Neue Herausforderung: Tranquillo Barnetta versucht sein Glück künftig in Gelsenkirchen
Neue Herausforderung: Tranquillo Barnetta versucht sein Glück künftig in Gelsenkirchen

Der stille "Leitwolf"

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München - Heimlich, still und leise hat sich einer aus Leverkusen verabschiedet, der eigentlich ein größeres Brimborium verdient gehabt hätte. Sieben Jahre lang hielt er die Knochen für den Werksclub hin, spielte zuverlässig seinen Part und war nicht selten Herz und Seele der Bayer-Elf. Der Mann heißt Tranquillo mit Vornamen, was "ruhig" auf italienisch heißt und durchaus seinem Charakter entspricht. Insofern dürfte Tranquillo Barnetta froh gewesen sein, dass nur wenig Aufhebens um seinen Wechsel gemacht wurde.

Ernüchterndes Jahr mit Leverkusen

Ein "Schritt vorwärts" sei der Wechsel zu Schalke 04 für ihn persönlich, das ließ der 27-Jährige auf seiner Homepage verlauten. Die Fan-Kultur und die Clubgeschichte seien Faktoren für seinen Wechsel gewesen. Und natürlich: die sportliche Perspektive. Schalke spielt kommende Saison in der Champions League.



Es lockt die große Bühne nach einem ernüchternden Jahr. Die abgelaufene Saison war weder für Bayer 04 noch für Barnetta ein glückliches. Nachdem Barnetta Anfang 2011 nach einem Innenmeniskusriss im rechten Knie operiert worden war, musste er kurz vor dem Saisonstart im Sommer erneut unters Messer. Wieder schmerzte das rechte Knie.

Erst im März 2012 kehrte er in den Profi-Kader zurück, gab auf Schalke am 27. Spieltag sein Saisondebüt. Sieben Saisonspiele standen unter dem Strich, immerhin zwei Tore bereitete er dabei vor. Für seinen Club war die Saison zu diesem Zeitpunkt bereits gelaufen, elf Punkte Rückstand wies Bayer auf Platz 3 auf. Barnettas Vorlagen, seine Ideen, seine Leidenschaft - das alles hätte eine Bayer-Elf gut gebrauchen können, die monatelang nach Stabilität suchte. Darauf darf sich nun Schalke 04 freuen. Trotz Angeboten aus Italien und England gab Barnetta den "Knappen" den Vorzug.

Nach dem Wechsel zu Bayer im Jahr 2004 ist es erst der zweite große Einschnitt in seiner Karriere, die einst beim FC St. Gallen hoffnungsvoll begonnen hatte. Das ist bemerkenswert, schließlich standen bereits in Jugendjahren die internationalen Späher Schlange. Bei der U17-Europameisterschaft 2002 war Barnetta einer der Fixpunkte der Schweizer Mannschaft, die sensationell in Dänemark den Titel feierte.

Frei: "Da leckt man sich sämtliche zehn Finger"



Als Führungsfigur spielte er sich damals in die Notizblöcke der Scouts. "Er war schon in jungen Jahren immer positiv, spielte verschiedene Positionen ohne sich zu beschweren", sagt Markus Frei, der damalige Trainer der Schweizer U 17, im Gespräch mit bundesliga.de: "Er ist einer von den Typen, die man sich als Trainer wünscht. Da leckt man sich sämtliche zehn Finger, wenn man so einen hat."

Barnettas Anpassungsfähigkeit an verschiedene Positionen, seine Lernfähigkeit, seine Energie - das zeichne ihn laut Frei aus. Seine Flexibilität ist auch einer der Gründe, warum ihn Schalke-Manager Horst Heldt unbedingt verpflichten wollte. "Er verfügt über enorme Qualitäten und ist vielseitig einsetzbar", sagt Heldt. In Leverkusen wirbelte Barnetta meist auf dem linken Flügel, er kann aber auch als Außenverteidiger, auf der rechten Seite oder im defensiven Mittelfeld spielen.

Barnettas Jugendtrainer Frei schätzte neben seinen Allrounder-Qualitäten vor allem die Geradlinigkeit des Mittelfeldspielers: "Bereits als junger Spieler hat er sich getraut zu sagen, was ihm nicht passt - aber immer im Sinne der Mannschaft."

Teamplayer statt Stinkstiefel



In seiner Zeit unterm Bayer-Kreuz hat er das beibehalten, Missstände lieber intern angesprochen anstatt über die Medien. Barnetta war als Teamplayer geschätzt - egal welcher Trainer an der Seitenlinie stand.

Nach sieben Spielen als Leihspieler für Hannover lief er ab 2005 in 187 Bundesligapartien und unter fünf verschiedenen Trainern für Leverkusen auf. "Da fällt so ein Abschied nie leicht", sagt er auf seiner Homepage, doch für ihn sei es nun an der Zeit, weiterzuziehen.

Sein ehemaliger Nati-Trainer Markus Frei ist sich jedenfalls sicher: "Schalke wird viel Freude an ihm haben."

Von Andreas Messmer