betont er deshalb immer. Dass sein Team hinsichtlich des Abschlusses nach Freistößen oder Eckbällen weit unter dem Durchschnitt liegt, interessiert ihn deshalb nur am Rande.

Löw legt Wert auf andere Dinge



Deshalb legt Löw im Training auch verstärkt Wert auf Technik und Taktik, weniger auf Standards. Er habe in Bastian Schweinsteiger, Mesut Özil oder auch Lukas Podolski Spieler, die Standards gut ausführen könnten, auch ohne vorher speziell üben zu müssen.

Bei den Griechen gehören Standards dagegen durchaus zum Repertoire. Traianos Dellas und Angelos Charisteas, die Helden von 2004, lassen grüßen.